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Unangemeldet besuchen die Teams des Medizinischen Dienstes der Kassen alle Pflegeheime in Deutschland. Die Benotung ist öffentlich und im Internet einsehbar.

Berlin - Seit Sommer wird geprüft. Unangemeldet besuchen die Teams des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) die rund 10.400 Pflegeheime in Deutschland. Bis zu zwei Tage bleiben die Kontrolleure in den Einrichtungen und arbeiten einen Katalog von über 80 Einzelfragen ab, unterhalten sich auch mit Heimbewohnern und verdichten schließlich alles zu vier Einzelnoten für die Bereiche "Pflege und medizinische Versorgung", "Umgang mit Demenzkranken", "soziale Betreuung und Alltagsgestaltung" sowie "Wohnen, Verpflegung, Hauswirtschaft und Hygiene". Daraus entsteht dann eine Gesamtnote - wie in der Schule von "sehr gut" bis "mangelhaft". Nur ein Ungenügend gibt es nicht.

Die Benotung ist öffentlich und nach und nach im Internet einsehbar. Bislang sind nach Auskunft der AOK 2625 Heime besucht worden. Im Internet sind allerdings erst rund 70 Bewertungen verfügbar. Wer schon jetzt nachschauen möchte, kann zum Beispiel die Website http://www.pflegenoten.de ansteuern. Wer seine Postleitzahl oder den Ort eingibt und zusätzlich anklickt, dass er gezielt nach Heimen sucht, die einen Transparenzbericht vorlegen können - das ist das Zeugnis der Prüfer -, der bekommt alle entsprechenden Heime in der näheren Umgebung ausgewiesen. Jedenfalls dann, wenn alle Prüfergebnisse eingespeist sind. Das allerdings wird noch bis Ende 2010 dauern.

Der Gesetzgeber erhofft sich durch das System mehr Wettbewerb um die beste Pflege und bessere Informationen für die nach einem Pflegeplatz für sich oder ihre Angehörigen Suchenden. Doch deuten die bisherigen Ergebnisse nicht unbedingt auf eine sehr hohe Aussagekraft hin. Erstaunlicherweise gibt es fast durchweg sehr gute Beurteilungen. Von den ersten 700 geprüften Einrichtungen bekamen nur 73 ein Ausreichend, gar nur zwölf ein Mangelhaft. Zwei Drittel aber schneiden gut oder sehr gut ab.

Wegen Bedenken der rheinland-pfälzischen Sozialministerin Malu Dreyer (SPD) werden die Berichte in dem Bundesland zunächst nicht veröffentlicht. Der Medizinische Dienst der Kassen in Rheinland-Pfalz stellte fest, dass von 48 überprüften ambulanten Pflegediensten im Bundesland die Mehrheit die Note "mangelhaft" für pflegerische Leistungen erhalten habe. Die Ministerin kritisierte deshalb, dass viele ambulante Pflegedienste wohl schlechter abschnitten als verdient. Dreyer schrieb: "Der Grundsatz ambulant vor stationär würde gegebenenfalls ins Gegenteil verkehrt."

In Baden-Württemberg werden vom MDK monatlich zwischen 60 und 70 Heime überprüft. Die insgesamt guten Ergebnisse haben sich auch für Baden-Württemberg ergeben, bestätigt Matthias Mohrmann, der leitende Arzt des MDK Baden-Württemberg. "Es gibt im Land eine gute Qualität der Pflege."

Die guten Noten können natürlich tatsächlich an der Qualität der Arbeit in den Heimen liegen. Aber auch daran, dass die Verbände der Pflegeanbieter den Fragenkatalog mit ausgearbeitet haben. Der Selbsthilfe-Verband Pflege kritisiert, dass es vor allem um gute Dokumentation gehe. "Geprüft wird nämlich nur, ob bestimmte Vorschriften eingehalten werden und eigentlich selbstverständliche Betreuungsangebote gemacht werden." So können Heime genauso damit punkten, wenn sie ihre Speisepläne "in gut lesbarer Form" angeben, wie mit der wichtigeren Erfassung des Sturzrisikos eines Patienten. 70 Prozent der Fragen richten sich aber direkt auf die Pflege und Betreuung. Deshalb sieht der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Zöller (CSU), die Benotung als "gutes Instrument" an, denn die neue Transparenz schaffe "einen deutlichen Vorteil für die Patienten". Dagegen empfindet die grüne Gesundheitspolitikerin Birgitt Bender "schon ein Gschmäckle, dass alle so gut abschneiden, zumal frühere MDK-Tests andere Ergebnisse brachten". Vor allem fordert sie, "dass schlechte Ergebnisse auch Konsequenzen haben müssen". Zwar können Kassen die Behebung von Mängeln mit Fristsetzung einfordern und den Vertrag kündigen, aber "das ist noch ein behäbiger Prozess". Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach findet, die Ergebnisse zeichneten kein realistisches Bild. "Schlimmstenfalls werden die Bürger getäuscht", sagt er.

Der MDK selbst warnt davor, sich einseitig auf die Noten zu verlassen. Hendrik Haselmann, Sprecher des MDK Berlin-Brandenburg, empfiehlt, "nicht nur auf die Gesamtnote zu schauen, sondern im Internet auch die einzelnen Detailnoten abzurufen". Noch besser sei es, sich vor Ort zusätzlich einen eigenen Eindruck zu verschaffen.

http://www.pflegenoten.de