Der Großbrand bei Reifen Göggel hat auch am Montag noch die Einsatzkräfte der Feuerwehr beschäftigt. Für Ärger sorgt zudem ein anonymer „Augenzeugenbericht“.
Gammertingen - Die geplante Traumhochzeit von Bruno und Corinna Göggel in direkter Nähe zur Firma endete am Samstag in einem Albtraum. Der Schaden beläuft sich auf mehrere Millionen Euro. Und jetzt wird auch noch die Feuerwehr Gammertingen attackiert, die bei dem Feuerwerk für Sicherheit sorgen sollte.
Ein anonymer Augenzeuge will beobachtet haben, dass sich der Brandschutz in der Nacht auf dem Gelände von Reifen Göggel direkt nach Feuerwerks-Ende entfernt hat. "Die haben gar nicht mehr mitbekommen, dass es anfängt zu brennen", meint die anonyme Person.
Seine Version des Brandes lautet wie folgt: "Das Feuer entzündete sich auf einem der Reifenstapel" – das habe er gesehen. Die Reifen seien in Plastikfolie verpackt gewesen. Die Feuerwehr vor Ort – sechs Mann der Wehr Gammertingen – sei da schon abgezogen. Womöglich wäre der Brand gar nicht so schlimm geworden, wäre die Wehr noch vor Ort gewesen, spekuliert der Augenzeuge.
"Der Brand wurde sofort entsprechend bekämpft"
"Alles Blödsinn!", wehrt sich Daniel Zeiler im Gespräch mit unserer Redaktion. Der Kommandant der Gammertinger Feuerwehr ist stinksauer über die Aussage der anonymen Person, die offenbar ein Laie sei: "Wieso tut jemand so was? Diese Person soll doch direkt zur Wehr kommen und sagen, wenn es ein Problem gibt", empört sich Zeiler. Dann könne man Ungereimtheiten direkt klären.
Zeiler stellt zudem klar: "Dass ein Brandschutz vor Ort gewesen ist, war keine Auflage für das Feuerwerk." Ebenso sei direkt nach dem Ende des Feuerwerks festgestellt worden, "dass sich ein Brand in der Entstehung befand". Allerdings an einer Stelle, an der die Wehr sich nicht aufhielt. Dennoch: "Der Brand wurde sofort entsprechend bekämpft."
Feuer bei Reifen Göggel: Zweiter Brandherd wurde zum Verhängnis
Während der Brandbekämpfung habe sich ein zweiter Brand entzündet. Zudem habe aufgrund der rasend schnellen Temperaturentwicklung eines der Feuerwehrfahrzeuge angefangen zu schmoren. "Die Beifahrerseite ist zerstört, alle Plastikteile geschmolzen, das Glas ist kaputt", berichtet Zeiler.
Brand Nummer zwei hatte sich "innerhalb kürzester Zeit" an einer Stelle, die deutlich entfernt von Brandherd Nummer eins war, entzündet. Zeiler: "Die Männer vor Ort waren nicht mehr in der Lage, sich um beide Herde zu kümmern."
"Die erste Maßnahme, die in einem solchen Fall ergriffen wird, ist Vollalarm auszulösen", sagt Zeiler. Das heißt: "Alle Abteilungen der Gammertinger Wehr wurden gerufen, zudem die Wehr aus Neufra." Vor Ort schließlich waren später auch die Wehren aus Burladingen, Albstadt und weitere. "In Spitzenzeiten waren 380 Feuerwehrangehörige vor Ort", sagt Zeiler.
Gammertingen: Feuerwerk war nicht genehmigungspflichtig
Unterdessen wird Tage nach dem Großbrand darüber diskutiert, wie überhaupt ein Feuerwerk bei einer solchen derzeitigen Hitzewelle genehmigt werden könne. Holger Jerg, Gammertingens Bürgermeister, hatte in der Nacht zu Sonntag erklärt, dass das Feuerwerk genehmigt gewesen sei.
Am Montag stellte sich der Fall allerdings ein wenig anders dar. Das Feuerwerk, das der Kommune Mitte Mai angezeigt worden ist, war nicht genehmigungspflichtig, da es von einem gewerblichen Pyrotechniker durchgeführt wurde.
Stadt Gammertingen löscht Mitteilung über Brandgefahr
Hatte die Stadt Gammertingen also schlicht vergessen, das Feuerwerk nachträglich zu verbieten? Das Grillen im Wald hatte sie schließlich auch im Fokus. Noch bis Montagmorgen war auf der Homepage der Stadt eine Mitteilung vom 19. Juli 2022 zu lesen, in der sie vor einem Waldbrand warnte.
Aufgrund der anhaltenden Hitze und der fehlenden Niederschläge bitte man dringend um Vernunft und Vorsicht. In der Mitteilung hieß es weiter: "Alle Grillstellen im und am Wald (bis zu einer Entfernung von 100 Metern) sind im gesamten Stadtgebiet Gammertingen in den Indexstufen 4 (hohe Gefahr) und 5 (sehr hohe Gefahr) gesperrt."
Schlechter Vertuschungsversuch der Stadt Gammertingen
Die Mitteilung der Stadt ist mittlerweile „inaktiv“ gestellt. In der Suchfunktion auf der städtischen Homepage ist zumindest der Anriss mit Datum noch erkennbar (siehe Foto 2 in diesem Artikel). Das unprofessionelle Vorgehen der Stadt Gammertingen rund um Bürgermeister Holger Jerg wirkt dabei wie ein schlechter Vertuschungsversuch.
Zurück zu den Maßnahmen vor Ort bei Reifen Göggel: Die Nachlöscharbeiten dauerten auch am Montag an. "Eine der Hallen ist einsturzgefährdet, man kann sie nicht betreten", berichtet Kommandant Zeiler am Vormittag. Im Laufe das Tages sollte ein Bagger die Betonmauern einreißen, um auch die letzten Glutnester zu löschen. Daniel Zeiler schätzte, dass die Löscharbeiten noch den "kompletten Montag" andauern werden.
"Erst spielte DJ Ötzi, dann wurde die Hochzeit zum Horror"
Ob der Brand im Zusammenhang mit dem Hochzeitsfeuerwerk steht, wird weiterhin spekuliert, ist aber bis dato nicht bestätigt. Klar ist wiederum, dass das Feuer nationale Aufmerksamkeit generierte, sogar "Bild" berichtete über den Großbrand bei Reifen Göggel. Bei dem Boulevard-Blatt hieß es: "Inferno beim Reifen-König in der Nähe von Stuttgart. Erst spielte DJ Ötzi, dann wurde die Hochzeit zum Horror".
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