Ortenau - Kein anderes Symbol aus dem Schwarzwald ist weltweit bekannter als der Bollenhut. Und kein anderes Utensil wird für Werbung lieber verwendet als die roten Wollkugeln. Doch mitunter löst die Bollenhut-Reklame auch rechtlichen Ärger aus.

Die 14 zumeist roten Woll-Bollen haben längst geschafft, wovon Marketing-Fachleute träumen: Sie sind zum unverwechselbaren, klaren und leicht wiedererkennbaren Signet für eine ganze Landschaft geworden. Der Bollenhut aus Gutach, Kirnbach und Reichenbach, er symbolisiert den Schwarzwald. Mehr noch, als Kuckucksuhr und Schwarzwälder Kirschtorte. Seit 15 Jahren wird dieses Emblem in der Schwarzwald-Werbung verwendet, seit zehn Jahren ist es das "Markenbild" für die Ferienregion. So, wie der Daimler-Stern bei Mercedes und die vier Ringe bei Audi.

"Wir haben vor einigen Jahren überlegt, unser Werbesymbol zu überarbeiten oder etwas anderes zu verwenden, um frischer zu werben", erklärt Wolfgang Weiler, der Kommunikationschef der Schwarzwald Tourismus GmbH (STG) mit Sitz in Freiburg. Ein geschwungener Tannenbaum zum Beispiel hatte als Idee im Raum gestanden. Doch das haben die Werbefachleute dann ganz schnell bleiben lassen: "Es wäre ein großer Blödsinn gewesen, den Bollenhut gegen ein anderes Emblem zu ersetzen". Die markanten roten Kugeln seien einfach zu prägnant gewesen. "Da gibt es einfach nichts Besseres", sagt Weiler.

Wie eine Umwandlung des Werbe-Signets schief gehen kann, zeigt der Blick in eine andere Urlaubsdestination gleich nebenan: Am Bodensee wurden früher der bekannte Umriss des Sees als Werbesymbol genutzt. Doch das war den Marketingleuten irgendwann zu billig. Sie ersetzten den See nach langen Diskussionen und entsprechender Suche durch ein grafisch durchgestyltes Symbol, das allerhand beinhalten soll. Mit der Folge, dass kein durchschnittlicher Betrachter mehr dieses Signet als Werbung für den Bodensee erkennt. Ziel ganz klar verfehlt.

Das Schwarzwald-Logo mit dem Bollenhut ist in ganz Europa geschützt

Im Schwarzwald hingegen pflegt man die roten Bollen. Sie stehen für die vielfältigen Werte, die der Region und ihren Menschen zugeschrieben werden: Sie sind traditionsbewusst, bodenständig, und vor allem: echt. So ist es auch kein Wunder, dass die offizielle Schwarzwald-Werbung neben dem Bollenhut-Logo auch auf den Spruch "herz – erfrischend – echt" setzt. Dieses Logo samt Spruch ist markenrechtlich europaweit geschützt, weiß Wolfgang Weiler zu berichten.

Derweil rollen die roten Kugeln längst munter durch viele Bereiche, in denen es um den schnellen Blickfang und Sympathie geht. Vor allem Werbetreibende und Firmen haben den Reiz dieses besonderen Hutes (siehe Info) erkannt. Metzgereien haben die Bollenhüte geschnappt und setzen sie munter lachenden Schweinen auf. Gasthöfe bauen sie in ihre Wirtshausschilder ein. Ein Getränkehersteller lässt Schwarzwaldmädel mit goldener Axt posieren. Und natürlich auch große Firmen wie Schwarzwaldmilch wissen um die Bedeutung der traditionsreichen Bollen. Die Milchfirma wirbt gar mit dem Slogan "Erfrischend echt" unter ihrem Bollenhut-Logo.

Doch nicht immer sind die Hüter der roten Bollen mit den Auswüchsen der Werbung einverstanden. "Wir achten darauf, dass unser offizielles Markenzeichen nicht für Reklamezwecke verhunzt wird", sagt Tourismus-Sprecher Wolfgang Weiler. Immer wieder muss er einschreiten, um allzu forsche Bollenhut-Werbung zu stoppen. "Wir prüfen zwar sehr wohlwollend, doch wenn es sein muss, gehen wir auf die Firmen zu und reden mit ihnen." Das klappte bisher ohne juristische Auseinandersetzungen vor Gericht. "Die meisten verstehen unsere Gründe, wenn wir mit ihnen sprechen. Doch wir schalten auch notfalls einen Rechtsanwalt ein." Das stoppe dann uneinsichtige Firmen und Organisationen.

Gebremst wurde beispielsweise eine Kampagne in Freiburg, die zum Thema Asylrecht mit Hut und dem Spruch "herz – erfrischend – frei" warb. 10 000 schon gedruckte Postkarten mussten eingestampft werden.

Auch Gutachs Bürgermeister Siegfried Eckert, selbst Trachtenträger und Vorsitzender des größten deutschen Trachtenverbandes "Bund Heimat und Volksleben" kämpft für einen sauberen Umgang mit den Trachten und Bollenhüten. "Einmal wurde eine Frau mit Bollenhut ganz nackt von hinten gezeigt. Das geht natürlich überhaupt nicht. Da haben wir uns gewehrt. Oder auch die geplante Aktion der Grünen, bei denen mit grünen Bollenhüten geworben werden sollte, fanden wir nicht gut und haben das erfolgreich unterbunden", schildert der engagierte Schultes.

Ihm und den rund 100 Trachtenträgern in Gutach, aber auch jenen in Reichenbach und Kirnbach gehe es um die Unverfälschtheit der Trachten und des Bollenhuts. "Die Menschen sehnen sich wieder nach Beständigkeit. und das symbolisiert die Tracht. Daher erleben Bollenhut und Tracht derzeit wieder eine starke Nachfrage." So stark, dass die Trachtenträger jüngst sehr intensiv für Feste und Termine aller Art angefragt werden. Der Bollenhut: uralt, überall bekannt und trotzdem höchst aktuell.

Info: Besonderer Hut

Die Geschichte des Bollenhuts geht bis ins Jahr 1800 zurück und gehört zur Tracht in den drei Dörfern Gutach, Kirnbach und Hornberg-Reichenbach. Ledige Frauen tragen rote Bollen aus Wolle auf dem Hut, verheiratete schwarze. Bis zu zwei Kilo können die Hüte schwer sein. Sie werden noch immer in Handarbeit gefertigt.