Die „Vorhut“ der Geschwister Weisheit war am Wochenende in Ergenzingen zu Gast, von links: Senior Rudi Weisheit mit Gattin Edeltraud, rechts: Peter Mario Weisheit und Gattin Heike. Foto: Klaus Ranft

Sie zählen sich zu den besten Hochseilartisten der Welt, bieten Europas größte Hochseilshow, feiern in diesem Jahr ihr 125-jähriges Bestehen in sechster Generation und gastieren im Rahmen ihrer Jubiläums-Tournee unter anderem auch in Ergenzingen.

Die Rede ist von den Geschwistern Weisheit aus dem thüringischen Gotha, die zum größten Rottenburger Stadtteil ein ganz besonderes Verhältnis haben.

 

1987, zu Zeiten des Eisernen Vorhangs, lernte der Ergenzinger Friseurmeister Manfred Schäfer beim Volksfest in der späteren Partnergemeinde Gols in Österreich die Hochseiltruppe kennen und bat den damaligen Chef Rudi Weisheit, doch zu prüfen, ob er mit seinen Artisten nicht auch einmal beim Ergenzinger Pfingstturnier auftreten könne. Das war aber damals nicht ganz so einfach, erinnerte sich Peter Mario Weisheit, der zusammen mit seinem Bruder Andre seit 2010 die Geschäfte führt. Die Bundesrepublik war „NSW – nicht sozialistisches Wirtschaftsgebiet“, aber die großen Verdienste und der Kunstpreis der DDR hätten letztlich wohl ausgereicht, um in der Bundesrepublik auftreten zu dürfen. Nach der Wende wurden sie noch Preisträger in Monte Carlo, Rudi Weisheit erhielt den Thüringer Verdienstorden und wurde 2023 Ehrenbürger seiner Heimatstadt Gotha.

Schon 1988 in Ergenzingen

1988 war es dann so weit. Die Hochseiltruppe gastierte in Ergenzingen und trug im Rahmenprogramm des Pfingstturniers maßgebend zum Erfolg von Letzterem bei. Einmal in der Bundesrepublik, nutzten Rudi Weisheit und seine Crew die Gunst der Stunde.

Die Artistenfamilie wollte schon längere Zeit einen hydraulischen Hochmast anschaffen, der sich auf 62 Meter Höhe ausfahren ließ. „Das war für uns damals auch wirtschaftlich überlebensnotwendig“, sagten Senior Rudi und Sohn Peter Mario Weisheit anlässlich eines Besuches in Ergenzingen übereinstimmend. Aber trotz voller Auftragsbücher, die man den Banken vorgelegt habe, hätten Letztere einfach nicht mitgespielt.

Unterstützend sprangen dann von Ergenzinger Seite der damalige Ortsvorsteher Meinrad Grammer, Bäckermeister Hermann Baur, Manfred Schäfer und weitere Bürger ein und so konnte der Hochmast noch im Winter 1989 angeschafft werden. Darüber zeigt sich die Artistenfamilie auch noch in heutiger Zeit bei jeder Gelegenheit den Ergenzingern gegenüber äußerst dankbar.

Zumindest die älteren Mitbürger erinnern sich noch gerne an das Jahr 1991, in welchem die Geschwister Weisheit zum zweiten Mal im Gäu gastierten. Damals spielte Andre Weisheit bei schwankender Mastpeitsche in 62 Metern Höhe ein Trompetensolo. Er machte dieses Kunststück seinem Vater Rudi nach, der dasselbe Spektakel bereits 1960 in 48 Meter Höhe bot. Die guten gegenseitigen Beziehungen sorgten dann auch dafür, dass die Hochseiltruppe 1996 ein drittes Mal beim Ergenzinger Pfingstturnier auftrat und vor allem Meinrad Grammer und seine Gattin Erika pflegten diese Freundschaft auch weiterhin.

Letzterer ist es auch zu verdanken, dass die Geschwister Weisheit ihre 125-jährige Familientradition auf dem Hochseil am 5. und 6. Juli dieses Jahres auch in Ergenzingen auf dem Sportgelände im Rahmen des „Bitzer Cups“ pflegen.

„Fünf-Personen-Pyramide“

Dazu waren am vergangenen Wochenende Senior Rudi Weisheit mit Gattin Edeltraud und Sohn Peter Mario mit seiner Frau Heike nach Ergenzingen gereist, unter anderem auch, um sich vor Ort umzuschauen. Als besondere Highlights der zwölfköpfigen Artistengruppe, die allesamt Familienmitglieder sind, und nach wie vor von Edeltraud und Rudi Weisheit unterstützt werden, bezeichnete Peter Mario die „Fünf-Personen-Pyramide“ auf dem Hochseil, die sie als einziges Hochseilensemble der Welt unter freiem Himmel präsentieren würden. Aber auch die legendäre Fahrt mit dem Steigrad sei ein hinreißendes Schauspiel. Vom 62 Meter hohen Teleskopmast würden Natalja und Max grüßen und weltweit einmalig sei auch die Hochstartanlage in zwölf Metern Höhe, auf der mit drei Motorrädern auf Seilen gestartet werde. In 40 Metern Höhe würden die Artisten einzigartige Stunts über den Köpfen der Zuschauer präsentieren. Höhepunkt aber sei die große Motorradpyramide mit vier Artisten an und unterhalb der Motorräder. Unter dem Motto „Anno dazumal“ entführe die Hochseiltruppe die Besucher aber auch in die Vergangenheit und wer wolle, dürfe auch gerne einmal versuchen, über ein Seil zu laufen.

Last but not least dürfen sich die Besucher auf die Geschwister Weisheit, die auch noch einen Schuss „Traber-Blut“ in ihren Adern haben, freuen. Der als Gründer der Hochseilgruppe geltende Friedrich Wilhelm Weisheit, war nämlich mit der Traber-Tochter Maria verheiratet.