Der Bundesgerichtshof beendet mit einem Grundsatzurteil die juristische Auseinandersetzung über mutmaßliche Schleichwerbung bei der positiven Bewertung selbst gekaufter Produkte auf Instagram.
Karlsruhe - Die Influencerin Cathy Hummels darf auf Instagram selbst gekaufte Produkte empfehlen, ohne dies als Werbung kennzeichnen zu müssen. Das entschied jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) in einem komplexen Grundsatzurteil. Er beendete damit einen jahrelangen Streit, bei dem es viele widersprüchliche Gerichtsurteile unterer Instanzen gab. (AZ: I ZR 126/20 u.a.)
Cathy Hummels wurde bekannt als Ehefrau des Fußballers Mats Hummels, der sich jüngst jedoch von ihr getrennt hat. Geschäftlich ist Cathy Hummels aber längst selbst ein Promi. Als Influencerin beschäftigt sich die 33-Jährige auf ihrem Instagram-Account mit Mode, Reisen, Yoga und ihrem Sohn Ludwig. Ihr Kanal ist inzwischen von rund 641 000 Personen abonniert.
Der Verband sozialer Wettbewerb hatte Hummels abgemahnt
Verklagt wurde Hummels vom Verband sozialer Wettbewerb (vsw), der viele Influencerinnen wegen angeblicher „Schleichwerbung“ abmahnte. Auch bei Hummels monierte der Verband, dass Postings mit Tap Tags nicht generell als Werbung gekennzeichnet wurden. Beim ersten Anklicken eines Tap Tags wird in der Regel in einer Art Sprechblase der Hersteller einers präsentierten Produkts genannt. Beim zweiten Anklicken wird das Instagram-Profil des Herstellers aufgerufen.
Hummels kennzeichnete nur solche Posts als „bezahlte Partnerschaft“, für die sie bezahlt wurde. Sie lehnte aber eine Werbe-Kennzeichnung ab, wenn sie „aus purer Begeisterung“ auf die Hersteller von selbst gekauften Produkten hinwies.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung landete Hummels Fall nun beim BGH, ebenso wie die Fälle der Göttinger Fitness-Influencerin Luisa-Maxime Huss und der Hamburger Fashion-Influencerin Leonie Hanne.
Regeln gelten nun für alle Influencerinnen
Bei der Verkündung des Urteils an diesem Donnerstag stellte der Vorsitzende Richter Thomas Koch die Regeln vor, die nun für alle Influencerinnen gelten. Er differenzierte dabei zwischen Werbung für fremde Unternehmen (etwa Mode-Hersteller) und Werbung für das jeweils eigene Unternehmen von Cathy Hummels und Kolleginnen.
Zunächst muss laut Richter Koch immer festgestellt werden, ob überhaupt eine „geschäftliche Handlung“ vorliegt. Nur dann ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb anwendbar, das Schleichwerbung verbietet. Bei der Förderung fremder Unternehmen liege eine geschäftliche Handlung nicht nur dann vor, wenn Geld fließt. Es genüge bereits, dass eine Information einen „werblichen Überschuss“ aufweist. Dies sei, so Koch immer der Fall, wenn eine Influencerin mit Tap Tags auf eine Hersteller-Seite verlinke.
Bezahlte Posts müssen als Werbung gekennzeichnet werden
Dennoch muss Hummels die entsprechenden Posts aber nur dann als Werbung kennzeichnen, wenn sie dafür bezahlt wurde. Dies ergebe sich aus dem vorrangigen Telemediengesetz, so Koch. Kommunikation „ohne finanzielle Gegenleistung“ könne danach keine Schleichwerbung sein und dürfe deshalb auch nicht abgemahnt werden.
Zugleich, so fuhr Koch fort, förderten die Influencerinnen aber auch ihr eigenes Unternehmen. Sie machten das Interesse an ihrer Person über Werbeverträge zu Geld. Teilweise würden auf den Instagram-Accounts auch eigene Bücher oder Kurse der Influencerinnen beworben. Auch insoweit gelte also das Verbot der Schleichwerbung.
Eigenwerbung ist ohne weitere Hinweise zulässig
Gegen das Verbot haben Hummels, Huss und Hanne aber auch mit ihrer Eigenwerbung nicht verstoßen, weil ihre Instagram-Accounts klar als Marketing in eigener Sache erkennbar seien, so Richter Koch. Instagram-Nutzer wüssten genau, dass Influencerinnen mit Werbung Geld verdienen und jede Erhöhung der Abos und der Klickzahlen ihren Marktwert steigere. Eine ausdrückliche Kennzeichnung jeder einzelnen Nachricht als Werbung sei insofern nicht erforderlich.