Koalition verfügt im Landtag über insgesamt 71 Stimmen, Kretschmann braucht 70 zur Wahl.

Stuttgart - Die Wahl des ersten Grünen-Ministerpräsidenten in Deutschland wird knapp: Winfried Kretschmann braucht an diesem Donnerstag in geheimer Wahl 70 der 138 Abgeordnetenstimmen, um in Baden-Württemberg Regierungschef zu werden. Die Koalition von Grünen und SPD verfügt im Landtag über insgesamt 71 Stimmen, vier mehr als die bisher regierenden CDU und FDP zusammen. Am Donnerstag soll auch das rot-grüne Landeskabinett bestätigt und vereidigt werden.

Bei der Wahl des Ministerpräsidenten darf nicht mehr als einer der 36 Grünen-Abgeordneten oder der 35 Sozialdemokraten im Parlament fehlen oder mit Nein stimmen - sonst könnte Kretschmann bei der Wahl durchfallen. Es sind zwar unbegrenzt weitere Wahlgänge möglich, die Hürde bleibt aber unverändert hoch.

Der neue Landtag wird sich sechseinhalb Wochen nach der Wahl bereits an diesem Mittwoch konstituieren. Auch die Wahl des bisherigen Finanzministers Willi Stächele (CDU) zum neuen Landtagspräsident wird mit Spannung erwartet. Die CDU ist zwar künftig in der Opposition, sie stellt aber noch immer die stärkste Fraktion und hat nach parlamentarischem Brauch das Vorschlagsrecht. Die Nominierung ist bei Grünen und SPD wegen Stächeles Rolle beim Rückkauf der Landesanteile am Energiekonzern EnBW für 4,7 Milliarden Euro umstritten. Der bisherige Regierungschef Stefan Mappus (CDU) hatte den Rückkauf im Geheimen eingefädelt, Stächele ihn per Notbewilligungsrecht genehmigt und so den Landtag umgangen.

Für die Wahl des Landtagspräsidenten genügt die einfache Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen. Enthaltungen werden als nicht abgegebene Stimmen gezählt. Wie Grüne und SPD angesichts der EnBW-Vorgeschichte stimmen werden, ist aber noch nicht geklärt.

Sobald der Ministerpräsident gewählt ist, leistet er gegenüber dem Landtagspräsidenten den Amtseid. Danach stellt der Regierungschef seine Ministerliste vor, die dann vom Landtag bestätigt werden muss. Anschließend werden auch die neuen Ressortchefs vom Präsidenten vereidigt.