SPD-Politikerin bilanziert: "Eineinhalb Jahre nach Fukushima – Wie lange vor Fessenheim?"
Gutach - Die Energiewende sei ein Herzensthema von ihr, bekannte Ute Vogt am Dienstagabend in Gutach. Die SPD-Politikerin referierte auf Einladung der SPD Gutach im Gasthaus Linde über das Thema "Eineinhalb Jahre nach Fukushima – Wie lange vor Fessenheim?"
Markus Klausmann, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins, stellte bei der sehr gut besuchten Veranstaltung eingangs die Frage, ob der Gutacher Energietag wohl vor dem Atomunfall in Fukushima auch auf solch großes Interesse gestoßen wäre? Kritik übte Klausmann an der Praxis, die Sirenen in den Städten und Gemeinden abzubauen: "Wenn es in Fessenheim zu einem Unfall kommt, können die Menschen hier nicht gewarnt werden", mahnte er. Ute Vogt betonte, dass der französische Staatspräsident Francois Hollande versprochen habe, das AKW Fessenheim stillzulegen.
Es habe, so Vogt, die aktuellen Sicherheitstests nicht bestanden: "Es müssten 30 Millionen Euro für den Umbau investiert werden", rechnete Vogt vor. Die Frage eines Zuhörers, ob das Badenwerk noch finanziell an Fessenheim beteiligt sei, bejahte Ute Vogt: "Aber man versucht derzeit, diese Verbindung zu kappen, weil das Werk keine Mitbestimmung hat." Die Politikerin erinnerte an die Demonstration vor einem Monat in Tokio gegen Atomkraftwerke: "170 000 Menschen gingen da auf die Straße", so Vogt. Das sei insofern ungewöhnlich, da die Japaner ansonsten in ihrer Meinungsäußerung eher zurückhaltend seien. Hintergrund der Demonstration war nach Angaben Vogts, dass vor einem Monat eines der 50 AKWs in Japan wieder ans Netz gegangen sei, ein zweites werde gerade hochgefahren.
"Entsetzt" und mit Unverständnis hätten sie und weitere Abgeordnete auf die Aussage eines Berliner Politikers reagiert, der sagte, dass es in Fukushima "keine Toten und Verletzten durch radioaktive Strahlung" gegeben habe. Diese Behauptung und das Zurückrudern des neuen Umweltministers Peter Altmaier in Sachen Energiewende bereiteten Vogt nach eigenen Angaben große Sorgen. Jüngst habe England angefragt, ob Deutschland eine Hermes-Bürgschaft für ein dortiges AKW übernehmen wolle, und aktuell werde gerade im Bundestag über die Bürgschaftsverlängerung für den Bau eines AKWs in Brasilien verhandelt. "Ich habe das Gefühl, man will Deutschland wieder mit in das Atomboot holen", vermutete Vogt.
"Berlin hat keinen Plan, wie die Energiewende und der Atomausstieg funktionieren sollen", sagte die SPD-Politikerin und zitierte den EU-Kommissar Günter Öttinger, der beklagte, dass "jedes der 16 Bundesländer mit den Planungen beschäftigt sei, nur die Bundesregierung habe keinen Plan".
Vogt betonte, dass im Norden derzeit viele Windkraftanlagen erstellt würden, die Strom produzieren könnten, der im Süden dringend gebraucht werde. Allerdings fehle es an Leitungen von Nord nach Süd, die nur mit großem finanziellen Aufwand gebaut werden könnten. Vogt sprach sich daher für eine dezentrale Strategie aus: "In Zusammenarbeit mit kleineren Stromunternehmen wie Stadtwerken können Energien regional produziert werden, somit bräuchte man nur kleine Stromleitungen zu bauen." Die Politikerin favorisierte vor allem die Wind- und Wasserkraft sowie die Fotovoltaik- und Solarenergie, der Biomasse räumte sie eher geringe Chancen ein: "Hier müssen wir aufpassen, dass diese Art der Energiegewinnung nicht zu Monokulturen in der Landwirtschaft führt", warnte sie. Als "Lückenfüller" empfahl sie das Gaskraftwerk, welches im Gegensatz zu Atommeilern schnell hochgefahren werden könne.