Gericht spricht nur alle fünf Jahre seine Urteile. Wir verraten, was Besucher am 23. Februar erwartet.
Grosselfingen - Nur alle fünf Jahre spricht das Narrengericht in Grosselfingen seine Urteile. Am Sonntag, 24. Februar, ist es wieder so weit. Wir verraten, worauf sich die Besucher freuen dürfen.
1. Dem Spiel voraus geht das Rombalga
Schon einen Tag vor dem eigentlichen Spiel geht’s am Samstag, 23. Februar, los mit dem "Rombalga". Es ist die lautstarke Bekanntmachung, dass das Narrengericht beginnt. Butzen, Trommler, Pfeifer und allen voran die Hanswürste ziehen durch die Straßen Grosselfingens, um das Spiel zu verkünden, und zwar mit einem Spruch. Ein Ausschnitt davon: "Euch Brüder sei es etwas alt’s, dass morgen unser Jahrtag ist. Unser’m hießigen Vogt, Pfarr’ und Richteramt, dem sei die Sache auch bekannt." Und weiter: "Euch Weibern will ich auch etwas sagen, unsere Butzen tun sich gern an’ Krauthafen wagen. Drum versteckt ihn an einem sicheren Ort, am besten vor der Haustüre dort, sonst nehmen ihn die Butzen fort." Dem Zug der Hanswürste folgen zahlreiche Kinder, die von diesen Dienern des Venezianischen Reichs viele Süßigkeiten erhalten.
2. Spieler misten den Saustall aus
Einen Tag später stellen sich die Mitspieler zum Zug auf dem Marktplatz auf. Die Spieler holen zuerst den Fähnrich mit Standarte ab, danach die Majore (Ankläger), darauf die Bäder und den Narrenvogt. In seiner Wohnung misten sie aus: Aus dem Fenster werfen sie dann einen Weihnachtsbaum und sonstigen "Unrat". Dieser hält eine Ansprache: Dabei gedenkt er der Grosselfinger Mitbürger in aller Welt, die nicht mehr im Ort wohnen. Außerdem ermahnt er die Spieler, ihr Bestes zu geben und dabei die Grenzen des Erlaubten nicht zu überschreiten. Die Begrüßung des Narrenvogts, "Guten Morgen Ihr Brüder", beantworten viele Hundert Stimmen.
3. Der Zug geht auf den Marktplatz
Nach der Ansprache des Narrenvogts geht der Zug weiter durch die Bruderschaftsgasse zum Marktplatz. Der in seiner Art einmalige und farbenprächtige Zug besteht aus 42 verschiedenen Chargen (Gruppen). Nicht beim Zug dabei sind die Gassenrollen (Geiger, Wegräumer und Hanswürste). Sie laufen wild durcheinander. Gemein haben alle Mitwirkenden eine Kopfbedeckung mit dem Schriftzug "H.v.V.", will heißen: "Herrn von Venedig".
4. Die Proklamation der Reichsordnung
Zugführer oder Platzmajor verkünden die Reichsordnung. Damit wird die Gemarkung Grosselfingen zum "Venezianischen Reich" erklärt: Alle Macht mitsamt der Gerichtsbarkeit ist auf das Narrengericht übergegangen. Dessen Gesetzen unterliegen alle Anwesenden.
5. Der Bäderruf
Die Bäder treten vor zum Badverruf. Sie kündigen in ihrer Rede die Ankunft des Sommervogels an, der so heißt, weil er den Sommer bringt. Sie drohen dem, der den Vogel stiehlt, mit dem Narrengericht.
6. Tanz der Stabläufer
Nach dem Badruf ziehen die Gerichtsherren ins Gerichtsgebäude in der Alten Schule ein. Voraus geht der "hochgrobgroßgünstige Narrenvogt", begleitet von seinen Pagen, von seinen Ratgebern, den Magistraten, den Majoren (Anklägern), den Redmännern (Verteidigern), den Doktoren (Ärzte, die den Gesundheitszustand der Angeklagten kennen), den Furieren (Gerichtsschreibern) sowie den Grünen Husaren (Leibwache des Vogts). Während die Mitglieder des Gerichts platznehmen, tanzen auf dem Marktplatz Stabläufer und Butzen miteinander. Danach singen die Tiroler.
7. Missetäter werden verhaftet
Jetzt werden die Spieler auf dem Marktplatz zweigeteilt: Die eine Gruppe holt den Krauthafen im Pfarrheim. Die andere zieht vor Lokale und das Rathaus, wo Missetäter vermutet werden.
8. Das Gericht
Während draußen die Missetäter gesucht werden, verhandelt das Gericht schon die ersten Fälle. Der Vogt wendet sich den Delinquenten mit der Frage zu, welche Un- und Guttaten sie begangen oder unterlassen haben. Die Delinquenten sind sich keiner Schuld bewusst. Zu ihrem Erschrecken schildert der Major Verschwörungen und Verrat. Dem Angeklagten droht die Todesstrafe. Der Redmann verteidigt seinen 'Mandanten': Er verweist zum Beispiel auf das reumütige Geständnis des Delinquenten. Halsstarrige Missetäter (die ihre Taten nicht zugeben wollen) können auf Antrag des Magistrats einer medizinischen Untersuchung unterzogen werden. Der Befund könnte lauten: "Staubansammlung im linken Herzen wandert ununterbrochen zum Gehirn. So weist der Geisteszustand nur noch Schatten auf."
9. Spiel mit dem Sommervogel
Und wieder kommt der Sommervogel ins Spiel: Er tritt in Gestalt einer weißen Taube auf und symbolisiert das Ende der kalten Jahreszeit. Dieser Spielabschnitt setzt den Kampf zwischen Sommer und Winter, zwischen Gesundheit und Krankheit, Recht und Unrecht, Gut und Böse in Szene. Bewacht wird der Vogel von den Wehrern. In einem Dialog äußert sich der Gemeindevogt (Bürgermeister) mehrfach negativ über den Sommervogel. Die Taube wird von den Verführern abgelenkt und mit einem Trunk zum Ungehorsam verführt. Die listigen Räuber können den Sommervogel ungesehen stehlen. Darauf verfallen alle Spieler in großes Jammern, zerstört doch der Verlust des Sommervogels jede Hoffnung auf ein Ende des Winters. Die Räuber werden verfolgt und gefangen genommen. Die Verhandlung vor dem Narrengericht findet unter freiem Himmel statt. Der Räuber wird zum Tode verurteilt und der Vogel freigelassen. "Das Gute hat gesiegt, das Böse ist gerichtet. Der Sommervogel fliege frei, und bringe uns den Frühling herbei", ruft der Vogt.