Das große Loch mitten in der Stadt: Hier wird noch fleißig abgerissen. Inzwischen sind die Abrissarbeiten für das neue Einkaufszentrum Gerber an der Paulinenbrücke abgeschlossen. Nun wird aufgebaut. Wie lebt es sich mit der Baustelle? Klicken Sie sich durch unsere Umfrage. Foto: Piechowski

An der Marienstraße haben Ladenbesitzer schmerzlich engen Kontakt zu den lärmenden Baggern.

Stuttgart - Die Abrissarbeiten an der Paulinenbrücke für das zukünftige Einkaufszentrum Gerber sind abgeschlossen. Für Anwohner und Beruftstätige in den umliegenden Geschäften bleibt das Leben an der riesigen Baustelle noch jahrelang eine tägliche Herausforderung.

An dem Bauzaun an der Marienstraße bleiben immer wieder Passanten an der riesigen Baufläche für das Einkaufszentrum stehen. Minutenlang schauen sie dabei zu, wie zwei 30 Meter hohe Bohrgeräte Stahlrohre in den Boden drehen. Parallel dazu graben sich zwei Abrissbagger in die Reste der unterirdischen Gebäude. Der gesamte Platz ist von dem Lärm der Baugeräte erfüllt.

Dabei sind die Abrissarbeiten seit September beendet, jetzt geht es darum, den Rand der zukünftigen Baugrube - die bis zu 20 Meter in die Tiefe führen soll - mit Bohrpfahlwänden abzustützen. Die Stahlrohre werden mit Beton gefüllt und anschließend wieder herausgezogen. Auf diese Weise sollen bis zum Ende des Jahres 700 Betonpfähle im Durchmesser von 60 bis 90 Zentimeter die Grube stabilisieren. "Bis ins Frühjahr hinein wird es dauern, bis die Baugrube ausgehoben ist", sagt Stephan Pflumm, Projektmanager der Bauherrenvertretung Phoenix Real Estate Development. Die unterirdischen Gebäude waren bisher mit Abbruchmaterial gefüllt gewesen, um das Gewicht der Baumaschinen zu tragen. "Im Moment liegen wir gut im Zeitplan", sagt Pflumm. Jetzt würde es auch vom Wetter abhängen, wie die weiteren Baumaßnahmen verlaufen. Bis zum Frühjahr 2014 soll das Einkaufszentrum fertig sein.

Seit dem Ende der Abrissarbeiten ist das Schlimmste für die Anwohner vorbei, meint Pflumm: "Es ist nun nicht mehr so staubig und dreckig, aber eine Baustelle wird wohl immer mit Lärm verbunden sein." Der Bauherrin sei es wichtig, die Anwohner und umliegenden Geschäfte zu informieren und die Beeinträchtigungen so gering wie möglich zu halten.

Bei den Geschäften im Goldladen wird nicht geflüstert, sondern geschrien

Der kleine Laden Gold Ankauf in der Marienstraße liegt direkt gegenüber der Baustelle. Verkäuferin Claudia Vuolo muss deshalb fünf bis sechsmal am Tag den Staub aus dem Laden wischen. "Der Lärm und der Dreck sind immer noch unerträglich", sagt sie. Jeden Abend sei sie genervt, die Belastung ist groß. "Nicht mal das Klingeln vom Telefon hört man und die Kunden muss man regelrecht anschreien", sagt Vuolo.

Der Friseur Coccinell ist seit 20 Jahren an der Marienstraße und kann auf seine Stammkunden bauen, die sich trotz Baulärm die Haare schneiden lassen. Die Regale im Eingangsbereich müssen aber ständig ausgewischt werden, und auch der neue Computer fiel dem Staub zum Opfer. "An manchen Tagen hat man die Vibration des Presslufthammers richtig in den Beinen gespürt", sagt Salonleiterin Katharina Golowko. Doch inzwischen könne die Musik aus dem Radio den Lärm übertönen. Außerdem freuen sich die Friseure auf das neue Einkaufszentrum. "Wir haben die Simulation im Internet gesehen, das Gerber soll wirklich schön werden", sagt Golowko.

Kalliopi Bamiatzki musste mit ihrer Paulinenapotheke von der Tübinger Straße in die Sophienstraße umziehen. Sie ist erleichtert, dass die Bauarbeiten reibungslos ablaufen. "Wir werden rechtzeitig von den Bauherren über alle Einschränkungen informiert, zum Beispiel, wenn wir für eine gewisse Zeit kein Wasser haben", sagt die Apotheken-Inhaberin.

Auch die Baubesichtigungen, die von den Bauherren angeboten werden, wertet sie positiv. Allerdings hätten ihre Kunden durch die Baustelle Probleme, einen Parkplatz zu finden. "Viele wollen sich nicht durch die Baustelle kämpfen", sagt Bamiatzki.

Eigentlich, meint sie, könnten die stehen gebliebenen Häuser in der Sophienstraße ebenfalls gleich abgerissen werden. Außerdem finde sie es sinnvoll, die Marienstraße im Rahmen des Gesamtkonzepts für das Gerberviertel gleich neu zu bepflastern. "Ich befürchte, dass in zwei Jahren sonst jemand auf die Idee kommt, eine neue Baustelle anzufangen", sagt Bamiatzki. Denn spätestens im Jahr 2014 soll das Viertel endlich aus dem Dornröschenschlaf erwachen, hofft die Apotheken-Besitzerin.