Frank Högerich informiert über die Herkunft von alten Redensarten / Meist steckt etwas sehr Praktisches dahinter
Von Marijana Babic Gutach. Woher kommen eigentlich Sprichwörter wie "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst?" Frank Högerich, museumspädagogischer Mitarbeiter des Vogtsbauernhofs, erklärte am Sonntag bei einem Spaziergang alte Redensarten, die zumeist aus dem bäuerlichen Leben stammen, auf spannende Art und Weise. "Unter aller Sau" – das Sprichwort kennt jeder, doch wie Högerich erklärte, stammt es eigentlich aus dem Jiddischen. Die zumeist jüdischen Händler hatten eine Maßeinheit namens Seo, die ungefähr eine Elle bezeichnete. War etwas darunter, dann war es eingedeutscht "unter aller Sau". Manchmal ist auch zu hören: "Das geht auf keine Kuhhaut". Auch dafür hatte der Referent eine Erklärung parat: "Einst wurde auf Pergament geschrieben, das aus Ziegenleder hergestellt wurde", berichtete Högerich, "die Menschen hatten dabei die Vorstellung, dass all ihre Sünden vom Teufel mitgeschrieben wurden. Eine Kuhhaut wurde als Ersatz verwendet, war aber viel größer als Ziegenpergament. Hatte jemand sehr viele Sünden angesammelt, dann ging das eben auf keine Kuhhaut mehr."
Doch woher kommt die Redensart "etwas auf dem Kasten haben"? Ganz einfach: Schüler trugen einst ihre Sachen in einem Holzkasten, weil Leder viel zu teuer war. War der Lehrer zufrieden, schrieb er das Lob für jedermann sichtbar auf den Holzkasten. Doch auch "einen Zahn zulegen" ist ein Sprichwort, das aus dem bäuerlichen Leben stammt: "Auf der Feuerstelle im Haus hing der Topf an einer Art Sägekamm. Wurde der Topf einen Zahn nach unten gehängt, wurde das Essen schneller fertig", so Högerich.
"Etwas verschachern" stamme wiederum aus dem Jiddischen, erklärte der Referent: Schachern beinhaltet, einen gewinnsüchtigen Hausierhandel zu betreiben. Im Jiddischen bedeutet "Schacher" Handelsmann. Die meisten Handelsmänner waren dabei einst Juden. Auch der Ausspruch "blau machen" hat dabei eine Geschichte, wie Högerich anschaulich zu erzählen wusste: "Wollten Färber Stoffe mit Indigo färben, war ein bestimmter pH-Wert nötig. Dieser wurde aus Urin gewonnen. Daher durften die Arbeiter so viel Alkohol trinken, wie sie wollten. Am nächsten Tag waren sie natürlich arbeitsuntüchtig – sie haben blau gemacht."
Auch wenn jemand "Oberwasser" hat, hat dieser Satz historische Wurzeln. Das Umstellen des Mühlrades von unterschlächtig auf oberschlächtig hatte eine bessere Nutzung des Wassers zur Folge. "Nachbarn waren dann vielleicht neidisch und sagten: Der hat Oberwasser", erklärte Högerich. Bei dem Ausspruch "Wer zuerst kommt, der mahlt zuerst", handele es sich um ein Mühlengesetz: „Damit wurde die Reihenfolge festgelegt, weil um die Mühle immer Gedränge herrschte und jeder der erste sein wollte."