Die Rappensteinfelsengruppe nahe Gutach ist Schauplatz von merkwürdigen Begebenheiten

Gutach/Kirnbach (red/eg) - Eine der interessantesten Gutacher Sagen ist die vom Rappensteingeist. Die Rappensteinfelsengruppe liegt hoch oben auf Kirnbacher Gemarkung nahe der Grenze zu Gutach. Volkskundler sehen in ihr Reste des altgermanischen Götterglaubens.

Der Gutacher Ansgar Barth schreibt dazu: "In der Neujahrsnacht, so heißt es in der Sage, geht es nicht mit rechten Dingen zu. Allerlei Geister treiben da ihr Unwesen. So fährt vom Rappenstein um die Stunde der Jahreswende ein merkwürdiges Gespann ins Tal herab.

Der Wagen, auf dem ein Mann sitzt, wird von sechs Ziegenböcken gezogen und fährt bis auf die Tenne des Lindenwirts, wo er umkehrt und schleunigst wieder zu seinem Ausgangsort zueilt. Merkwürdig dabei ist, dass der Wagen auf der Talfahrt nicht recht laufen will, gleich als ob er festgehalten würde.

Der Mann auf dem Wagen muss immer wieder zur Peitsche greifen und das Sechsgespann antreiben. Aber den Berg hinauf läuft der Wagen fast von selbst, da muss der Fahrer nur noch ›micken‹ (bremsen), damit es nicht so rasch geht.

Volkskundler deuten den Sinn der Sage mit der Vermutung, der Rappenstein hieß früher ›Rabenstein‹ und war einst Sitz der Raben Hugin und Munin, göttliche Begleiter Wodans, des höchsten germanischen Gottes. Diese Raben galten ursprünglich als Totenvögel und wurden später zu Trägern verborgener, tiefster Weisheit, bei denen der Göttervater selbst sich immer wieder Rat holt. Sie hausen gern auf Bergen und in Wäldern an alten Kultstätten.

Der Ziegenbock ist in der deutschen Mythologie als Tier des Donar, einer anderen hohen germanischen Götterpersönlichkeit, bekannt.

Mit dem Vordringen des Christentums mussten sich die germanischen Gottheiten in verborgene Schlupfwinkel flüchten und in der Vorstellung des Volkes ein Schattendasein als dämonisches Geistwesen führen. Nur in der Nacht der Jahreswende kehrt der alte germanische Gott zurück.

Doch er muss feststellen, dass für ihn in der christlichen Welt kein Raum mehr ist, und so kehrt er schmell wieder wieder auf den Berg zum Rappenstein zurück." Soweit Ansgar Barth.

Im Internet gibt es über den Rappensteinfelsen und das gespenstige Treiben um ihn herum eine ähnliche Version. Auf der Homepage von "Ortenaukultur" ist unter der Rubrik "Himmlische Plätze" zu lesen: "Nach einer alten Sage soll hier einmal ein Bergschloss gestanden haben. Um einen der Bewohner der Burg rankt sich die folgende Geschichte. Auf dem zerfallenden Bergschloss bei Kirnbach ist in einem steilen Felsen, dem Rappenstein, ein brunnenartiges Loch von unergründlicher Tiefe.

Daraus steigt in den Adventsnächten eine Kutsche mit 20 Geißböcken bespannt und von zwei Laternen beleuchtet. Sie wird von einem vormaligen Grafen des Schlosses gelenkt, der in voller Rüstung und mit geschlossenem Helmgitter allein darin sitzt.

Nach ihr kommen mehr als hundert Knappen aus dem Loch, von denen jeder einen Speer und eine brennende Fackel trägt. In hohem Tempo und mit wildem Getöse fährt der Zug den steilen Felsen und eine Schlucht hinab und hält unten im Tal.

Hier versammeln sich die Knappen um die Kutsche, der Graf steigt aus, legt an ein Rad den Hemmschuh und setzt sich wieder hinein. Unter großem Geschrei werfen nun die Knappen ihre Fackeln, die sogleich erlöschen, von sich und verschwinden nebst der Hälfte der Geißböcke, die als Vorspann gedient hatten.

Bei dem spärlichen Licht der zwei Kutschenlaternen kehrt der Graf mit den zehn Böcken und mit gesperrtem Rad nach dem Felsenloch zurück, indem er den Weg ebenso hinauffährt, als er ihn mit dem starken Vorspann und ohne Sperre herabgekommen ist. Schon öfters sind Leute dem Zuge begegnet.

Denen, die ihm Platz machten, ist kein Leid geschehen; wer aber nicht auswich, wurde niedergeworfen und überfahren."

Info: Die Rappenstein-Hexen

Im Jahr 1988 wurden innerhalb der Narrenzunft Kirnbach die Rappenstein-Hexen gegründet. Der graumelierte "Peter" stellt genauso wie die Holzmaske farblich den Rappensteinfelsen dar. Der schwarze Rock symbolisierte die Nacht. Die grüne Schürze stellt farblich den Wald dar, während der Besatz der Schürze mit Ziegenfellstücken an die von Geißböcken gezogene Kutsche erinnert.

Zu guter Letzt vollendet dann noch ein großes rotkariertes Tuch als Kopfbedeckung das Bild der Rappenstein-Hexe.