Projektleiterin Kirsten Seeger (von links), Judith Bruckner vom Heimatgeschichtsverein, Autor Julian Hanschke und OB Jürgen Großmann präsentieren auf der Burg das Buch über die Burg. Foto: Bernklau

Seit mehreren Jahrhunderten prägt die Burgruine Hohennagold das Stadtbild von Nagold, ist ein Wahrzeichen der Stadt. Jetzt hat ein renommierter Wissenschaftler ein ebenso prächtiges wie aufwändiges Buch über die Ruine geschrieben. Über das Buchprojekt hinaus hat OB Großmann noch andere Pläne mit der Hohennagold.

Nagold - Die Stadt, die Stadtverwaltung und ganz besonders Oberbürgermeister Jürgen Großmann hat das imposante Wahrzeichen der Stadt hoch oben auf dem Schlossberg wieder neu für sich entdeckt. Großmann spricht da von einem "touristischen Höhepunkt", der in Gegenwart und Zukunft die Besucher in die Stadt zieht und ziehen soll. Doch für Großmann geht der Blick dabei nicht nur in die Zukunft, sondern auch zurück in die jahrhundertelange Geschichte des imposanten Bauwerks. Irgendwann reifte der Gedanke, diese lange Geschichte zu erforschen und den Bürgern in Buchform zugänglich zu machen.

2018 nahm man in dieser Sache Kontakt mit einem ausgewiesenen Burgenexperten auf: Julian Hanschke vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Der hatte unter anderem mit dem Projekt zur visuellen Rekonstruktion des Heidelberger Schlosses auf sich aufmerksam gemacht und entwickelte sich in den vergangenen Jahren zu einem Spezialisten in der Erforschung mittelalterlicher Burgen. Er nahm sich – neben dem Schloss Heidelberg – unter anderem der Visualisierung des Klosters Salem, der Burg Hohentwiel oder des Ulmer Münsters an.

Hunderte Fotos zur Vermessung der Burg

Nach dem ersten Kontakt nach Nagold nahm sich Hanschke zunächst der Vermessung der Ruine Hohennagold an – und das nach allen Regeln der Kunst und Technik: mit der Hilfe einer Drohne und mehreren hundert Fotos. Daraus fertigte der Architekt und Historiker ein digitales 3D-Bestandsmodell an. Als einen Anhaltspunkt für eine Rekonstruktion verwendete Hanschke einen Stich von Matthäus Merian aus dem Jahr 1643. Auf dieser Stadtansicht von Nagold ist die Hohennagold – unzerstört – zu 60 Prozent sichtbar. "Der Bau wurde in der Vergangenheit in seiner Bedeutung meist verkannt", berichtet Hanschke bei einem Besuch in Nagold. "Es gab sogar Pläne der Burgherren, die Burg, die über die Jahrhunderte entstanden ist, zu erneuern", so Hanschke. Doch 1645 wurde sie von bayrischen Truppen zerstört.

Suche nach historischen Zeugnissen

Über das rein Visuelle hinaus machte sich der Forscher auch auf die Suche nach historischen, schriftlichen Zeugnissen zur Hohennagold, unter anderem im Landesarchiv, er entdeckte dabei eine genaue schriftliche Beschreibung des Bauwerks, aber auch grafische Darstellungen der Ruine. Bei seiner Beschäftigung mit der Burgruine vor Ort ereignete sich auch eine kleine archäologische Sensation: Im Nordwestturm fand man einen Balkenrest, der mit Hilfe einer wissenschaftlichen Untersuchung genau datiert werden konnte. Dank der Dendrochronologie konnte der Forscher feststellen, dass der Baum, der das Holz für diesen Balken geliefert hat, im Winter 1390/91 gefällt worden ist.

270 Seiten starkes Buch entstanden

Aus all diesen Forschungen ist nun ein prächtiges, allumfassendes, über 270 Seiten starkes Buch über die Hohennagold entstanden. Es umfasst nicht nur Geschichte und Baugeschichte der Burg, sondern auch die Vermessungen und die Rekonstruktionen des Bauwerks, wie es sich dem Besucher der Stadt im Jahre 1645 dargeboten haben muss.

"Endlich gibt es eine Monografie über die Hohennagold", freut sich Nagolds Stadtoberhaupt Jürgen Großmann. "Das ist ein wichtiger Beitrag zur Geschichte der Region." Auch Judith Bruckner, Vorsitzende des Nagolder Vereins für Heimatgeschichte und an der Entstehung des Buches mitbeteiligt, zeigt sich begeistert von dem Ergebnis: "Jetzt können wir zum Beispiel sehen, dass die Nagolder Burg durchaus Ähnlichkeiten mit den Burgen in Altensteig und in Balingen hatte", so Bruckner.

Das Buch, das in der Buchhandlung Zaiser und im Rathaus zum Selbstkostenpreis von 29 Euro verkauft wird, hat nach Angaben von Kirsten Seeger, Sachgebietsleiterin Kultur im Nagolder Rathaus und Projektleiterin für das Buch seitens der Stadt, eine gedruckte Auflage von 450 Stück. "Und das Interesse der Menschen ist da. In fünf Tagen haben wir 70 Exemplare verkauft", freut sich Seeger.

Mittelfristiger Wiederaufbau

Doch das Buch und dessen Verkauf soll nur ein erster Schritt sein. OB Großmann hat noch weitere Pläne mit der Hohennagold. Er will mittelfristig Teile der Burg wieder aufbauen. Erstens könnte beim Hauptturm die obere Plattform wieder begehbar gemacht werden in Verbindung mit einem kanzelartigen Austritt auf die Schildmauer. "So werden zwei Türme begehbar und für die Menschen erlebbar", freut sich Großmann schon jetzt. Als zweites Projekt steht die Begehbarmachung des Wehrganges lediglich an der Südspitze des Kernburg-Zwingers zur Debatte. Julian Hanschke will darüber hinaus den verschütteten Brunnen zumindest teilweise wieder freilegen und mittels eines "archäologischen Fensters" in der Vorburg einen Blick in die keltische Zeit des Schlossbergs freigeben.

Im kommenden Jahr soll zunächst eine Skizze für das Vorhaben entstehen. In diesem Jahr wolle man dann auch wissen, wo man mit dem Vorhaben konkret hinwolle, so Großmann, der sich einen Start der konkreten Arbeiten im Jahr 2024 vorstellen kann.