Hier ist sie seit rund 100 Tagen die Chefin: Bürgermeisterin Lisa Wolber aus Gütenbach vor dem Rathaus der kleinsten Gemeinde im Schwarzwald-Baar-Kreis. Foto: Sprich

29-Jährige erste Bürgermeisterin im Kreis. Lisa Wolber weiß, was sie will und fühlt sich Aufgabe gewachsen.

Gütenbach - Mit 29 Jahren ist die Gütenbacher Rathauschefin Lisa Wolber die jüngste Bürgermeisterin Baden-Württembergs – und die erste im Schwarzwald-Baar-Kreis. Sie spricht über ihre Pläne, über Frauen in der Kommunalpolitik und ihre Lieblingsaufgabe.

Frau Wolber, Sie sind seit gut 100 Tagen im Amt. Wie wird eine 29-Jährige eigentlich zur Bürgermeisterin von Gütenbach?

Es hat sich alles positiv ineinander gefügt. Für mich war im Laufe des Studiums klar, dass ich gerne irgendwann mal und irgendwo Bürgermeisterin werden möchte. Aber wann und wo das sein sollte, hatte ich noch nicht fest geplant. Ich habe eigentlich eher gedacht, dass ich das mal machen werde, wenn ich über 40 Jahre bin.

Wie bewirbt man sich für das Amt des Bürgermeisters?

Im Dezember 2017 war die Wahl und ab April habe ich angefangen, konkrete Vorbereitungen zu treffen. Ich bin von Gemeinderäten angesprochen worden, ob ich mir denn eine Kandidatur vorstellen könnte. Ich war hier Hauptamtsleiterin, was mir gut gefallen hat. Ich habe dann auch berufsbegleitend das Masterstudium angefangen und wusste, dass ich auf eine höhere Stelle möchte. In Gütenbach ist nach dem Hauptamt die nächsthöhere Stelle nur die Bürgermeisterstelle, aber die hatte ich nicht von Anfang an im Visier.

Sie waren davor schon Hauptamtsleiterin, auf dem Bauamt und auch Standesbeamtin. Inwiefern unterscheidet sich der Job der Bürgermeisterin von Ihren bisherigen Tätigkeiten?

Die Bürger nehmen mich jetzt natürlich viel stärker wahr. Die Aufgaben an sich sind eigentlich nicht großartig anders. Ich habe deutlich mehr Termine, zum Beispiel bei Jubilaren. Die Leute freuen sich wahnsinnig, wenn die Bürgermeisterin persönlich kommt. Zu den ganzen Vereinsveranstaltungen und Generalversammlungen gehe ich auch, wenn es irgendwie geht.

Also kein Bürojob von 8 bis 17 Uhr?

Nein, jeder Tag ist anders. Manchmal habe ich Tage ohne Termine. Dann sitze ich im Büro und kann Dinge aufarbeiten und vorbereiten. Und dann gibt es Tage, an denen ich von einem Termin zum anderen renne. Es kommt eben, wie es kommt.

Sie haben gesagt, dass Sie nicht nur verwalten, sondern auch gestalten wollen. Was sind die Pläne für die nächsten Jahre, was haben Sie sich vorgenommen?

Die Sanierung der Mehrzweckhalle und die Umgestaltung der Außenanlage. Das Gelände ist seit Mitte 2016 eine Baustelle, davon sind Schule und Kindergarten betroffen. Dort soll auch ein neuer Spielplatz hinkommen. Ein zweites Projekt ist ein Neubau in der Kreuzstraße für Feuerwehr und Gemeindeverwaltung. Vor allem bei der Feuerwehr herrscht dringender Handlungsbedarf. Aber auch hier im Rathaus herrscht Sanierungsstau.

Was sind für Sie die Herausforderungen für eine Kommune wie Gütenbach?

Die Herausforderung ist, für die Leute am Ort attraktiv zu bleiben, dass die Abwanderung nicht so stark ist und die Leute hier mit allem versorgt sind.

Was macht Gütenbach so besonders?

