Das lange, coronabedingte Warten hat ein Ende: Morgen kann Oliver Saia endlich offiziell in sein Amt als neuer evangelischer Pfarrer von Haigerloch eingesetzt werden. Foto: Kötting

Der morgige Sonntag wird für Oliver Saia ein bedeutender Tag. Im Gottesdienst ab 10 Uhr feiert er seine Investitur als Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Haigerloch.

Haigerloch - Eine gute Gelegenheit, um mit dem 34-Jährigen über ihn selbst und die ungewöhnlichen Herausforderungen der Corona-Krise zu sprechen. Die Pfarrstelle hat er vergangenes Jahr praktisch mit dem Ausbruch der Pandemie übernommen, da war viel Improvisationstalent gefragt.

Herr Saia, jetzt wird‘s langsam Zeit mit der Amtseinsetzung.

Ja, das stimmt. Ich bin seit dem 1. März 2020 hier – zunächst für ein Jahr. Die Investitur hätte dann eigentlich gleich in den ersten Wochen im März 2021 stattfinden müssen, nachdem schnell deutlich wurde, dass sowohl die Gemeinde mein Bleiben wünscht, und auch meine Frau und ich gerne hier bleiben wollen. Nur: Wegen Corona war die Investitur einfach nicht möglich. Eine Investitur ist aber kein Gottesdienst, den man so geschwind digital machen kann. Es geht – flapsig gesagt – darum, dass das mit Handschlag passiert und mir der Dekan zum Segen die Hände auflegt.

Erklären sie mal einem Laien ihre genaue berufliche Stellung.

Pfarrer :-). Aber seit März diesen Jahres ist meine dreijährige Zeit als Pfarrer zur Anstellung zu Ende – mein Probedienst ist überstanden. Während meiner Zeit in Balingen (Anm. der Red: seit März 2018) habe ich viele unterschiedliche Aufgaben wahrgenommen, sozusagen Springerdienste. Dabei habe ich auch einen Konfirmationsjahrgang in Haigerloch betreut und bin immer mittwochs hierher zum Unterricht gefahren. Das waren die ersten Kontakte zu Stadt und Kirchengemeinde.

Wie fiel die Entscheidung, die Nachfolge von Pfarrerin Dorothee anzutreten?

Wenn ich Gottesdienste in Haigerloch gehalten habe, bin ich immer wieder und von verschiedenen Seiten darauf angesprochen worden, ob ich nicht Lust hätte hierher zu kommen. Unter anderem waren es auch Einschätzungen wie die von Dekan Beatus Widmann und dem jetzigen Kirchengemeinderatsvorsitzenden Stephan Heesen, die mir Mut machten: Das könnte passen! Wenn man das öfters hört, fängt man an, das zu glauben (lacht).

Hat sich das bestätigt?

Ja. Ehrlich gesagt schon. Ich habe in meiner neuen Gemeinde viele wunderbare Leute kennenlernen dürfen, die sich gefreut haben, dass die Kirchengemeinde nach der Vakanz wieder lebt. Die Gemeinde hier ist unglaublich bunt und fröhlich. Diese Vielseitigkeit macht den Reiz und auch die Stärke dieser Gemeinde aus – und ich glaube wirklich, ich passe da hinein. Mir ist wichtig, dass ich nicht nur der Pfarrer für "die Jungen" oder "die Alten" oder die oder jene Gruppe von Menschen bin, sondern für alle ein offenes Ohr habe.

Sie sind jetzt anderthalb Jahre da – das Highlight in dieser Zeit?

Die Gemeinde. Und dass sie bereit ist, sich auf einen Weg zu machen. Eine der Stärken einer Kirchengemeinde ist ja, dass man im Kopf beweglich bleibt. Und das war gerade während den letzten anderthalb Corona-Jahren besonders wichtig. Erntedankfest im Pferdestall in Gruol, Gottesdienste vor und nicht in der Abendmahlskirche oder beim Trillfinger Schützenhaus – die Gemeinde hat fröhlich und gerne manches Ungewöhnliche mitgetragen.

Haben Sie sich auf den morgigen Tag vorbereitet?

Ich muss zugeben, dass es mir diese Woche kaum gelungen ist, mich richtig mit meiner Investitur zu beschäftigen. Sie ereilt mich quasi im vollen Lauf der Woche: Elternabende, Taufgespräche, Konferenzen, neue Kolleginnen an den Schulen und die anstehende Konfirmation und Termine mit der Architektin – eine Kirchengemeinderatssitzung hatten wir auch noch… Ach ja, am heutigen Samstag traue ich außerdem in meinem Heimatort Feldrennach bei Straubenhardt auch noch einen alten Freund.

Was wünschen sie sich für den Sonntag?

Ich wünsche mir ein Fest mit der Gemeinde. Eine Investitur ist für mich nichts Alltägliches. Aber mit dem Blick aufs Wetter bleibt die Frage, wie unbekümmert die Feier wird, wenn wir voraussichtlich ins Gemeindehaus ausweichen müssen. Platzmangel ist bei uns seit Corona ein akutes Problem. Ich schicke nicht gerne Menschen weg.

Werfen wir zum Schluss einen Blick in die Zukunft. Was sehen Sie als wichtige Aufgaben an?

Kirche bauen beziehungsweise mitbauen. Also zum einen das Kirchendach, zum anderen aber die Kirchengemeinde selber. Ich möchte nicht nur ein dichtes Dach auf der Abendmahlskirche, sondern vor allem eine Gemeinde, die bereit ist, zu gestalten – und auch gestaltet zu werden. Und zwar so, dass sie nicht nur heute sondern auch morgen ein Ort sein kann, wo Menschen sich willkommen, akzeptiert und angenommen wissen dürfen. Nach meinen bisherigen Erfahrungen mit all den Menschen meiner Gemeinde und in Haigerloch bin ich guten Mutes, dass das gelingt.