110 Kunden hat Bioenergie Grosselfingen in Grosselfingen. Hier sitzen viele der Kunden im Saal des Feuerwehrhauses, um sich anzuhören, was Geschäftsführer Jörg Dürr-Pucher ihnen mitzuteilen hat. Unterm Strich wollte Dürr-Pucher einfach mehr Geld für die Kilowattstunde. Fotos: Dick Foto: Schwarzwälder-Bote

Bioenergie: Geschäftsführer hofft auf mehr Geld von Grosselfinger Kunden, um Pleite abzuwenden

Ende September flatterte den "Bioenergie Grosselfingen"-Kunden ein Schreiben des Anbieters ins Haus. Betreff: "Wärmenetz – wir müssen miteinander reden". Grund: Der Energie-Anbieter schreibt Verluste und will die Kunden überzeugen, freiwillig mehr zu zahlen.

Grosselfingen. "Bitte kommen Sie am Donnerstag, 5. Oktober 2017, um 19 Uhr ins Feuerwehrhaus." Man müsse reden, um die Lasten fair zu verteilen, heißt es im Brief unter anderem. Der Saal im Feuerwehrhaus war an dem Abend dann bis auf den letzten Platz gefüllt – mit erbosten, aber auch verständnisvollen Kunden von Bioenergie Grosselfingen. "Bauernfängerei" und "Sauerei" und ähnliche Worte fielen im Gemurmel auf den Zuschauerplätzen.

Zunächst erklärte "Bioenergie Grosselfingen"-Geschäftsführer Jörg Dürr-Pucher – der hatte auch das Schreiben vom September verfasst – , die Situation seiner Firma, übrigens einer Tochter von "Solarcomplex" mit Sitz in Singen. Seit 2014, da sei der Ölpreis eingebrochen, schreibe die Firma Verluste, so Dürr-Pucher. "Wir machen nur noch etwa 100 000 Euro Umsatz in Grosselfingen." Das sei etwa die Hälfte der Summe, mit der man bei Vertragsabschluss mit den Kunden im Jahr 2008 gerechnet habe. Und das "können wir keine weiteren zehn Jahre durchhalten", sagte Dürr-Pucher. Denn der Vertrag, der damals gemacht wurde, hat eine Laufzeit von 20 Jahren.

Und der Vertrag sah außerdem vor, dass der Arbeitspreis bei zunächst 6,9 Cent pro Kilowattstunde liege, mit einer linearen jährlichen Preissteigerung von 3,5 Prozent. Der Haken: Eine weitere Klausel besagt, dass der Energiepreis jedoch immer unter dem des Ölpreises liegen würde. Der Kunde Josef Fritz verrät: "Es geht dabei um zehn Prozent, die der Preis unter dem des Ölpreises liegt." Und da der Ölpreis eben seit Jahren niedrig ist, ist auch die Kilowattstunde bei Bioenergie Grosselfingen günstig. Im Jahr 2016 lag sie bei 4,33 Cent pro Kilowattstunde. So kommt es zu den Verlusten.

Einen "Lösungsvorschlag" für das Dilemma der Firma stellte Dürr-Pucher seinen Zuhörern auch gleich vor: Als Mindestpreis solle der ursprüngliche Vertragspreis von 6,9 Cent von den Kunden akzeptiert werden. Im Gegenzug würde die Firma bis zum Ende der Vertragslaufzeit im Jahr 2028 einen Höchstpreis von 9,9 Cent anbieten. Damit würde die 10-Cent-Grenze nicht mehr überschritten, die im 2020 eingetreten wäre, wenn die lineare Preissteigerung von 3,5 Prozent gegriffen hätte. Dies sei eine Vertragsergänzung, die die Ölpreis-Garantie abschwächt aber nicht aufhebt, meinte Dürr-Pucher.

Man hoffe nun auf das Verständnis der Kunden, die die Vertragsergänzungen akzeptieren können – oder eben nicht. Alles könne nur auf freiwilliger Basis geschehen, Vertrag sei Vertrag, und es gebe offenbar auch Kunden, die schon Rechtsanwälte eingeschaltet haben. Man werde in Kürze an alle 110 Grosselfinger Kunden ein Schreiben schicken, in dem die neuen Konditionen festgehalten sind und in dem auch eventuell Anregungen aus der Diskussion des Abends eingearbeitet seien.

Fragen an Dürr-Pucher aus dem Publikum waren etwa: "Was passiert, wenn niemand den neuen Konditionen zustimmt?" "Im schlimmsten fall die Pleite der Firma", antwortete Dürr-Pucher. Oder "Was zahlt eine Durchschnittsfamilie dann nach dem neuen Vertrag mehr im Jahr?" Dürr-Pucher: "Etwa 500 Euro." Ein Zuschauer bezeichnete die Vertragsergänzungen als "Friss-oder-stirb-Angebot", ein anderer wollte die "Zahlen" der Firma sehen.

Der Geschäftsführer entschuldigte sich mehrfach bei den Kunden für die Situation. Bei Vertragsabschluss 2008 sei die Firma "dumm, mutig, übermütig gewesen – was auch immer." Man habe damals einfach noch zu wenig Erfahrung gehabt.