Der Bundestagsabgeordnete Thorsten Frei (links) und Bürgermeisterin Lisa Wolber zeigen sich erfreut über die gute Entwicklung des Gütenbacher Unternehmens Netzint, das von Maurice Cazautet und Kai Wursthorn geführt wird. Foto: Vollmer Foto: Schwarzwälder Bote

Wirtschaft: Gütenbacher Firma vernetzt Haushalte, Schulen und Firmen

Gütenbach. Not macht bekanntlich erfinderisch. Die herrschte vor acht Jahren – wie vielerorts – in Gütenbach, als sich die Einwohner eine ordentliche Internetverbindung wünschten. Maurice Cazautet und Kai Wursthorn, damals 20 und 22 Jahre alt, wendeten sich mit einem Richtfunk-Konzept an die Gemeinde, das dann auch umgesetzt wurde: der Beginn eines typischen Start-up-Unternehmens, das sich damals aus einem "netzinternen" System entwickelte, daraus seinen Namen "Netzint" ableitete und heute unter anderem Schulen wie Industrieunternehmen digital vernetzt.

Nach vier Jahren im Nebenberuf arbeiten die beiden Geschäftsführer seit 2014 mit inzwischen mehreren Mitarbeitern an einer Erfolgsgeschichte. Mittlerweile gibt es "über dreißigtausend Nutzer unserer Systeme", sagt Cazautet. Und jährlich hätten sich die Umsätze seither verdoppelt. "Vergangenes Jahr waren es sogar 130 Prozent", sagt der Geschäftsführer.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thorsten Frei zeigte sich bei einem Unternehmensbesuch begeistert von der Innovationskraft des jungen Unternehmens, das den vom Bund mit fünf Milliarden Euro forcierten IT-Ausbau mit seinem Produkt-Portfolio entscheidend vorantreiben könne und auch eine kostengünstige Systempflege biete. Letzteres sei ein gewichtiges Argument für die für Bildung zuständigen Länder sowie Landkreise und Kommunen als Schulträger.

Die Kommunen stehen vor großen finanziellen Herausforderungen, denn auch der Unterricht wird immer digitaler, der Aufbau der entsprechenden Infrastruktur ist teuer, ebenso Software-Lizenzen. Zudem ist die Technik wieder recht schnell veraltet. "Dazu kommt, dass viele Schulen den internen Netzaufbau mit engagierten Lehrern gemeistert haben, die mit ihrem Stundendeputat aber an ihre Grenzen stoßen. So wurden technische Inseln geschaffen, die untereinander oft nicht sonderlich kompatibel sind", merkte Thorsten Frei im Gespräch an.

Unternehmen vernetzt rund 30 000 Menschen

Diese technischen Schwachstellen haben die beiden Gütenbacher Jungunternehmer als Potenzial für ihr Unternehmen erkannt. Und der wachsende Erfolg gibt ihnen Recht. "Über 7500 Geräte wurden von uns vernetzt und wöchentlich werden es mehr“, sagt Maurice Cazautet. Und demnächst komme die größte Berufsschule des Landes mit mehreren tausend Benutzern hinzu. Diese setze auf die neue – seit zwei Jahren in Entwicklung befindliche – Multischul-Serverlösung.

Eines der ersten Campusprojekte in der Region war 2013 das MIB-Projekt in Furtwangen. MIB steht für "Multimediale IT-Infrastruktur Bildung" und meint insbesondere die Vernetzung und zentrale Verwaltung von Schul- und Verwaltungsnetz. Hier standen damals pro Schule maximal völlig unzureichende 16 000 Mbit/s zur Verfügung. Über Richtfunk ermöglichte Netzint einen Anschluss an ein Glasfaser-Backend, womit nun mehrere hundert Mbit/s zur Verfügung standen. Alle Städtischen Schulen in Furtwangen wurden mittels Richtfunks an den zentralen Server-Standort angeschlossen und miteinander vernetzt. Die Internet-Anschlusskosten konnten dadurch um fast 70 Prozent gesenkt werden, denn alle Schulen nutzen nun einen gemeinsamen Anschluss und eine gemeinsame Server-Infrastruktur. Trotz Server-Zentralisierung verfügt jede Schule über einen abgetrennten Bereich zur Datenspeicherung. Wartung, Sicherheitsdienste und Software-Updates werden zentral von Netzint übernommen. Unterm Strich habe auch der Betreuungsaufwand durch Lehrkräfte um insgesamt 90 Prozent gesenkt werden können.

Nicht nur bei der Vernetzung geht Netzint neue Wege, sondern auch bei der Software. "Klar könnten wir auf eine eigene Software setzen und über die Nutzerlizenzen mehr Erlöse erzielen, aber das ist nicht unser Ziel", sagt Cazautet. Vielmehr setze man auf Open-Source-Software, die man aktiv selbst weiterentwickle – ganz dem Gedanken und der Initiative "Public Money, Public Code", die sich dafür einsetzt, dass mit Steuergeldern finanzierte Software für die öffentliche Verwaltung frei sein sollte.