Agrarminister Peter Hauk (CDU) hat im grünen Umweltministerium für einige Aufregung gesorgt. Foto: dpa

Zwischen dem schwarzen Agrar- und dem grünen Umweltministerium gibt es erneut einen Disput – jetzt darüber, wie viele Bannwälder ausgewiesen werden sollen. Auch atmosphärisch steht nicht alles zum Besten.

Stuttgart - Von einem Koalitionskrach will natürlich niemand sprechen, aber der weihnachtliche Frieden ist zwischen dem grünen Umweltministerium (UM) und dem schwarzen Ministerium für Ländlichen Raum (MLR) zuletzt doch etwas getrübt gewesen. Anlass war eine nicht abgesprochene Pressemitteilung von Agrarminister Peter Hauk (CDU): Man müsse es kritisch hinterfragen, so der Minister, wenn man weitere Bannwälder im Land ausweise – denn Holz speichere Kohlendioxid, das Einschlagen und die Nutzung des Holzes diene also dem Klimaschutz.

Naturschützer waren da sofort auf der höchsten aller Fichten: Sie sehen einen Verrat an den Zielen zum Natur- und Artenschutz, die sich das Land selbst auferlegt hat. In der geltenden Naturschutzstrategie ist nämlich festgelegt, dass bis 2020 zehn Prozent des Staatswalds forstlich nicht mehr genutzt werden sollen, weil Totholz eine wichtige Lebensgrundlage ist für viele Pilze, Pflanzen, Insekten und Vögel. Derzeit bleiben 5,1 Prozent des Staatswaldes sich selbst überlassen – es wäre also noch viel zu tun. Auch in der Bundes-Naturschutzoffensive 2020 ist das Ziel von zehn Prozent vorgegeben.

Der Koalitionsvertrag ist tatsächlich viel zurückhaltender

Bisweilen sind es aber kleine Wörter, die große Konsequenzen haben können. Isabel Kling, die Sprecherin des MLR, sagt: „Für uns ist der Koalitionsvertrag ausschlaggebend.“ Und dort heißt es auf Seite 102 tatsächlich wörtlich, dass „bis zu zehn Prozent“ des Staatswaldes ungenutzt bleiben sollen. Soll heißen: es können auch nur sieben oder acht Prozent sein. „Die Aussage des Ministers ist deshalb kein Angriff auf den Naturschutz“, sagt Isabel Kling: „Wir müssen Maßnahmen für den Klimawandel und Maßnahmen für den Naturschutz gegeneinander abwägen.“

Auch Staatssekretär Andre Baumann im Umweltministerium ist sichtlich bemüht, kein Öl ins Feuer zu gießen. Aber in der Sache sagt er schon: „Beim Nationalpark Schwarzwald haben wir das explizit untersucht, und das Ergebnis war eindeutig – die Stilllegung von Waldflächen hat kaum negative Auswirkungen auf das Klima. Auch Naturwälder speichern viel Kohlenstoff.“ Und Baumann kann nicht bestreiten, dass es Irritationen im Umweltministerium gab, weil sein Haus nicht zumindest vorab informiert wurde über Hauks Pressemitteilung. Das Thema Naturschutz war mit Beginn der grün-schwarzen Koalition vom Agrar- ins Umweltministerium hinübergewandert.

Isabel Kling sieht die fehlende Absprache nicht als so tragisch an. „Peter Hauk sagt immer: ‚CDU und Grüne bilden eine Koalition, sie haben nicht fusioniert.’“ Man dürfe und müsse also die manchmal unterschiedlichen Ansichten schon deutlich machen, das gehöre zur Politik dazu. Aber klar ist auch: nach dem Streit um das Thema Abschiebung Mitte Dezember schaut die Öffentlichkeit genau hin, ob es in der grün-schwarzen Koalition nicht doch kriselt.

Schon früher gab es Meinungsverschiedenheiten

Bei Umwelt- und Agrarministerium ist es im Übrigen nicht das erste Mal, dass die beiden Häuser, die ja direkt nebeneinander am Kernerplatz residieren und teilweise die gleichen Konferenzräume nutzen, aneinander geraten sind. Im Herbst wurde die Windkraft, zu deren Ausbau die CDU eine deutlich reserviertere Haltung als die Grünen einnehmen, gleich doppelt zum Streitfall. Erst ärgerte sich Peter Hauk darüber, dass sein Amtskollege Franz Untersteller (Grüne) in einem Rundbrief an die Kommunen einen grünen Tonfall hineingebracht habe, der den Kompromiss in den Koalitionsverhandlungen missachte. Dann war umgekehrt Untersteller sauer, als Peter Hauk den Landesbetrieb ForstBW anwies, Standorte für Windräder nur noch zu verpachten, wenn die nächste Wohnbebauung mindestens 1000 Meter entfernt liegt – zuvor galten 700 Meter, was mehr Standorte ermöglicht.

In beiden Fällen ist das Problem mittlerweile geklärt, und auch in der Frage um „zehn Prozent“ oder „bis zu zehn Prozent“ Bannwälder hätten sich Peter Hauk und Franz Untersteller kurz vor Weihnachten persönlich ausgetauscht, so Isabel Kling. „Das Verhältnis ist gut“, sagte sie noch – und verabschiedete sich in den Weihnachtsurlaub.