Der Gemeinderat Schramberg hat in seiner Sitzung am 26. Januar 2023 einstimmig den Haushalt der Stadt beschlossen. Foto: Riesterer

Der Finanzhaushalt der Stadt Schramberg ist mit einer Auszahlung von rund 82,7 und einer Einzahlung von rund 80,9 Millionen Euro beschlossen worden. Auszahlungen für Investitionen sind auf 20,3 Millionen Euro eingeplant.

Schramberg - Der Gemeinderat hat den bereits im Dezember eingebrachten Haushalt einstimmig beschlossen. Neben den genannten Zahlen gibt es weitere, die für die Haushaltslage der Stadt zusätzlich relevant sind. So steigen die Gesamtrücklagen der Stadt auf insgesamt 24,5 Millionen Euro an. Zuschüsse, Verkäufe und anderes sorgen für Geldzuflüsse im Investitionsbereich von 8,1 Millionen Euro, der Nettoergebnishaushalt liegt bei einem Überschuss von rund 7,4 Millionen Euro. Dazu trägt die erwartete Gewerbesteuer mit 24,9 Millionen Euro bei.

Gefahr: Steigende Baukosten

Bei den Haushaltsreden der Vorsitzenden und Sprecher der fünf Schramberger Gemeinderatsfraktionen wurde im Gegensatz zu manch früheren Jahren deutlich: Im Prinzip sind sich die Ratsmitglieder über zahlreiche Projekte, die kommen sollen, einig. Dahingegen gibt es eher Befürchtungen, dass steigende Baukosten Probleme bereiten könnten – oder der Stadt Personal für die Umsetzung fehlen könnte.

Brantner: Neue Gewerbeflächen notwendig

Sorge bereitet Thomas Brantner (CDU), dass die Stadt nur noch wenige Gewerbeflächen zur Verfügung habe. Nach der Erweiterung des Interkom in Waldmössingen sei die Erschließung des Schießacker in Sulgen dringend geboten. Ziel des Handelns insgesamt müsse sein, dass Schramberg "eine attraktive, zukunftsorientierte und lebenswerte Stadt ist und bleibt, in welcher die Menschen verschiedener Nationalitäten gerne leben, festen, ausgehen, einkaufen und in vielerlei Hinsichten aktiv sind." Dazu gehört – neben weiteren Punkten – für Brantner auch die Sauberkeit in der Stadt. Zudem sei die "Revitalisierung der Innenstadt" von großer Bedeutung.

Mehr Optimismus

Auf seine rhetorische Frage, was das Jahr 2023 bringe, zitiert Brantner Karl Popper mit "Optimismus ist Pflicht", Er habe nämlich das Gefühl, "dass uns dieser Optimismus verloren ging".

Neudeck: "Gutachteritis"

Kritik äußerte Udo Neudeck (Freie Liste) in seinem Statement hinsichtlich einer "Gutachteritis" bei der Stadt Schramberg. So kann er unter anderem nicht nachvollziehen, "warum man Bebauungspläne, die vom Regierungspräsidium genehmigt und damit rechtsgültig sind, noch einmal von einem Anwalt überprüfen lässt, ohne sich das vorher vom Gemeinderat genehmigen zu lassen."

Positiv findet Neudeck, dass in dem "mehrheitsfähigen Haushalt 2023" schon im zweiten Jahr "unsere Premiumprojekte" wieder zu finden seien. Der Schulcampus sei auf den Weg gebracht. Don Bosco ist angefangen. Das Schwimmbad sei fertiggestellt und wenn auch der Außenbereich auch noch fertig sei, "können wir stolz auf das Schwimmbad sein. Es ist eines der schönsten im Kreis Rottweil und darüber hinaus."

Ortschaftsrat und Vereine in der Pflicht

"Große Sorgen" macht nicht nur ihm die neue Turn- und Festhalle Tennenbronn. Der politische Wille sei immer noch da, die Halle zeitnah zu bauen. Die enorme Preissteigerung, aber auch die Forderungen der Vereine, trieben die Kosten in die Höhe. Hier sieht er den Ortschaftsrat und die Vereine in der Pflicht, selbstständig Abstriche zu machen. Investitionen für eine reine Vereinshalle in der derzeit berechneten Höhe seien anderen Stadtteilen gegenüber nicht zu verantworten, so Neudeck, der auch daran erinnerte, dass "die Halle auf dem Sulgen mehr als marode ist". Sollte diese zeitnah ertüchtigt oder neu gebaut werden, "dann sehe ich keinen finanziellen Spielraum mehr für den Schulcampus und die Ertüchtigung der GWRS Sulgen".

