Die Aufzuchtferkel stehen auf dem Lindenhof auf Stroh und genießen die frische Luft.6: Auf dem Lindenhof haben die Schweine mit Stroh bedeckte Ausläufe und kriegen viel frische Luft.7: Ein Graffiti von Sohn Samuel, 13 Jahre alt. Foto: Witte

Schweine auf Lindenhof genießen frische Luft und Stroh. Hof orientiert sich an Bio-Kriterien.

Grosselfingen - Der Bundesrat hat diesen Monat neuen Regeln für die Schweinehaltung zugestimmt. Die umstrittene Fixierung von Sauen in Kastenständen soll nach einer Übergangszeit nicht mehr zulässig sein. Wir haben den Lindenhof besucht um zu erfahren, wie die politischen Vorgaben bei einem Nutztierhalter ankommen.

Sibylle Karsch empfängt auf dem Bauernhof ihrer Familie gerne Gäste, um diese herumzuführen und ihnen Wissen über die Haltung von Schweinen zu vermitteln. Innerhalb der Erzeugerorganisation der Fleischmarke Hofglück hat sie auch eine beratende Funktion für Betriebe inne, denen sie bei der Umstellung zu tierfreundlicherer Haltung hilft.

Hof orientiert sich an Bio-Kriterien

Karsch lächelt, als wir auf ihren Hof fahren und schlägt gleich den Weg zu den Aufzuchtferkeln im Auslaufstall ein. Die Tiere dürfen ihren Ringelschwanz behalten und stehen draußen, auf Stroh – eine der Voraussetzungen, um das Fleisch unter dem Tierschutzlabel Hofglück verkaufen zu dürfen, wie es Familie Karsch tut. "Das Stroh sorgt für Beschäftigung bei den Tieren und vermindert die Gefahr, dass sie sich gegenseitig in den Schwanz beißen", erklärt Karsch und zeigt zusätzliches Spielzeug, das an den Auslaufwänden aufgehängt wurde.

Der Hof ist noch kein Biobetrieb, orientiert sich jedoch langfristig an entsprechenden Kriterien. Zu diesen würde beispielsweise gehören, dass die Schweine ausschließlich Biofutter fressen und in ihren Ausläufen auch den Regen spüren können – im Moment sind die Ausläufe noch weitgehend überdacht.

Wenn von der Politik Beschlüsse gefasst werden, findet Karsch das oft eher kontraproduktiv: "Was mich ärgert ist, wenn in der Politik von Leuten Entscheidungen getroffen werden, die keine Fachkenntnisse in der Nutztierhaltung haben."

Der Bundesrat hat vor drei Wochen unter anderem beschlossen, dass Sauen langfristig nicht mehr in Kästen gehalten werden sollen. "Man sollte auch mal nach den genauen Gründen fragen, die Tiere in Kästen zu sperren", so Karsch, "und diese nicht ignorieren".

Tiere werden passend zur Größe der Ställe gezüchtet

Auf dem Lindenhof werden die Sauen während der Rausche – so bezeichnet man die Periode des Sexualzyklus, in der die Paarungsbereitschaft der Sau auftritt – in Kästen gehalten. Grund ist, dass die Tiere dann versuchen, aufeinander aufzuspringen. "Wenn ich etwa gleich gebaute Tiere habe, kann das gut gehen – wenn es aber große Unterschiede in der Gruppe gibt, dann kann es sein, dass die Tiere sich gegenseitig verletzen, sogar die Knochen brechen", erklärt Karsch.

Die Konsequenz der neuen Regelung: Dürfen die Sauen auch während der Rausche, das sind etwa alle drei Wochen zwei Tage, nicht in den Kasten, braucht der Nutztierhalter wesentlich mehr Platz, um das Tier gegebenenfalls räumlich von seinen Artgenossen zu trennen.

Und dies ergibt sich auch, wenn von der Politik vorgeschrieben wird, dass pro Tier nun fünf statt viereinhalb Quadratmeter Platz benötigt werden. "Schweine werden in Gruppen gehalten – und das bedeutet, dass gleich mehrere Gruppen verkleinert werden müssen", so Karsch. Die Nutztierhalter haben Einbußen, was für kleinere Betriebe schwierige Folgen haben kann. Der neue Verordnungsentwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft sieht auch vor, dass Sauen statt bisher 70 Tage im Wurfzyklus zukünftig nur noch 13 Tage – maximal acht Tage im Deckzentrum und fünf im Abferkelbereich – verbringen dürfen.

Was den Betrieben zugute komme ist, dass die Beschlüsse mehrjährige Übergangsregelungen vorsehen. Die Nutztierhalter haben somit Zeit, um neue Konzepte zu entwickeln und Ställe umzubauen – von Tierschützern werden diese Übergangsfristen jedoch kritisiert.

Der Stall, in dem die Ferkel auf dem Lindenhof zur Welt kommen, wurde im Jahr 2016 gebaut: "Wir wollten damals auf Nummer sicher gehen und kannten kein Vorbild für freies Abferkeln", so Karsch. Sie wollten die Erdrückungsverluste so gering wie möglich halten und sahen einen weiteren Vorteil darin, ohne Probleme durch die Sau an die Ferkel zu gelangen.

Letztendlich wurden die Tiere auch über Jahre hinweg quasi passend zu den Ställen gezüchtet, gibt Karsch zu bedenken. Die Umgestaltung der Schweinehaltung sei komplexer als von außen betrachtet und kostet Geld und Geduld.

Mensch und Vieh müssten sich mit den neuen Vorgaben verändern. Karsch wünscht sich eine differenziertere Wahrnehmung der Verbraucher und der Politik.