Zwei Wochen lang klingelten die Telefone nach Versand der Grundsteuerbescheide ununterbrochen: Die Geislinger und Rosenfelder hatten großen Beratungsbedarf. Wie viele Widersprüche hat es in den Städten gegeben?
Isabell Hinger und Oliver Juriatti leiten die Finanzverwaltungen der beiden Nachbarstädte. Sie berichten beispielsweise, wie die Bürger auf die Steuerbescheide reagiert haben und was die schwierigsten Hürden gewesen sind.
Wie viele Grundsteuerbescheide wurden verschickt?
Hinger: 3946
Juriatti: 3818
Wie viele Widersprüche gab es dagegen?
Hinger: Circa 50.
Juriatti: 14
Wie argumentierten die Bürger?
Hinger: Die Widersprüche wurden insbesondere wegen der Höhe des Messbetrages, Grundsteuerwerts oder Bodenrichtwerts, wegen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit, vor allem aber wegen der Höhe der Grundsteuer gestellt.
Juriatti: Den größten Teil nehmen Widersprüche gegen die Höhe der Grundsteuer ein, die nach Auffassung der Widerspruchsführer zu hoch sei. Weiter richteten sich Widersprüche gegen den Grundlagenbescheid des Finanzamts, der nicht korrekt sei. Dann gab es Widersprüche aufgrund Eigentumswechsels, der durch das Finanzamt gegenüber der Stadt noch nicht beschieden worden ist.
Wie viele Bescheide mussten neu berechnet werden?
Hinger: Von den Grundsteuerbescheiden der Stadt wurde keiner neu berechnet.
Juriatti: Zunächst keiner. Wenn voraussichtlich vier Änderungsbescheide des Finanzamts bei der Stadt eingehen – zuvor darf die Stadt nicht tätig werden – werden die Grundsteuerbescheide abgeändert.
Worauf beruhten diese berechtigten Widersprüche?
Hinger: Nach dem derzeitigen Stand gingen keine berechtigten Widersprüche gegen den Grundsteuerbescheid der Stadt Rosenfeld ein. Einige Widersprüche gingen aufgrund falscher oder veralteter Eigentümerdaten des Grundsteuermessbescheids des Finanzamts ein.
Juriatti: Gegen die Grundsteuerbescheide der Stadt Geislingen gab es keinen berechtigten Widerspruch, da in den vier Fällen Änderungen im Grundsteuermessbescheid als Grundlage für den städtischen Grundsteuerbescheid erfolgen müssen: Drei Mal wegen zwischenzeitlichem Eigentümerwechsel, einmal wegen doppelter Berücksichtigung eines Grundstücks, das eine Nutzung sowohl als Bauland als auch mit landwirtschaftlicher Nutzung vorsieht.
Wie groß war der Beratungsbedarf bei den Bürgern?
Hinger: Sehr groß. Für die GrundstückseigentümerInnen ist die Grundsteuerreform insgesamt schwer nachzuvollziehen. Darüber hinaus ist für viele Betroffenen nicht verständlich, weshalb sich die Grundsteuer nun veränderte und wieso eine Reform durchgeführt wurde. Auch war die Zuständigkeit im Widerspruchsverfahren gegen die Grundsteuermessbescheide des Finanzamtes ein Problem.
Juriatti: Sehr hoch. In den ersten beiden Wochen nach Zustellung der Grundsteuerbescheide klingelten die Telefone ununterbrochen. Ebenso sprachen viele Bürger persönlich vor.
Was war die häufigste Unklarheit?
Hinger: Insbesondere konnte nicht nachvollzogen werden, wie die neue festgesetzte Grundsteuer berechnet wird.
Juriatti: Ein zum Teil deutlich höherer Messbetrag als bisher, gerade bei alten Gebäuden mit größeren Grundstücken. Es haben sich zum Teil deutliche Verschiebungen ergeben. Ein weiterer Punkt waren Eigentumsänderungen zwischen 2022 bis 2024, die durch das Finanzamt gegenüber der Gemeinde vielfach noch nicht mitgeteilt und somit nicht berücksichtigt wurden.
Wie gut hat aus Ihrer Sicht die Umsetzung der neuen rechtlichen Grundlagen für die Grundsteuerberechnung geklappt?
Hinger: Insgesamt gut. Mit den einheitlichen Materialien des Gemeindetages waren die Informationen zum Verfahren aus unserer Sicht ausreichend. Dennoch war ein enormer telefonischer und persönlicher Beratungsbedarf vorhanden. Die beiden Mitarbeiterinnen des Steueramts konnten die Umstellung nur mit zeitlichem Mehraufwand und Engagement umsetzen, auch da zum Jahreswechsel die Wasser- und Abwasserabrechnung zeitgleich zur Grundsteuerreform anstand. Die fehlenden Grundsteuermessbescheide vom Finanzamt zur Grundsteuer A erwarten wir noch.
Juriatti: Im Ergebnis hat die Umsetzung dank eines sehr großen Engagements der zuständigen Sachbearbeiter sehr gut geklappt. Dies war jedoch nur mit einem Kraftakt und erheblichem, zusätzlichem, zeitlichem Engagement so möglich. Aufgrund noch nicht vollständig übermittelter Grundlagenbescheide des Finanzamts insbesondere bei den land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken konnte die Umsetzung noch nicht vollständig abgeschlossen werden. Die zeitgleiche Erstellung der Wasser- und Abwasserabrechnungen über den Jahreswechsel hinweg waren dabei eine zusätzliche Herausforderung.
Wo sehen Sie noch Verbesserungsmöglichkeiten für Grundsteuer 2026?
Hinger: Für das Jahr 2026 und die Folgejahre werden, wie bereits vor der Grundsteuerreform, die Grundsteuerbescheide nur bei Änderungen, zum Beispiel der Grundstückseigentümer, erstellt.
Juriatti: Es ist für das Jahr 2026 vorgesehen, dass für alle Steuerpflichtigen, die für das Kalenderjahr die gleiche Grundsteuer wie 2025 zu entrichten haben, durch öffentliche Bekanntmachung die Grundsteuer festgesetzt wird. Es wird erst im Änderungsfall wieder ein Grundsteuerbescheid versandt werden. Für eine Umstellung dieser Größenordnung in Zusammenspiel mit Finanzamt und Rechenzentrum ist dies in Geislingen wirklich sehr gut verlaufen. Für 2026 werden daher keine nennenswerten Schwierigkeiten gesehen.
Grundsteuer und Bodenrichtwert
Hebesatz Grundsteuer B Rosenfeld
325 Geislingen
305
Höchster Bodenrichtwert Rosenfeld
190 Geislingen
160