Bürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzender Ralf Ulbrich präsentiert die Pläne für die PV-Anlage. Beim Vor-Ort-Termin ebenfalls zu sehen (von links): Ulbrichs Vorstandsmitstreiter Florian Schumpp, Dietmar Maurer und Paul Hengstler. Foto: Marcel

Die Bürgerenergiegenossenschaft Deißlingen plant eine große PV-Anlage auf ehemaligen Gipsgruben und sucht weitere Mitstreiter.

BED plant eine große PV-Anlage auf den ehemaligen Gipsgruben. Eine PV-Anlage, die dreimal so viel Sonnenstrom produziert, wie Deißlingen und Lauffen verbrauchen. Oder so viel, wie die Firma Knauf Gips verbrauchen würde, würde man von Gas komplett auf Strom umstellen. Die zudem auf aufgeschütteten, renaturierten Gipsgruben steht, weit weg von Straßen und Häusern, so dass sie nicht stört.

 

Eine solche Anlage baut die Bürgerenergiegenossenschaft Deißlingen (BED) auf dem Gewann Primholz. 15 Hektar groß.

Für die BED ist das Projekt eine riesige Herausforderung, das machten Dietmar Maurer und Paul Hengstler deutlich: Immerhin geht es um eine Investition von zehn bis elf Millionen Euro. Da der Strom möglichst direkt an die Industrie nebenan verkauft werden soll, agiert die Genossenschaft dann auch als Energieversorger.

Weitere Mitglieder gesucht

Mit alldem wäre der ehrenamtlich tätige Vorstand überfordert, darum hat man sich als Profis die Firma wpd, spezialisiert auf Wind- und Solarparks, ins Boot geholt, die mit 49 Prozent ins Projekt einsteigt.

Die Gemeinde Deißlingen übernimmt zehn Prozent, so dass an der BED etwa 1,5 Millionen Euro hängen bleiben. Die wiederum von den Mitgliedern eingebracht werden sollen, derzeit sind dies 450 Menschen.

Um das Projekt zu realisieren, braucht die Genossenschaft mehr Mitglieder, denen man wiederum verspricht, ihre Einlagen wenn irgend möglich wie bisher zu drei Prozent zu verzinsen. Die mögliche Höhe der Einlagen möchte man auch ausbauen, auf dann 50 000 Euro, wie Paul Hengstler betonte. Doch es bleibt dabei: Großinvestoren will man nicht dabei haben, die BED will ihrem Namen und ihrer Idee treu bleiben und eben eine Bürgergenossenschaft bleiben.

Eine riesige Herausforderung vor allem für die neun ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder der BED, denn das Geld wird erst gebraucht, wenn die Anlage hingestellt wird, also etwa Ende 2026.

Stromnetz gerät ans Limit

Im Moment habe man in der „Portokasse“ (Hengstler) genug, um die Planung zu finanzieren. Also wäre es perfekt, wenn die Leute ihre Anteile erst dann kaufen, wenn die Anlage fertig sei, damit eine Dividende drin sei.

Spannend ist das Projekt auch insofern, weil die ENRW mit den 15 bis 20 Megawatt, die die Anlage produzieren will, mit ihrem Stromnetz ans Limit kommen wird. Batteriespeicher seien angedacht, das betonte Bürgermeister Ralf Ulbrich, Aufsichtsratsvorsitzender der BED.

Zwar hat sich die Situation in den zwei Jahren seit Planungsbeginn komplett gedreht: Damals waren Speicher enorm teuer, Netzüberlastung hingegen kein Thema. Eben darum auch die Idee, den Strom direkt an die Industrie, die es ja gleich nebenan gibt, zu verkaufen.

Knauf zeigt Interesse

Mark Aretz, Werksleiter von Knauf, zeigte sich offen dafür, man müsse ohnehin weg vom Gas hin zu Nachhaltigem wie Ökostrom. „Für uns wäre es gut, wenn wir alles von hier beziehen könnten.“ Aber da ist die Politik: „Derzeit weiß keiner, wohin es geht.“

Große Speicher bräuchte man, eine Millioneninvestition, die sich wohl langfristig auch lohnen könne. Vom Gas müsse man eben weg, und die ENRW sei derzeit nicht in der Lage, genug Strom zur Verfügung zu stellen. Immerhin arbeiten die Gips-Kocher mit 1000 Grad Celsius, und die lassen sich nicht einfach schnell rauf- oder runter regulieren.

Viele Unwägbarkeiten gibt es also noch, dennoch hat sich die BED entschieden, das Projekt zu stemmen. Schließlich sei man ja dafür angetreten, den Klimawandel vor Ort voranzubringen. Paul Hengstler nannte das Projekt ein „schweres Kreuz“. „Aber wir haben versprochen, dass wir die Herausforderung erfüllen können.“

Ziel: Start in zwei Jahren

Die Rückendeckung der Gemeinde hat die BED, der Gemeinderat hat sich einstimmig für die Anlage ausgesprochen. Los gehen wird es in der zweiten Jahreshälfte 2026, das versprach Bürgermeister Ulbrich. Die untere Naturschutzbehörde schaut derzeit nach Flora und Fauna, danach geht es an die Ausschreibungen.

Und die BED macht sich an die Suche nach Mitstreitern, mit Werbung im Deißlinger Anzeiger und Mund-zu-Mund-Propaganda, wie Vorstandsmitglied Florian Schumpp aufforderte: „Verzellet se’s!“ Schließlich sollen sich, so Ulbrich, in zwei Jahren die ersten Zähler drehen.