Die Schleusen am Neckar sollen verlängert werden für große Schiffe. Foto: dpa/Marijan Murat

Eine abgesagte Fachkonferenz führt zum Eklat: Grüne und CDU machen Bundesverkehrsminister Volker Wissing heftige Vorwürfe wegen eines Schifffahrtsweges.

Der Ausbau der 27 Neckarschleusen von Mannheim bis Plochingen zur Aufnahme von Güterschiffen mit 135 Metern Länge ist ein Herzensanliegen der hiesigen Wirtschaft und der Landesregierung. Nach einer Verwaltungsvereinbarung von 2007 war geplant, dass der Bund bis 2025 den entsprechenden Ausbau vornimmt. Auch im Bundesverkehrswegeplan 2030 steht die Maßnahme unter „vordringlichem Bedarf“. Doch Äußerungen von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) werden in Stuttgart so interpretiert, dass der Bund die Vereinbarung aufkündigen möchte und zunächst eine jetzt notwendige Schleusensanierung – vor allem der Wehre – vornehmen will, eine Verlängerung aber erst später.

Kopfschütteln in der Landeshauptstadt

In der Landeshauptstadt löst das Kopfschütteln aus. Eine für nächsten Montag von der Grünen- und der CDU-Fraktion anberaumte Fachkonferenz im Landtag zum Thema „Neckarschleusen zukunftsfähig sanieren und verlängern“ ist von Vertretern des Bundes abgesagt worden. Der Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz ist empört: „Es geht nicht, dass der Bund sich drücken will. Wir erwarten neue Terminvorschläge.“ Auch der CDU-Verkehrsexperte Thomas Dörflinger ist verärgert: „Wir bedauern sehr, dass die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes sich nicht imstande sah, an einem Fachgespräch mit Experten und Anrainerkommunen teilzunehmen.“ Eine Zusage sei zurückgezogen worden, mit solchem „Geplänkel“ verliere man nur Zeit.

Die nächste Chance erst in 50 Jahren?

Das Landesverkehrsministerium kann den Ärger der Parlamentarier nachvollziehen. Auf Anfrage teilt Ministeriumssprecherin Wenke Böhm mit, dass der Bund die erforderlichen Schleusensanierungen jetzt durchziehen wolle, „ohne zugleich die Schleusenkammern zu verlängern“. Aus Sicht des Landesministeriums wäre beides in „einem Aufwasch“ möglich. Eine Sanierung und Verlängerung in einem Zug hätte Mehrkosten von zehn Prozent verursacht, so die Sprecherin, sie wäre zeitgleich möglich gewesen. Mit der jetzigen Vorgehensweise sei das „Aus“ für den Neckarausbau faktisch besiegelt. Eine wirtschaftlich sinnvolle Perspektive für eine Schleusenverlängerung ergebe sich vermutlich erst in 50 bis 80 Jahren wieder, wenn die nächste Schleusensanierung anstehe. Die Äußerungen von Bundesverkehrsminister Volker Wissing, er sei für den Neckarausbau, lasse sich mit dieser Vorgehensweise nicht in Einklang bringen.

Eine Anfrage unserer Zeitung, wann die Schleusen verlängert und die Fachkonferenz nachgeholt werden sollen, beantwortet das Bundesverkehrsministerium nur teilweise. Termine nennt es nicht. Die Vorwürfe aus Stuttgart treffen laut dem Ministerium nicht zu. Man habe das Gespräch aus terminlichen Gründen abgesagt, auch weil es im Vorfeld mit dem Bundesministerium nicht rechtzeitig abgestimmt worden sei. Man setze sich sehr für die Binnenschifffahrt auf dem Neckar ein, aber „alle verfügbaren Ressourcen“ mussten bisher für Erhaltungsmaßnahmen verwendet werden. Seit 2007 habe man dafür 600 Millionen Euro investiert.

Vorwürfe an das Land

Das Bundesministerium habe ein Gesamtkonzept für die Weiterentwicklung der Neckarschifffahrt vorgeschlagen: „Derzeit stehen aber noch Beiträge des Landes Baden-Württemberg aus, die für die Konkretisierung des Konzeptes erforderlich sind. Das Land hat bisher nur Interesse an den Baumaßnahmen zum Ausbau für 135-Meter-Schiffe bekundet und keine weiteren Vorschläge gemacht.“