Foto: Schwarzwälder Bote

Bürgermeisterwahl: Kandidaten präsentieren ihre Ziele für Gutach / Speitelsbach steckt viel Kritik ein

Freitagabend, kurz vor 20 Uhr: Die Gutacher Gemeindehalle ist voll besetzt. So voll, dass sich sogar noch eine Menschentraube im Foyer bildet. Die Kandidatenvorstellung zur Bürgermeisterwahl ist äußerst gut besucht.

Gutach. Die größte Frage des Abends beantwortet Moderator Peter Wälde gleich zu beginn: "Alle drei Kandidaten sind da, Samuel Speitelsbach ist gesehen worden." Bürgermeisterstellvertreter Wälde wird gekonnt durch die Vorstellung führen, bei der Siegfried Eckert, Speitelsbach und Michael Reutter jeweils 15 Minuten Redezeit haben und danach 15 Minuten lang auf Fragen der Bürger antworten (siehe Infokästen rechts).

Eckert betritt als erster Redner die Bühne und erhält schon beim Einzug großen Applaus. Der amtierende Bürgermeister der Bollenhutgemeinde verkauft sich gut, geht auf bisherige Erfolge und langfristige Ziele für Gutach ein. Nachfragen beantwortet er gekonnt. Dabei ist klar: Als Amtsinhaber weiß Eckert genau, wie es um Gutach bestellt ist und wo die Reise hingehen soll. Auch am Ende erhält er lang anhaltenden Applaus.

Deutlich weniger davon, dafür aber viel Gelächter, erntet Speitelsbach. Zunächst erklärt er, er habe gerade ein "Interview" mit der Polizei gehabt, die ihm gewisse Äußerungen verboten habe – der Zensur wolle er sich natürlich beugen. Tatsächlich hält er sich mit volksverhetzenden und rassistischen Äußerungen zurück, auch wird keine Straftat angedroht. Ansonsten stottert er sich stellenweise durch eine Rede, die vor allem eines stiftet: Verwirrung. Inhaltliche Nachfragen gibt es kaum, dafür wird er mehrfach gefragt, ob er das ernst meine, was er da erzählt. Wütende Bürgerstimmen, ungläubige Fragen: Speitelsbach lächelt diese süffisant weg. Er genießt die Aufmerksamkeit und wirkt völlig von dem überzeugt, was er von sich gibt. Als es ihm zu unruhig im Publikum wird, deklariert er: "Der Pöbel möge schweigen!"

Reutter wiederum hört das Publikum aufmerksam zu. Er tritt zum wiederholten Mal bei einer Bürgermeisterwahl im Gutachtal an und zeigt, dass er seine Hausaufgaben gemacht hat. Es geht wieder um Gutacher Inhalte und die Zuhörer – unter ihnen auch Hausachs Bürgermeister Wolfgang Hermann – würdigen dies mit der gebührenden Aufmerksamkeit. Vorschläge wie der Bau von Wasserkraftwerken werden hinterfragt und Reutter hat die passenden Antworten parat.

Trotzdem ist nach Ende der Veranstaltung Speitelsbach das beherrschende Gesprächsthema. Viel Positives ist dabei nicht zu hören.

Rede: Zunächst nimmt Eckert seine Zuhörer mit auf einen Rundgang, bei dem er Revue passieren lässt, was sich in den vergangenen Jahren in Gutach zum Guten verändert hat. Dann verdeutlicht er, dass er diese positive Entwicklung weiter voran treiben will. Förderung der Landwirte und Gewerbebetriebe und Stärkung der Infrastruktur sind Ziele. Konkret kündigt er unter anderem eine neue Zufahrt im Bereich "Sulzbach/Grub" an und, dass der Hasemann-Weg bebaut werden soll. In diesem Zuge hoffe die Gemeinde, das Atelier erhalten zu können. Auch für die "Neue Linde" gebe es derzeit zwei mögliche Varianten. Reaktion auf Fragen: Warum überhaupt eine neue Zufahrt zum Sulzbach geplant ist, erklärt Eckert damit, dass es für die Anwohner immer schwieriger wird, auf die B 33 aufzufahren. Durch Grunderwerb und Einigung mit Grundstückseigentümern könne die Zufahrt von jetzt sechs auf gut 22 Meter verbreitert werden, was auch eine Steigerung der Sicherheit bedeute. Eine neue Zufahrt zum Hasemann-Weg entstehe auch vom Sulzbach aus. Die Erschließung sei nicht einfach, werde aber vernünftig gemacht. Zur Verkehrsberuhigung überlege der Gemeinderat, nachts Geschwindigkeitsbegrenzungen einzuführen, die mit "Blitzern" überwacht werden. "Natürlich nur für die Auswärtigen, wir Gutacher halten uns ja dran", witzelt Eckert. Das Publikum lacht.                                                                                (lmk)

