Eine angeregte Diskussion entstand bei der Veranstaltung "Gutach trifft Kirche". Foto: Dorn Foto: Schwarzwälder Bote

Gemeinde trifft: Die aktuellen Probleme der beiden Kirchen in Gutach werden diskutiert

In der Reihe "Gutach trifft" haben Bürgermeister Siegfried Eckert, Pfarrerin Marlene Schwöbel-Hug und Pfarrer Christoph Nobs im voll besetzten Ratssaal diskutiert. Es ging um aktuelle Probleme der beiden Kirchen in Gutach.

Gutach. Als Pfarradministrator für die katholische Seelsorge-Einheit Hausach-Hornberg beziehungsweise als Vakanz-Vertreterin für die evangelische Kirchengemeinde Schiltach-Schenkenzell und verwaltende Pfarrerin für Gutach und Hausach brachten beide viel Wissen um die sich verändernde Kirchenlandschaft mit in die Diskussion.

Die Realität der größeren Pfarreinheiten auf dem Land, in der das liturgische Personal sonntäglich wie ein Landbischof durch die Gemarkung reist (so der Vergleich von Nobs), scheint im Gutachtal aber längst kein Debattenthema mehr zu sein. Die etwa 35 Gläubigen beider Konfessionen bewegen eher grundsätzliche Probleme zur Zukunft der Kirchen.

Die Wertigkeit von Abendmahl und Eucharistie

Warum so oft Abendmahl sei und das Ritual damit an Wertigkeit verliere, mit dieser Anfrage an Schwöbel-Hug eröffneten einige ältere evangelische Gemeindemitglieder die Debatte. Sie gaben damit ihren katholischen Mitchristen intime Einblicke in das evangelische Selbstverständnis. Schwöbel-Hug verwies auf Entwicklungen in der badischen Landeskirche, denen zufolge die Bedeutung des Abendmahls als zentrales Element gestärkt werden soll.

Für die katholischen Christen stellte sich umgekehrt die Frage, wie das zentrale Element der Eucharistiefeier erhalten werden kann, "bloße" Wortgottesdienste durch Diakone seien kein Ersatz. Die Probleme beider Kirchen fußen auf denselben gesellschaftlichen Entwicklungen. "Volkskirche" (Nobs) war gestern, heute gelte es, mit attraktiven Angeboten dem Mitgliederschwund entgegenzuwirken.

Bei etwa noch 1800 Christen in Gutach, verteilt auf ein Drittel Katholiken und zwei Drittel Protestanten, rückte das Thema Ökumene in den Vordergrund. Nachdem Sparzwänge die Katholiken für den Winter in die evangelische Peterskirche als "Simultankirche" gezwungen hatten (wir berichteten), flammte die Diskussion um die religiöse Identität der katholischen Minderheit auf.

Der warme Empfang durch die evangelischen Gastgeber und der Kontakt zwischen katholischen Pfarrgemeinderäten und evangelischen Kirchengemeinderäten hatte schon Druck aus der Diskussion genommen und so nahm "Gutach trifft Kirchen" beinahe den Charakter einer ökumenischen Gemeindeversammlung an.

In dieser wurde der Ruf nach flexibleren Gottesdienstzeiten und anderen liturgischen Formaten laut. Aktuell für Verstimmung hatte am Totensonntag der Umstand gesorgt, dass seitens der Kirche der Gottesdienst nicht um eine halbe Stunde vorverlegt wurde und so eine Konkurrenz zur Vernissage der Curt-Liebich-Gedächtnisausstellung entstand.

Nach Darstellung der Kirchenvertreter seien die Gottesdienstzeiten und -orte schon länger auf der Agenda. Bei zwei evangelischen und drei katholischen sonntäglichen "Aufführungsorten" müsse aber auf Gemeinden in Hausach und Hornberg Rücksicht genommen werden. Zugleich könne wegen der Vereinsveranstaltungen nicht beliebig auf den Nachmittag gewechselt werden.