Wir haben den Vorteil, dass wir eine wunderschöne Natur um den Ort haben. Das Gemeinschaftsdenken ist hier viel stärker ausgeprägt als in Ballungsräumen. Was bei uns über die Vereine geleistet wird ist unvergleichbar. Den Sommer über sind laufend Feste. Gerade für junge Familien ist man bei uns auf dem Land deutlich besser aufgehoben als in einer Großstadt. Wir haben die Grundschule und den Kindergarten im Ort, um die sich ein großer Kreis ehrenamtlichen Engagements schließt.

Was bereitet Ihnen besondere Freude?

Mir machen die übergeordneten Themen Spaß: Dinge für den Gemeinderat vorbereiten, Sitzungen leiten, das Besprochene aufarbeiten. Auch die Bauprojekte machen mir großen Spaß. Paare verheiraten ist eine meiner Lieblingsaufgaben.

Und was macht Ihnen überhaupt keine Freude?

Typischer "Kleinkruscht" und Papierkram!

Wie sind Sie in der Männerwelt der Kommunalpolitik aufgenommen worden?

Bis jetzt ganz herzlich und angenehm, ich habe da bis jetzt noch keine Schwierigkeiten gehabt. Ich denke, die merken schnell, dass ich mein Amt sehr ernst nehme und konkret weiß, was ich voranbringen will.

Woran liegt es, dass so wenige Frauen Kommunalpolitik machen?

Viele Frauen trauen sich ein politisches Amt nicht zu oder haben einfach weniger Interesse daran. Pauschal kann ich das jedoch nicht beurteilen.

Sie sind die jüngste Bürgermeisterin in Baden-Württemberg. Welche Vorteile haben Sie dadurch? Andere Blickweisen?

Ich denke, eine junge Bürgermeisterin ist im Großen und Ganzen nichts Neues. Ich fühle mich der Aufgabe gewachsen. Ich möchte das nicht am Alter festmachen. Es hat ja auch schon genug Männer gegeben, die mit 25 Jahren kandidiert haben.

Sie leben in St. Georgen. Gibt es mittlerweile Pläne, dass Sie nach Gütenbach ziehen?

Mein privater Lebensmittelpunkt wird noch lange in St. Georgen bleiben. Mein Freund und ich stammen beide aus der Bergstadt, unsere Familien und Freunde leben dort, das wird sicherlich so bleiben. Ich bin im Tauchverein und im Trachtenmusikverein Langenschiltach. Ich habe aber die Möglichkeit, in Gütenbach zu übernachten, sodass ich stärker präsent sein kann. Dass mein privater Lebensmittelpunkt in St. Georgen ist, wird von den Gütenbachern nicht als problematisch angesehen.

Kennen Sie schon jeden Gütenbacher persönlich?

Nein, noch nicht (lacht). Aber es ist schon so, dass ich auf der Straße erkannt und angesprochen werde. Mir ist wichtig, dass man grüßt und dass die Möglichkeit besteht, mich anzusprechen. Das gehört für mich einfach dazu.

Info: Zur Person

Lisa Wolber stammt aus St. Georgen. Am 17. Dezember 2017 wurde sie mit 98,1 Prozent zur Bürgermeisterin von Gütenbach gewählt. Damit ist sie nicht nur die erste weibliche Amtsinhaberin im Schwarzwald-Baar-Kreis, sondern mit 29 Jahren auch die jüngste Bürgermeisterin Baden-Württembergs.

Nach der Fachhochschulreife an der Robert-Gerwig-Schule in Furtwangen absolvierte sie eine kaufmännische Ausbildung bei der Stadtverwaltung Villingen-Schwenningen. Dort war sie anschließend tätig. 2011 nahm sie ein Studium für den gehobenen Verwaltungsdienst an der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl auf. Danach sammelte sie 2014 erste Berufserfahrungen im Rottweiler Landratsamt. Bereits seit 2015 verantwortet Lisa Wolber im Gütenbacher Rathaus das Bauamt, Personalangelegenheiten und die Organisation der Gemeindeverwaltung. 2016 wurde sie zudem Standesbeamtin. Zusammen mit ihrem Partner Benjamin Hengstler wohnt sie in St. Georgen. Sie ist Mitglied im CDU-Stadtverband St. Georgen.