Dachbegrünungen wie hier auf dem Dach eines GaLa-Betriebes in Weinstadt verbessern auch die Wärmedämmung oder absorbieren die Hitze. Foto: Mierendorf

Durch die jüngste Novellierung der Landesbauordnung bekommen die Garten- und Landschaftsbauer ungewollt Konjunkturhilfe vom Staat. Dabei sind sie auch so schon gut ausgelastet.

Beim Thema Begrünung ist die Immobilienwirtschaft derzeit nicht sehr gut auf die Landespolitik zu sprechen. Vor allem die jüngste Novellierung der Landesbauordnung stößt in diesem Punkt auf Kritik. Darin heißt es wörtlich: ' Ist eine Begrünung von Grundstücken nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich, sind bauliche Anlagen zu begrünen (zum Beispiel durch Dach- oder Fassadenbegrünung), soweit ihre Beschaffenheit, Konstruktion und Gestaltung dies zulassen und die Maßnahme für die Bauherrin oder den Bauherrn wirtschaftlich zumutbar ist (§ 9 LBO).

Reiner Bierig, Geschäftsführer beim Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg, müsste sich eigentlich über soviel 'Konjunkturhilfe' aus der Politik für seine Mitgliedsbetriebe freuen. Zwar hält auch er Äußerungen wie 'Zwangsbegrünung' für maßlos überzogen. Die Landeshauptstadt war schon in den 80erJahren Vorreiter bei der Dachbegrünung, erinnert sich Bierig. Aber anstelle per Gesetz Zwang auf die Hauseigentümer auszuüben wäre es besser gewesen, entsprechende finanzielle Anreize zu schaffen.

Denn eine Dachbegrünung erfordert zusätzliche Investitionen. Zwischen 30 und 100 Euro pro Quadratmeter kann die Begrünung der Dachfläche zu Buche schlagen, die Kosten für die Statik noch gar nicht mitgerechnet. Allerdings dürfe bei dieser Kalkulation nicht vergessen werden, dass die Begrünung auch zu Einsparungen führen kann: Die Wärmedämmung verbessere sich deutlich und auch die Hitze werde absorbiert. Das spare im Sommer die Klimaanlage und im Winter Heizkosten.

Je grüner, um so lebenswerter

Auch die in Kommunen erhobenen Niederschlagsgebühren für das Abwasser könnten durch die Dachbegrünung sinken, rechnet Reiner Bierig vor. Ganz abgesehen davon, dass ein Dachgarten auch einen nicht zu unterschätzenden Erholungswert habe. Je mehr Grün in den Städten geschaffen wird, um so lebenswerter sind sie. Allerdings darf das nicht nur auf dem Rücken der Bürger ausgetragen werden. Hier müssen die Städte mit gutem Beispiel vorangehen, so Reiner Bierig. Doch das scheitere leider meist am Geld.

Auch ohne die novellierte Landesbauordnung und die 'Zwangsbegrünung' wird den Garten- und Landschaftsbaubetrieben nicht langweilig. Gegenüber dem zurückliegenden Jahr stieg der Umsatz der baden-württembergischen Unternehmen nochmals um zehn Prozent auf jetzt 1,3 Milliarden Euro. Den größten Anteil am Umsatz haben Privatkunden mit rund 57 Prozent. 'Unsere Mitgliedsbetriebe profitieren nach wie vor von dem niedrigen Zinsniveau und der allgemeinen Verunsicherung über die Krisenherde auf der Welt', ist die Erfahrung von Bierig.

Viele Kunden investierten lieber in den eigenen Garten als in Aktien oder eine Weltreise. Entsprechend gut ausgelastet sei auch die Branche. Trotz einem Mitarbeiterzuwachs von zehn Prozent gegenüber dem zurückliegenden Jahr auf aktuell 12 500 - davon allein 1300 Auszubildende - müssen Gartenbesitzer im Schnitt zwischen drei und vier Monaten warten, bis die Aufträge abgearbeitet sind. Zwar stieg auch die Anzahl der Betriebe in Baden-Württemberg auf mittlerweile 710, doch ein Problem bleibt: 'Der Fachkräftemangel ist für uns eine große Herausforderung.'

Die Industrie zahlt besser

Die Industrie bezahle einfach noch einen Tick besser, so Bierig. Dabei sei der Mindestlohn für die Branche überhaupt kein Thema: 'Der Stundenlohn in der untersten Lohngruppe liegt bei uns schon bei 9,20 Euro (Mindestlohn 8,50 Euro). Reiner Bierig ärgert es aber, dass es trotzdem immer wieder gelingt, den Mindestlohn zu unterbieten. In der Kritik vor allem öffentliche Auftraggeber, die die Pflege ihrer Grünanlagen ab einer bestimmten Größenordnung europaweit ausschreiben müssen und dann den billigsten Bieter nehmen, der oft die Leistung nur pauschal anbiete und wiederum an Subunternehmer vergebe, und so den Mindestlohn unterlaufe Aber auch Versuche, Arbeitskräfte aus dem europäischen Ausland für die Branche zu begeistern, erwiesen sich als schwierig: Von 21 spanischen Praktikanten begannen im zurückliegenden Jahr zwölf eine Ausbildung.

Aktuell seien noch fünf dabei. 'Wir versuchen natürlich auch Flüchtlingen eine Perspektive zu geben', erläutert Bierig. Das Hauptproblem sei aber die Sprache. Kein Wunder, dass diese Situation auch immer wieder schwarze Schafe ausnutzen. 'Die Klagen über schlechte Ausführung von landschaftsgärtnerischen Arbeiten nehmen in unserer Geschäftsstelle spürbar zu.' Durch diese Trittbrettfahrer werde viel Vertrauen kaputt gemacht, ärgert sich Reiner Bierig und appelliert an die Auftraggeber, sich vor der Auftragsvergabe über die Leistungsfähigkeit des Betriebes zu informieren.