Ländlicher Raum: Landfrauen und Grünen-Politikerinnen diskutieren Waldnutzung und Platz zum Wohnen
Vorsitzende der Landfrauen im Bezirk Kinzigtal haben sich mit den Landtagsabgeordneten Sandra Boser und Martina Braun (Grüne) ausgetauscht. Die Themen reichten vom Bauen im Außenbereich über Biken im Wald bis hin zur Bildung.
Gutach. Diskutiert wurde auf dem Müllerjörgenhof in Gutach. Bernd und Karla Wöhrle stellten zunächst ihren Hof im Steinenbach vor, der seit 1503 im Familienbesitz geführt wird. Von den knapp 179 Hektar Fläche entfallen 162 Hektar auf den Wald, der Rest ist Grünland.
"Ende der 1960er-Jahre haben meine Eltern angefangen, Ferienwohnungen zu vermieten", erklärte Bernd Wöhrle. Jetzt habe man drei Ferienwohnungen, eine Vesperstube mit 60 Plätzen und es seien drei Windräder auf dem eigenen Gelände aufgebaut worden. Zur 37,6 Kilowatt PV-Anlage auf dem Dach sei ein 30 Kilowatt Stromspeicher hinzugekommen, außerdem heize man über eine Hackschnitzel-Anlage.
Wald alleine bringt kein gutes Ergebnis
Einzig das betriebseigene Schlachthaus mit Selbstvermarktung sei aufgrund der hohen Auflagen im vergangenen Jahr aufgegeben worden. Mit den erneuerbaren Energien habe man sich gut aufgestellt, die Ferienwohnungen seien bis Ende Oktober ausgebucht.
"Im Hauptbetriebszweig Wald sind wir hauptsächlich mit der Aufarbeitung von Käferholz beschäftigt. Aufgrund der hohen Kosten könnte mit dem Wald alleine kein gutes Ergebnis erzielt werden", bilanzierte Bernd Wöhrle.
Um Höfe künftig weiter entwickeln zu können, müsse das Bauen im Außenbereich leichter möglich sein. Anhand seines laufenden Bauantrags zur Realisierung einer Maschinenhalle erklärte er die hohen Hürden des Artenschutzes.
Für Martina Braun, der Sprecherin für den ländlichen Raum im Landtag, stand fest: "Es ist ein Fehler im AFP (Agrar-Investititons-Förderprogramm), dass die Förderung an einen Wachstums-Schritt geknüpft ist." Bauliche Maßnahmen müssten in jedem Einzelfall angeschaut werden, da könne man nicht pauschalieren.
Auch Sandra Boser befand: "Wir müssen mehr Flexibilität reinbringen." Der Individualbedarf an Platz sei gestiegen, Ziel müsse das Wohnen mehrerer Generationen im Außenbereich sein um letzten Endes auch die Städte zu entlasten.
In der Vesperstube des Hofs wurde nach dem Rundgang das Thema Wald-Nutzung durch die Öffentlichkeit ausführlich diskutiert. "Der Betrieb im Wald ist durch Corona viel mehr geworden", betonte Karla Wöhrle. Wiesen, die eigentlich Futtergrundlage fürs Vieh wären, würden durch Mountainbiker, Wanderer, Wild-Camper oder Leute beim Picknick nahezu unbrauchbar gemacht.
"Der Respekt gegenüber dem landwirtschaftlichen Eigentum fehlt", waren sich alle Beteiligten einig. Dass die Haftbarkeit bei Unfällen am Ende dann auch noch beim Waldbesitzer liege, sei ein weiteres großes Thema, das es anzugehen gelte. Das gelte gerade im Hinblick auf die weiter zunehmende Zahl der E-Biker in Wald und Flur, die mitunter ohne entsprechender Fahrpraxis unterwegs wären.
Sandra Boser verwies auf einen "Runden Tisch" aus verschiedenen am Thema Beteiligten und befand: "Wenn es ein gut organisiertes und ausgeschildertes Wege-Netz gibt, sollten die Bikes im Wald erlaubt bleiben."
Einig waren sich alle, dass bereits Kindern und später auch Schulabgängern Respekt und eine Sensibilisierung für die Arbeit in der Landwirtschaft vermittelt werden soll, egal, ob über eine Naturpark-Schule, Bauernhof-Praktika oder im Heimat- und Sachkunde-Unterricht. Bei der fortschreitenden Digitalisierung wurde die Vielzahl der Plattformen und fehlende Qualität im Unterrichtsmaterial kritisiert. Bezirksvorsitzende Monika Schnaitter (Oberharmersbach) stellte einen parlamentarischen Nachmittag für Januar in Aussicht, der künftig dann jährlich stattfinden soll.