Zwischen Hoffen und Bangen: Die Familie Fritz aus Grosselfingen hofft auf einen passenden Knochenmark-Spender für Ingeborg Haug. Schwester, Papa, Sohn, Brüder, Nichten und Neffen wollen dafür alle Hebel in Bewegung setzen. Foto: Rath

Familie zwischen Hoffen und Bangen. Suche nach passendem Knochenmark-Spender beginnt.

Grosselfingen - Ingeborg Haug gibt anderen Menschen viel. Als Krankenschwester ist sie beliebt, in der Familie ein Anker in jeder Not. Jetzt braucht die 42-Jährige selbst Hilfe: Sie hat Blutkrebs. Familie und Sana-Klinik starten eine Aktion, um den Knochemark-Spender zu finden, der sie retten könnte.

"Wir sind mit den Nerven am Ende. Der eine Schicksalsschlag ist noch nicht verdaut, da kommt schon der nächste", sagt Cordula Ledda (42). Sie ist die Schwester von Ingeborg Haug, die alle Inge nennen. Die Familie Fritz, wie die Eltern heißen, hatte zuletzt viel auszuhalten: Inge Haug erkrankte vor vier Jahren an einem Tumor an der Nebennierenrinde, von dem sie aber geheilt wurde. Vor anderthalb Jahren starb ihre Schwägerin und hinterließ drei Kinder im Alter von anderthalb, acht und 18 Jahren. Dann bekam ihre Mutter vor zwei Monaten die Diagnose Darmkrebs. Ingeborg Haug kümmerte sich um sie, wie immer. Mittlerweile ist die Mutter auf dem Weg der Genesung, da erhielt Inge Haug selbst eine schlimme Diagnose: Leukämie, in besonders aggressiver Form. Die Chemotherapie schlug fehl, jetzt kann nur noch eine Stammzellspende helfen.

"Schwester Inge ist extrem beliebt"

Bislang war Inge Haug ein Halt innerhalb der Familie. Anderen zu helfen, das scheint ihre Aufgabe zu sein. Früher hatte sie als Näherin gearbeitet, schulte vor 17 Jahren aber zur Krankenschwester um. In der Sana-Klinik in Truchtelfingen, wo sie arbeitet, ist sie bei Patienten und Kollegen hoch angesehen. Professor Bernd Gondolph-Zink, Chefarzt und ärztlicher Direktor der Klinik, schätzt ihre Arbeit: "Schwester Inge ist extrem beliebt. Sie versorgt Patienten nicht nur, sie gibt ihnen auch viel Zuwendung", so der Chefarzt. Patienten fühlen sich bei ihr wohl. Codula Ledda charakterisiert ihre Schwester gleich: "Sie tröstet die anderen und hat sie immer wieder aufgebaut", sagt Ledda, "und jetzt liegt sie selbst so schlimm da".

Klinik und Familie wollen nicht einfach die Hände in den Schoß legen, sondern etwas tun für Inge Haug. Die Belegschaft der Sana-Klinik organisiert noch für diese Woche eine interne Typisierungsaktion. Praktisch alle der rund 130 Mitarbeiter wollen teilnehmen, sofern sie denn können. Manche scheiden aus medizinischen Gründen aus.

Inge Haugs Schicksal löst bereits eine Welle der Solidarität aus. Was zunächst als interne Aktion der Sana-Klinik geplant war, nimmt jetzt plötzlich weitaus größere Dimensionen an. Eine zweite, öffentliche Typisierungsaktion soll folgen. Die drei Geschwister von Inge Haug trommeln für die Aktion, ebenso ihr 18-jähriger Sohn Thorsten und Nichte Vanessa Proß. Über das soziale Netzwerk "facebook" läuft ein Aufruf, Verwandte, Nachbarn und Bekannte wollen zur Typisierungsaktion gehen. "Wir setzen alle Hebel in Bewegung", so Cordula Ledda.

Inge Haug selbst wolle kämpfen, schon für ihren Sohn und die Familie. "Sie ist gottseidank gut drauf, sagt, sie schafft das schon irgendwie", so Ledda. Klinik-Belegschaft und Familie wissen, dass die Wahrscheinlichkeit gering ist, einen passenden Spender zu finden. Trotzdem wollen sie nichts unversucht lassen. "Die Sache geht uns sehr nahe", sagt Chefarzt Gondolph-Zink. Je mehr Freiwillige kämen, desto besser.

So sieht es auch die Familie. Sie hofft auf so viele Teilnehmer wie möglich. Derzeit lebe die Familie zwischen Hoffen und Bangen. "Wir haben glücklicherweise einen großen Zusammenhalt, jeder ist für jeden da", sagt Cordula Ledda, "wenn wir einander nicht hätten, wären wir schon lange untergegangen".

Info: Die Aktion

Eine erste Typisierungsaktion für Ingeborg Haug findet diese Woche in der Sana-Klinik in Truchtelfingen statt. Die Aktion ist zunächst für die Mitarbeiter der Klinik gedacht. Die Typisierung jeder Blutprobe kostet rund 50 Euro. Die Kosten übernehmen die Deutsche Knochenmark-Spenderdatei (DKMS) und die Sana-Klinik. Für die Teilnehmer ist die Aktion kostenlos. Eine weitere, öffentliche Aktion soll noch folgen, der Termin muss laut Auskunft der Sana-Klinik jedoch erst noch organisiert und mit der DKMS abgestimmt werden. Die Teilnehmer müssen zunächst nur eine Blutspende abgeben, die dann auf ihre Eignung hin untersucht – typisiert – wird. Zuvor hatten sich die Familienmitglieder typisieren lassen, die als Spender allerdings nicht infrage kommen, weil ihre Stammzellen für Ingeborg Haug nicht geeignet sind.

Weitere Informationen: www.dkms.de