Für diesen Irrsinn bei der Grundsteuer fehlen einem Ehepaar in Weilersbach die Worte. Obwohl die nebeneinander liegenden Grundstücke fast gleichgroß sind, steigt bei einem die Steuer um 60 Prozent – beim anderen um satte 2600 Prozent.
Ein schönes Fleckchen Erde in Weilersbach hat sich das Ehepaar ausgesucht, um dort den Traum vom Eigenheim zu verwirklichen. Über die Gemeinde war der Bauplatz im Neubaugebiet Am Glöckenberg vermittelt worden. 2019 folgte der Einzug und 2025 schließlich der Schock – als nämlich die neuen Grundsteuerbescheide ins Haus flatterten.
Das Ehepaar, das aus beruflichen Gründen nicht namentlich in der Öffentlichkeit stehen möchte, hatte damals drei Grundstücke gekauft und zu zwei zusammengelegt – auf einem steht das Einfamilienhaus mitsamt Gartenanteil, auf dem zweiten das erweiterte, lediglich mit einer Hütte bebaute Gartengrundstück. „Das zweite Grundstück dient als Sicherheit für die Finanzierung unserer Immobilie“, erklären sie. Doch nun wird das Grundstück zum Klotz am Bein.
Obwohl die Grundstücke in etwa gleichgroß sind, müssen sie bei der Grundsteuer eine unfassbare Steigerung hinnehmen. Die Eigentümer legen die Bescheide auf den Tisch und rechnen vor: „Das ist eine Steigerung von über 2600 Prozent!“ Während sie bislang rund 33 Euro im Jahr zahlten, fordert die Stadtverwaltung von 2025 an über 900 Euro. Im Vergleich dazu fiel die Erhöhung beim bebauten Grundstück fast schon moderat aus: Da muss das Ehepaar nun 642 statt 406 Euro zahlen, also 60 Prozent mehr. Am Ende bleibt somit eine jährliche Mehrbelastung von über 1000 Euro und 250 Prozent.
Tatsächlicher Wert liege unter dem Bodenrichtwert
„Für uns ist das Willkür“, machen sie deutlich. Sie beklagen das „Raubrittertum in Deutschland“, schließlich seien die Grundstückswerte, die aus dem nun veranschlagten Bodenrichtwert hervorgehen, in dieser Höhe nie geflossen. „Wir haben die Grundstücke 2018 von einem Dritten gekauft, der tatsächliche Wert liegt weiter unter den genannten Bodenrichtwerten“, erklären sie. Dennoch sollen sie nun tiefer in die Tasche greifen – „einem Häuslebauer mit einem Kredit kann das unter Umständen das Genick brechen“.
Bislang galt den Unterlagen zufolge für das unbebaute Gelände ein Grundstückswert von rund 2000 Euro, nun liegt dieser – bei veranschlagten 200 Euro pro Quadratmeter – bei 165 000 Euro. Gezahlt hatte das Ehepaar im Durchschnitt aber lediglich 123 Euro pro Quadratmeter. Sie haben nun versucht, das zweite Grundstück zu verkaufen. Bislang aber ohne Erfolg. Denn aufgrund einer Hanglage sei es nicht so einfach, die Fläche zu bebauen. Guter Rat ist deshalb teuer.
Gutachter könnte eingeschaltet werden
Was also tun? Laut Rechtsanwalt Thomas Haller, Vorstand von „Haus & Grund Baden“, ist es in so einem Fall möglich, einen Gutachter zu beauftragen. Dieser könne feststellen, ob der vom Gutachterausschuss festgelegte Bodenrichtwert möglicherweise nicht korrekt ist. „Er muss aber 30 Prozent vom festgesetzten Wert abweichen, damit der Bodenrichtwert geändert wird“, so Haller.
Das sei grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls – bei solchen Gutachten gehe es dann um grundstücksspezifische Besonderheiten wie beispielsweise eine extreme Hanglage. „Dann kann so ein Gutachten Sinn machen“, erklärt der Rechtsanwalt. Er gibt aber auch zu Bedenken: Die Kosten des Gutachters bleiben beim Eigentümer. Damit ein Abänderungsanspruch zum 1. Januar 2025 geltend gemacht werden kann, muss der abgeänderte Wert bis zum 30. Juni festgestellt werden.
Verband fordert deutliches Nachsteuern
Für unbebaute aber baureife Grundstücke könne es mit der Einführung der Grundsteuer C dann irgendwann richtig teuer werden – Villingen-Schwenningen möchte sie zum 1. Januar 2026 einführen. Haller erläutert: „So soll der Bebauungsdruck erhöht werden.“
Grundsätzlich gebe es „krasse Verwerfungen“ zwischen Gewerbe- und Wohnflächen. Die Bodenrichtwerte in klassischen Gewerbegebieten seien natürlich niedriger – „wer da sein kleines Haus auf einem Wohngrundstück stehen hat, ist natürlich benachteiligt“. In seiner Funktion als Vorsitzender des Landesverbands der badischen Haus- Wohnungs- und Grundeigentümervereine fordert er ein „deutliches Nachsteuern“ des Landes, um „Ungerechtigkeiten abzufedern und auszugleichen“.
Auch läuft noch das Musterverfahren beim Bundesfinanzhof, weil gravierende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Grundsteuer B und dem modifizierten Bodenwertmodell geäußert wurden. Noch in diesem Jahr wird dort eine Entscheidung erwartet. Er ist überzeugt, dass das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht ist. „Das ist ein kleiner Lichtstreif am Horizont“, so Haller.