Das Gutachtal in seiner Einzigartigkeit könnte auch touristisch irreparablen Schaden nehmen, wenn die Durchgangsachse Realität würde. Foto: Gräff

Gutachtal ist als Hauptachse für den europäischen Schwerlastverkehr von Nord nach Süd im Gespräch.

Gutach - Das Gutachtal als Hauptachse für den europäischen Schwerlastverkehr von Nord nach Süd? Dieses Szenario ist durchaus keine Fiktion. Ernstzunehmende Planungen dazu sind sogar bereits im Gange – ein entsprechendes Informationspapier ist dem SchwaBo jetzt zugespielt worden.

"Gerüchten zufolge prüft das Stuttgarter Ministerium für Verkehr und Infrastruktur, das Gutachtal als Hauptachse auszuweisen, auf der künftig der Schwerlastverkehr vom Rheintal nach Singen am Hohentwiel zur Bahnverladung nach Italien konzentriert werden soll", heißt es darin.

Grundlage für diese Planungen ist der 1996 zwischen dem damaligen Vorsteher des Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartements 1, Moritz Leuenberger, und dem Bundesminister für Verkehr der Bundesrepublik, Matthias Wissmann (CDU), abgeschlossene Vertrag von Lugano.

In diesem soll die "Leistungsfähigkeit des Zulaufs zur neuen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) in der Schweiz sichergestellt" werden (siehe Infokasten).

Schweizer Straßen verkraften den Schwerlastverkehr nicht

Die Schweiz hat schon vor längerer Zeit erkannt, dass ihre engen Täler den Schwerlastverkehr in den Süden nicht bewältigen können. Die NEAT mit dem bis 2018 fertiggestellten Gotthard-Basistunnel führt daher zu strukturellen Umwälzungen im Transportsektor. So wird eine einzige Lokomotive künftig Güterzüge mit 1600 Meter Länge (bislang 800) und 160 Stundenkilometern (bislang 80) bewegen. Das bedeutet zwar mehr Transportkapazität in den Süden, aber auch noch mehr Schwerlastverkehr, der zur Verladestation nach Singen rollt.

Fakt ist, dass der Schwarzwald vom Schwerlastverkehr nur auf wenigen Bundesstraßen genutzt werden kann. So ist im Vertrag von Lugano festgelegt, Südwestdeutschland nicht nur über Basel, sondern auch über Singen am Hohentwiel – dort wird derzeit eine große Verladestation gebaut – über den Gotthardtunnel mit Mailand und Genua zu verbinden. Nach vorliegenden Informationen des SchwaBo muss der Schwerlastverkehr der Autobahn 5 demnach dann auf die Bodenseeautobahn (A 81) wechseln.

Das hieße dann aber, dass durch die Europastraße 531, die auf der B 33 durch das Gutachtal verläuft, eine existenzielle Bedrohung für den Tourismus entstehen würde. Schon jetzt fahren je nach Jahreszeit bis zu 12 000 Fahrzeuge täglich durch das Gutachtal, rund 800 bis 1000 Lastwagen kommen dazu. Bei der geplanten Durchgangsachse dürften es nach vorsichtigen Schätzungen 2000 Lastwagen sein, die sich dann durch die Schwarzwaldlandschaft quälen.

Schon jetzt droht dem Gutachtal Ungemach. Wie der SchwaBo berichtete, hat die Stadt Schramberg, durch die auch die B 294 verläuft, seit vergangenen Freitag eine Umweltzone eingerichtet. Das würde beispielsweise für osteuropäische Lastwagen, die über keine grüne Umweltplakette verfügen, bedeuten, dass sie künftig durch das Gutachtal über Triberg und St. Georgen auf die Bodenseeautobahn gelangen müssten.

Eine Situation, die auch Gutachs Bürgermeister Siegfried Eckert erschreckt: "Durchgangsachse zerstört unsere kulturelle Identität"

"Gutach steht weltweit für den Schwarzwald und den Bollenhut, eine Hauptdurchgangsachse würde den Tourismus schädigen und damit unsere kulturelle Identität zerstören", betonte er in einer ersten Stellungnahme. Der Rathauschef hat umgehend gehandelt: Gestern morgen sind die Fraktionsvorsitzenden des Gutacher Gemeinderats über die Planungen informiert worden.

Zu weiteren Beratungen wird der gesamte Gemeinderat in nichtöffentlicher Sitzung zusammenkommen, bevor Eckert in der öffentlichen Gemeinderatssitzung am Mittwoch, 10. Juli, eine Erklärung abgeben will. Zudem wollen die Kommualpolitiker das Gespräch mit Freiburgs Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer suchen, die am 1. August zu Besuch in Gutach ist.

Ziel soll nach Angaben Eckerts sein, schnellstmöglich nach einer anderen und für alle tragfähigen Lösung zu suchen. Erste konkrete Vorschläge seien beim gestrigen Gespräch bereits gemacht worden, hieß es aus dem Rathaus. Der SchwaBo wird weiter darüber berichten.