Rede: "Europa steht in Flammen! Und was tun wir? Wir kümmern uns um Klimaschutz!": So steigt Speitelsbach in seine Rede ein, mit der er sich um das Bürgermeisteramt in Gutach bewirbt. Konkret erklärt er unter anderem, die versprochenen Taufgeschenke für Kinder wolle er durch eine Heiratsvermittlung finanzieren. Das fördere auch den Tourismus, wenn Gutach Reisende anspreche, die auf Partnersuche seien. Flüchtlinge dagegen sollten in ihren Herkunftsländern Arbeit und Frauen bekommen, damit sie nicht bleiben: "Gutach schiebt ab!", so Speitelsbach. Außerdem verspricht er der "Stadt", wie er Gutach konsequent betitelt, das "Streben nach Glück" als "unveräußerliches Menschenrecht".  Reaktion auf Fragen: Auf mehrmalige Nachfrage wird klar, dass Speitelsbach gemeinsam mit seiner Partnerin Tabea – die am Freitag nicht dabei war – "regieren" möchte. Auf sein Frauenbild angesprochen, sagt er: "Nehmen Sie das von Donald Trump, das passt ziemlich gut." Ein Bürger will wissen, was es mit dem Zaun auf sich hat, den der Kandidat um Gutach bauen will. Ein Zuruf eines anderen Bürgers sorgt für Gelächter: "Der soll vor Hornbergern schützen!" Was der Zaun nun bringen soll, lässt Speitelsbach offen, aber: "Die Polizei hat gesagt, ich soll nichts Größenwahnsinniges sagen. Sagen wir mal so: Derzeit ist nicht geplant, Hornberg zu annektieren."                                            (lmk)

Rede: Mehr Transparenz in der Verwaltung ist das erklärte Ziel von Reutter. Unter anderem sollen Volksabstimmungen eingeführt werden. In seiner 13 Punkte umfassenden Rede geht er auch auf das Gasthaus Linde ein: Es solle endlich Klarheit geschaffen werden, fordert er. Die beste Nutzung sehe er in Wohnungen. Ohnehin bestehe ein Überangebot an Gastronomie. Die Gemeinde müsse sich zudem um Ortsumfahrung bemühen – eine geschlossene Trog-Lösung sei die nachhaltigste. In Sachen Breitbandausbau wolle er Bundes- und Landespolitiker einladen, um "ihnen klarzumachen, dass ihre Gehälter auch im Ländlichen Raum erwirtschaftet werden". Statt auf Windkraft setze er auf Wasserkraft.  Reaktion auf Fragen: Windkraft sei keine nachhaltige Investition, antwortet Reutter auf eine Nachfrage. "Sollen wir dann jedes Wochenende zur Wahl?" will ein Bürger bezüglich der Volksabstimmungen wissen. Mit Volksabstimmungen gebe es viel weniger Unstimmigkeiten, da zuvor diskutiert werde, antwortet Reutter. Außerdem könne so auf das vorhandene Fachwissen der Bevölkerung "zum Nulltarif" zurückgegriffen werden. Das Überangebot an Gastronomie begündet Reutter auf Nachfrage mit mangelnder Wirtschaftlichkeit. Es sei wichtig, dass die vorhandenen Betriebe laufen. "Andere künstlich am Leben zu erhalten, ist Quatsch", sagt er. (kty)