Guten Appetit! Foto: Melanie Geitlinger

Der Mensch neigt dazu, Vorwürfe zu machen – vornehmlich sich selbst. Eine Hose bei Zalando bestellt, statt im örtlichen Modegeschäft gekauft? Den neuen Film nicht im Kinosessel geschaut, sondern bei Sky ausgeliehen? Das schlechte Gewissen plagt zwar, wird aber meist zuverlässig von einer anderen angeborenen Eigenschaft übertönt: der Bequemlichkeit. Und klick, schon folgt der nächste Online-Kauf.

Die Folgen dieses Kreislaufs sind auch in Lahr nicht zu übersehen. Die Innenstadt gleicht dem Gebiss eines Siebenjährigen. Die Lücken nehmen zu, im Unterschied zum Kinder-Kiefer kommt aber selten etwas nach. Menzer, Seidel, Saettele und Orsay sind nur einige Namen auf einer Liste, die Synonym ist für einen höchstwahrscheinlich irreversiblen Rückgang.   

Die Gründe, warum der Online-Handel dem stationären den Rang abgelaufen hat, sind vielfältig. Er verfügt über eine schier unendliche Auswahl, ist immer erreichbar und nimmt alles, was nicht passt oder gefällt, kostenlos zurück. Die Belastung für die Umwelt durch die zahllos generierten Lkw-Fahrten? Ein Kollateralschaden, den wir scheinbar hinnehmen.

Doch es kommt noch schlimmer für die inhabergeführten Geschäfte, wenn es nun offenbar auch jene mit hoher Kundenfrequenz und guten Umsätzen trifft. Zahlreiche Lahrer Betriebe haben wegen Personalmangels ihre Öffnungszeiten eingeschränkt. Die Metzgerei Winterhalter ging noch weiter, schloss diese Woche vielbeachtet und mutmaßlich für immer ihre Filialtüren.

Die Hoffnung, dass wir am Ende doch noch ernsthaft nach einem Weg aus der Einzelhandelskrise suchen, ist der wohl stärkste menschliche Antrieb: der Eigennutz. Klamotten, Handys und Bücher im Internet zu bestellen, ist das eine. Doch beim Gedanken daran, dass wir uns Fleisch und Wurst künftig auch von Amazon liefern lassen, wird mir speiübel.