Das spanische Schiff „San José“ wurde im Jahr 1708 vor der kolumbianischen Küste versenkt und soll Gold und Silber im Milliardenwert bergen. Forscher wollen sich nun ein Bild von dem Wrack in 600 Meter Tiefe in der karibischen See machen.
Die Galeone „San José“ war Anfang des 18. Jahrhunderts der ganze Stolz der spanischen Marine. Der Dreimaster mit 62 Kanonen an Bord führte als Flaggschiff die Silberflotte auf ihrer Überfahrt von Spanien in die Kolonien in Südamerika an.
Nach einer erbitterten Seeschlacht gegen die Kriegsschiffe des britischen Admirals Charles Wager sank die Galeone im Jahr 1708 vor der kolumbianischen Küste bei der Hafenstadt Cartagena auf den Meeresgrund und mit ihr Gold, Silber und Edelsteine im Milliardenwert.
Das Wrack war 2015 in einer Tiefe von 600 Metern in der Nähe der Halbinsel Barú geortet worden. Jetzt beginnt Kolumbien mit der systematischen Erforschung des gesunkenen Schiffs.
Erforschung des Wracks beginnt
In der ersten Phase werden mit ferngesteuerten Sensoren Bilder des Wracks angefertigt, wie das Kolumbianische Institut für Anthropologie und Geschichte (ICANH) mitgeteilt hat. Damit soll in einer zweiten Phase ein Katalog mit allen Fundstücken auf dem Meeresgrund erstellt werden.
Später könnten auch ein U-Boot und ferngesteuerte Roboter zum Einsatz kommen, um Filmaufnahmen zu machen, das Wrack zu vermessen und weitere Daten zu sammeln.
Maritime Geschichte der San José
Das mit 64 Kanonen bewaffnete Linienschiff war im Jahr 1698 vom Stapel gelaufen und zwei Jahre später in Dienst gestellt worden. Die „San José“ war 1706 als Geleitschutz einer Handelsflotte zunächst vom spanischen Cádiz nach Cartagena gesegelt. Fast zwei Jahre lag sie in dieser Hafenstadt vor Anker, bis sie 1708 nach Portobelo im heutigen Panama auslief.
Am 28. Mai 1708 verließ die „San José“ mit einer Silberflotte aus 14 Handelsschiffen und zwei weiteren Kriegsschiffen den Hafen von Portobelo, beladen mit 344 Tonnen Gold- und Silbermünzen sowie 116 Kisten mit Smaragden aus Peru.
Am 8. Juni 1708 kam es 16 Seemeilen (rund 30 Kilometer) vor dem Hafen von Cartagena zu einer Seeschlacht mit vier britischen Kriegsschiffen. Wegen des Spanischen Erbfolgekriegs befand sich Spanien im Kriegszustand mit Großbritannien.
Während des zehnstündigen Gefechts wurde die „San José“ in Brand geschossen und sank nach einer Explosion der Pulverkammer. 578 Seeleute, Soldaten und Passagiere fanden dabei den Tod, nur elf Überlebende wurden später gerettet.
Bergung des Wracks ist nicht geplant
Eine Bergung des Wracks oder archäologischer Fundstücke sei derzeit nicht vorgesehen, teilt das ICANH mit. Zunächst sollen die Daten der ersten Erkundungsphase ausgewertet werden, dann wird über weitere Schritte beraten. Der kolumbianische Präsident Gustavo Petro hat allerdings bereits mehrfach betont, er wolle den Schatz heben und in einem neuen Museum in der Hafenstadt Cartagena ausstellen lassen.
Die kolumbianische Regierung erklärte die Fundstelle nun auch zu einer geschützten archäologischen Stätte. „Die Erklärung stellt eine einzigartige Gelegenheit dar, die wissenschaftlichen Herausforderungen der Tiefseeforschung zu bewältigen“, heißt es in einer Mitteilung des Kulturministeriums.
„Insbesondere wird es das Wissen über den transozeanischen Handel, die Anfänge der Globalisierung und die Silberflotte im frühen 18. Jahrhundert vertiefen und das Verständnis für den Übergang zwischen den Schiffstechnologien dieser Epoche fördern.“
Kolumbien bereitet sich auf juristische Streitigkeiten vor
Möglicherweise will sich Kolumbien mit der Ausweisung der Fundstätte als archäologisches Schutzgebiet aber auch für künftige juristische Auseinandersetzungen munitionieren. „Es ist das erste Mal in unserem Land, dass eine versunkene Kulturstätte zum archäologischen Schutzgebiet erklärt wird“, erklärt Kulturminister Juan David Correa. „Das gibt uns rechtliche Mittel und einen Plan zum Schutz des Gebietes an die Hand.“
Spanien hat bereits Ansprüche auf das Wrack angemeldet. Madrid beruft sich auf eine Unesco-Konvention über den Schutz von Gütern auf dem Meeresgrund. Nach diesem Abkommen gehören gesunkene Kriegsschiffe dem Staat ihrer Herkunft. Kolumbien hat die Konvention allerdings nicht unterzeichnet.
Ladung soll einige Milliarden Euro wert sein
Das US-Unternehmen Sea Search Armada, das das Wrack bereits in den 1980er Jahren geortet haben will, beansprucht die Hälfte des Gewinns. Und auch das indigene Volk der Qhara Qhara aus Bolivien, dessen Vorfahren einst in den Silberminen von Potosí schuften mussten, wollen ein Stück vom Kuchen abhaben.
Und der ist beachtlich: Auf ihrer letzten Fahrt hatte die „San José“ Millionen Gold- und Silbermünzen, Smaragde und wertvolles Geschmeide an Bord. Schätzungen zufolge könnte die Ladung zwischen 3 und 17 Milliarden US-Dollar wert sein.