Bezüglich alternativer Gottesdienstorte würde in Gutach beispielsweise mit der TuS-Sportwoche, dem Sommerfest der Trachtenkapelle, dem Gottesdienst im Freien auf dem Büchereck und dem Familiengottesdienst im Kindergarten schon einiges angeboten. Als zentraler Ort der Begegnung mit Gott sollten die beiden Kirchen aber erhalten bleiben.

Keine Begeisterung für Glauben ohne christliche Erziehung im Elternhaus

Vertreterinnen der ehrenamtlichen Kirchengemeinderäte spielten den Ball der familienfreundlichen Gottesdienste auch höflich zurück an die Basis. Ohne eine christliche Erziehung zuhause und einen Kirchenbesuch der Eltern falle es schwer, die Jugend für die Kirche zu begeistern.

Bärbel Zacharias-Pohlmann aus dem Konfirmanden-Vorbereitungsteam berichtete von Eltern, welche ihre Sprösslinge zum Gottesdienst an der Kirche aus dem Auto ausstiegen ließen und dann den Sonntagmorgen für einen kinderfreien Brunch in Hornberg nutzten. Hier müsse ein Bewusstseinswandel von statten gehen.

Für die Zeit nach evangelischer Konfirmation beziehungsweise katholischer Firmung machten beide Kirchen ein Vakuum im Angebot für junge Christen aus, wo früher noch die "Junge (evangelische) Gemeinde" ein Anziehungspunkt gewesen sei, würden heute die jungen Menschen alleine gelassen.

Eckert schilderte dazu seine ersten Eindrücke in Gutach, als er vergebens nach einer Organisation vergleichbar der katholischen Landjugend gesucht hatte. Der Blick nach Hausach zeige, dass es Potenzial gäbe, junge Menschen aktiv im Kirchenleben vor Ort zu halten und nicht nur darauf hoffen zu müssen, dass diese in der Familienphase ihrer Kinder zuliebe wieder in die Gottesdienste zurück fänden.

Unisono forderten Vertreter beider Kirchen mehr hauptamtliches Personal, um mit Jugendgruppen attraktive Angebote stemmen zu können. Dabei trafen sich kirchliche Ansichten mit der eines Unternehmers in der Runde geäußerten wirtschaftlichen Binsenweisheit, dass nur aus Investitionen heraus Wachstum entstehe.

Viele weitere Wortmeldungen stimmten Moderator Eckert zuversichtlich, dass in Gutach auf dem ökumenischen Weg noch wichtige Wegmarken zu erwarten seien. Pfarrer Nobs sah die zweistündige Diskussionsrunde sogar als unerwartete Erntedankfeier, aus der beide Kirchen viele Ideen und Impulse für die Arbeit in den Gremien oder sogar einem gemeinsamen Gesprächskreis mitnehmen können. Für 2019 stellte Eckert eine Wiederholung des Abends in Aussicht. Aus der Runde wurde darüber hinaus auch ein Gesprächsabend "Gutach trifft Geflüchtete" nach dem Vorbild der Nachbargemeinden gefordert, leben doch inzwischen 45 Geflüchtete in Gutach.

Die beiden großen Amtskirchen haben in Gutach zusammen 1806 getaufte Mitglieder, dazu kommen 37 Muslime und 438 Bürger ohne Konfession. Für die Betreuung der Katholiken in der Seelsorgeeinheit Hausach-Hornberg, zu der Gutach als Hornberger Filialgemeinde gehört, ist Pfarrer und Pfarradministrator Christoph Nobs zuständig, als Vorsitzender des Pfarrgemeinderats amtiert der Hornberger Alfredo Sanchez Casado. Die Stelle des evangelischen Pfarrers ist derzeit vakant, nach dem Weggang des Pfarrerehepaars Diepen wurden Hausach und Gutach zu einer gemeinsamen Pfarrstelle zusammengelegt. Die Vorsitzende des Gutacher Kirchengemeinderats ist Gabi Billharz.