Eine Runde „Mensch ärgere dich nicht“ im Karl-Wacker-Heim in Stuttgart: Dass die Pflegekräfte Zeit für sie haben, ist den Heimbewohnern wichtig. Foto: dpa

Pflegeheime sind besser als ihr Ruf. Die Kosten für einen Heimplatz werden aber künftig noch weiter steigen.

Stuttgart - Seit einem knappen Jahr lebt Elfriede Binder im Karl-Wacker-Heim der Evangelischen Heimstiftung im Stuttgarter Stadtteil Botnang. Nach einem Wirbelbruch durch einen Sturz hat sich die 87-Jährige während ihres Klinikaufenthalts entschlossen, aus ihrer Botnanger Wohnung im dritten Stock ins Pflegeheim in der Vaihinger Landstraße zu ziehen.

Bisher habe sie diesen Schritt noch nie bereut. „Ich hab’ ein 16 Quadratmeter großes Einzelzimmer, in dem mein Sessel und mein Regal Platz haben. Das ist doch prima, und einige Leute, die ich von früher kenne, sind auch hier“, meint sie. Nur das Essen, das schmeckt ihr nicht jeden Tag. „Dann wird’s halt trotzdem gegessen oder aber stehen gelassen“.

Wichtiger als das Essen ist der 87-Jährigen, dass die Mitarbeiter freundlich sind und sie nicht bevormunden. Entsprechend gut ist das Zeugnis, das Elfriede Binder und weitere 56 von insgesamt 127 Bewohnern des Karl-Wacker-Heims dem Haus ausstellen. Die Umfrage wird alle zwei Jahre in den Einrichtungen der Evangelischen Heimstiftung zur Qualitätsverbesserung gemacht.

Nur beim Essen gibt’s Abzug

Auf der Notenskala von eins bis fünf hat es das Karl-Wacker-Heim in der Benotung der Bewohner auf 1,7 gebracht. Von den Angehörigen, die ebenfalls befragt wurden, gab es eine 1,9. Das entspricht in etwa dem Durchschnittswert aller 78 Einrichtungen der Evangelischen Heimstiftung und bedeutet, dass sowohl im Karl-Wacker-Heim wie in den anderen Einrichtungen der Stiftung 93 Prozent der Bewohner und 88 Prozent der Angehörigen „sehr zu frieden“ und „zufrieden“ sind. Nur bei der Note fürs Essen erreichte das Karl-Wacker-Heim eine 2,2, während es alle Heime zusammen auf eine Durchschnittsnote von Zwei bringen.

„Wir konnten in den vergangenen Jahren die Qualität kontinuierlich steigern“, stellt der Hauptgeschäftsführer der Evangelischen Heimstiftung, Bernhard Schneider, zufrieden fest. Dass trotzdem mehr als 90 Prozent der über 70-Jährigen die Vorstellung von einem Leben im Pflegeheim ablehnen, führt er auf deren Angst davor zurück, sich nicht mehr selbst versorgen zu können.

Bei Umbau steigen die Kosten für die Bewohner

Sorge macht Schneider die Kostenentwicklung in den Pflegeheimen. Derzeit kostet ein Heimaufenthalt bei der mittleren Pflegestufe zwei laut Schneider rund 3000 Euro im Monat. In den Häusern der Evangelischen Heimstiftung leben derzeit rund 80 Prozent Selbstzahler, 20 Prozent der Bewohner sind Sozialhilfeempfänger.

Weil viele Heime mehr Einzelzimmer anbieten müssen, sind Investitionen für Umbaumaßnahmen notwendig, die auf die Heimbewohner umgelegt werden müssen. Land und Kommunen haben laut Schneider die Förderung der Investitionskosten nach einer Kürzung von 60 auf 45 Prozent 2010 ganz eingestellt. „Statt mit 12 werden die Bewohner dadurch mit 22 Euro Investitionskosten pro Tag belastet“, sagt er.

Heimaufenthalt wird zum Luxus

Renate Krausnick-Horst sind die Klagen über zu hohe Preise bekannt. Die 81-Jährige ist Vorsitzende des Stadtseniorenrats Stuttgart, der seit zehn Jahren eine Beschwerdestelle betreibt. Dort geht vor allem Kritik wegen zu hoher Kosten ein. „Aufgrund der hohen Selbstbeteiligung wird der Heimaufenthalt zum Luxus. Die Mehrkosten können die Angehörigen kaum aufbringen“, sagt Krausnick-Horst und weist darauf hin,dass in den Heimen die Tendenz besteht, die Bewohner in höhere Pflegestufen als nötig eingruppieren zu lassen. „Dadurch nehmen sie mehr Geld ein.“

Was die Ausstattung der Heime und den Umgang vor allem mit dementen Bewohnern angehe, habe sich jedoch vieles verbessert. Wie die Heimstiftung sieht auch Krausnick-Horst die Zukunft der Pflege in einer Kombination von betreutem Wohnen und anschließendem Heimaufenthalt. Einigkeit besteht auch darin, dass mehr Pflegekräfte gebraucht werden.