Unverheiratete Frauen tragen den Hut mit roten Bollen. Foto: dpa

Gutach kann heute auf den Tag genau auf offizielle 225 Jahre Bollenhut-Tradition zurückblicken. Am 7. Januar 1797 schrieb Herzog Friedrich Eugen von Württemberg an das Oberamt Hornberg und daraus entstand die weltberühmte Tracht.

Gutach - Der Herzog wies die Gemeinden im Oberamt an, auf ihre Strohhüte die "übliche Decoration von schwarzer und roter Farbe aufzutragen". Das gilt allgemein als Geburtsstunde des Bollenhuts, der in den Gemeinden Gutach, Kirnbach und Hornberg-Reichenbach in verschiedenen Ausführungen getragen wird.

 

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Dem Aufmalen der roten und schwarzen Farbflächen folgten die Bollen aus Wolle, erzählt Gutachs Bürgermeister Siegfried Eckert im Gespräch mit dem Schwabo. Für das Gespräch zieht Eckert Unterlagen des kürzlich verstorbenen Heimatforschers Ansgar Barth heran. Der Bürgermeister ist seit Oktober 2021 Präsident des Bundes Heimat und Volksleben. Dort sind rund 200 Trachtenvereine und Bürgerwehren mit mehr als 13 000 Mitgliedern zusammengeschlossen. Über die Entstehung des Bollenhuts sei viel spekuliert worden, sagt Eckert.

Tracht wurde zum Kirchgang getragen

So äußert sich auch Jean-Philippe Naudet, Vorsitzender des Kunstvereins Hasemann-Liebich in Gutach: "Es gibt wohl keine offizielle Geburtsstunde für die Bollenhuttracht." Am Ende des 18. Jahrhunderts habe große Armut unter der Bevölkerung durch Missernten in der Gegend geherrscht und die herzoglich-württembergische Verwaltung dachte über Arbeitsbeschaffungsmöglichkeiten nach. Wie Ansgar Barth hervorgehoben habe, sahen die Oberamtsmänner von Hornberg und Sankt Georgen im Vorbild des Triberger Obervogts Theodor Huber (1758-1816) einen Weg, die Not zu lindern. Auf diese Weise kamen die Strohhüte ins Gutachtal. Auch Naudet bezieht sich auf die Anweisung der herzoglichen Kanzlei von 1797 (siehe oben).

Es gebe Auslegungen nach denen die Größe der Bollen Rückschlüsse auf die Hofgröße zulassen, sagt Eckert und es werde spekuliert, die Gutacher Frauen hätten zu Pestzeiten geschworen, die Bollen auf ihren Hüten zu tragen, wenn die Gemeinde von der Seuche verschont bleibe. Auf jeden Fall sind die roten Bollen den unverheirateten Frauen vorbehalten, verheiratete tragen den Hut mit den schwarzen Bollen. Es handelt sich zwar um eine weltliche Sonntagsausgehtracht, da sie zum Kirchgang getragen wurde ist sie mit der Kirche verbunden. Gutach, Reichenbach und Kirnbach waren seit 1534 evangelisch, da sie zu Württemberg gehörten.

Popularität ist ungebrochen

Die Maler Wilhelm Hasemann und Curt Liebich, die um Jahrhundertwende in Gutach rund hundert Malerkollegen um sich versammelten, machten durch ihre Bilder die Gutacher Tracht bekannt. Erneut wurde der Schwarzwald und so auch die Bollenhuttracht nach dem zweiten Weltkrieg populär, als die Menschen die ländliche Idylle suchten. Filme wie "Schwarzmädel" wurden gedreht. In den 1980ger Jahren wurde die Fernsehserie Schwarzwaldklinik ausgestrahlt. In den vergangenen Jahren sorgten Fotografen wie Sebastian Wehrle oder Jochen Scherzinger für die Popularität des Bollenhuts. Auch in der Werbung ist der rote Bollenhut oft zu finden.

Der Vorsitzende der Trachtenkapelle, Mike Lauble, möchte die Tracht so erhalten wie sie ist, die Darstellung in der Werbung gefällt ihm nicht unbedingt, ist im Gespräch zu merken. Die Trachtenkapelle hat für dieses Jahr wieder drei Termine mit dem "Bollenhutkäfer" geplant, um Kurgästen die Tracht näher zu bringen. Mitglieder des Vereins fahren mit einem VW-Käfer zu Feriengästen auf Bauernhöfen und erzählen über die Tracht.

Gutachs Bürgermeister möchte anlässlich des 225jährigen Bestehens des Bollenhuts im Sommer eine Feier veranstalten. Es ist jedoch noch unklar, wo und wann.