Witkowski: Noch präziser priorisieren

Für letztere trommelt auch Tanja Witkowski (SPD/Buntsprecht), die anlässlich des 200. Geburtstags von Erhard Junghans in ihrer Rede die Zeit zum Leitthema hat. Auch sie sieht unter "ach du liebe Zeit" die Kosten der Tennenbronner Halle, "die ganz massiv aus dem Ruder laufen" und fordert, dass rund zehn Millionen Euro dafür reichen müssten. Welche Projekte in der Umsetzung so wichtig seien, dass sie sichtbar vorangebracht werden müssen sieht sie so. "Das können in der Gesamtzahl nur wenige Projekte sein. Dazu gehört der Schulcampus." Skeptisch ist sie, Investitionen und Vorhaben in Höhe von rund 20 Millionen Euro zu stemmen. Sie habe das Gefühl, dass man sich "bei den Vorhaben noch zu sehr verzettelt. Deshalb fordern wir die Verwaltung auf, noch präziser zu priorisieren."

Pfiffige Nachwuchswerbung nötig

Kritisch sieht Witkowski auch die Situation im Personalbereich. Hier müsse die Stadt auf pfiffige Weise auf sich aufmerksam machen, um junge Azubis anzusprechen, es müssten Anreize für Mitarbeiter geboten werden und es nicht dabei bleibe, dass es bei Fachkräften heiße "es ist halt schwierig", sondern, dass die Verwaltung einen Weg zur Umsetzung vorstellen werde. Ihre Fraktion beantragt außerdem den Werbeslogan der Stadt in "Schramberg – Zeit erleben im Schwarzwald" anzupassen.

Reuter: Effektiver arbeiten

"Wer Schwerpunkte setzt, muss Verzicht üben", sagt Jürgen Reuter (Aktive Bürger) Die emotionale Bindung zu niedlichen Tieren sei sicher wichtig für die „Work-Life-Balance", aber der Sachverständige für Taubenhäuser habe den Gemeinderat eine Stunde Zeit gekostet – verlorene Zeit, denn die Sanierung des Gymnasiums zieht sich endlos, die Kostenexplosion bei der Vereinshalle Tennenbronn mache den Neubau unwahrscheinlich – und "ob der Schulcampus nur geplant oder auch gebaut wird, steht in den Sternen." Zuschüsse für einen Neubau seien eher nicht zu erwarten, "denn der Bestand ist verschmutzt, überfrachtet und ungepflegt, aber nicht abrissreif".

Bahnanbindung wichtig

Wichtig ist Reuter zudem eine Bahnverbindungsachse von Schramberg in Richtung Straßburg – auch weil der Landkreis Rottweil "keine Seele einer gemeinsamen Identität" habe und die Grenze des Kulturraums Schwarzwald an der Wasserscheide zwischen Neckar und Rhein verlaufe.

Liebermann: Lieber eine Stadtseilbahn

Volker Liebermann (ÖDP) würde anstelle einer Bahnlinie gen Schiltach lieber eine Stadtseilbahn von Schramberg nach Sulgen sehen und den ÖPNV insgesamt verbessern. Insgesamt befürchtet er, dass Schramberg "den Status als Mittelzentrum zwischenzeitlich weitgehend verloren" habe: "Im Stadtkern kein eigenes Krankenhaus mehr, ein Schulcampus, der auf der Kippe steht, immerhin wenigstens ein renoviertes Freibad in Tennenbronn."

Kommentar

Es hat schon strittigere Jahre hinsichtlich der Aufstellung des städtischen Haushalts gegeben. Ohne Gegenstimmen und auch im Vorfeld in guter Harmonie wurden die Ziele und Vorhaben der Stadt gemeinsam abgesteckt. Das ist gut so. Denn es gibt genug andere Faktoren, die die Premiumvorhaben der Stadt gefährden könnten. Die immens steigenden Baukosten sind da an erster Stelle zu nennen. So kann es zu ungewollten, aber notwendigen Einschränkungen kommen, mit denen bislang keiner gerechnet hat. Und auch beim Schulcampus ist hinsichtlich der Zuschüsse sowie aufgrund von Rückforderungen noch nicht alles im "grünen Bereich". Bleibt zu hoffen, dass die "Leistungsträger" der Stadt, die Betriebe, die rund 25 Millionen Euro Gewerbesteuer zahlen werden, jetzige und weitere Krisen meistern. Denn sonst wird es im Städtle sehr dunkel.