Die Stadt Horb vermietet das Kloster an den „Bruno Gröning Freundeskreis“. Die evangelische Kirche warnt bei der Gruppierung vor „gefährlicher Irreführung“. Das sagt das Rathaus.
Das Rathaus hatte nach dem Ende des Engagements vom Projekt Zukunft die Räumlichkeiten des Kulturzentrums Kloster übernommen und ist nun für die Vermietungen zuständig. Die Federführung hat das Kulturmanagement mit Caroline Yi an der Spitze. Seit ihrem Start bei der Stadt Horb kam es immer wieder zu Kritik. Zunächst wurden Konzept und Veranstaltungen vermisst, dann übte das Projekt Zukunft, das zuvor das Kloster-Programm auf die Beine stellte, Kritik.
Gibt es nun einen weiteren Reibungspunkt? Das Kulturzentrum Kloster wurde an den „Bruno Gröning-Freundeskreis“ vermietet – eine umstrittene Organisation.
Mehrstündige „Dokumentarfilme“
Überall in der Raumschaft werden Flyer in den Briefkästen verteilt. Ein ernst blickender Mann wirbt auf dem Foto: „Die Sensation von 1949 – jetzt wieder hochaktuell.“ Weiter heißt es: „Es gibt kein Unheilbar - Gott ist der größte Arzt.“ Eingeladen wird zum „Dokumentarfilm ‘Das Phänomen Bruno Gröning‘“. Termin: Samstag, 29. März, im Kloster. Nicht die einzige Veranstaltung. Bereits am Mittwochabend zuvor gibt es einen „Informationsvortrag mit Arzt“. Und am Sonntag wird ein zweiter „Dokumentarfilm gezeigt. Titel: „Das Phänomen der Heilung“.
Ist der „Freundeskreis“ eine „gefährlichen Sekte“? Doch wer und was steckt hinter dem „Freundeskreis“, der als „Kreis für natürliche Lebenshilfe e. V.“ als gemeinnütziger Verein eingetragen ist? Offenbar eine Organisation mit erheblichen Einfluss. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) schrieb bereits 2018: „Der Freundeskreis von Bruno Gröning (BGF) wirbt um neue Mitglieder. Es ist schwer, gegen den Scharlatan und seine Fans anzugehen. Eine unterschätzte Sekte, deren Anhänger weitaus zahlreicher sind, als die von Scientology.“ Spiegel Online schrieb 2023: „Eine internationale Sekte deutschen Ursprungs lockt Schwerkranke mit der Hoffnung auf Heilung – und bringt sie damit womöglich in Lebensgefahr.“
Das sagt die evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen
Eine gefährliche Sekte? Die evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) schätzt den „Bruno Gröning-Freundeskreis“ in seinem Online-Lexikon in einem Beitrag aus dem Jahr 2021 wie folgt ein: „Die Botschaften des BGF schüren bei Kranken utopische und übersteigerte Heilungserwartungen. Die Behauptung, dass es keine unheilbaren Krankheiten gebe, ist für Heilungssuchende eine gefährliche Irreführung.“
Was steckt hinter der fünfstündigen Kloster-Veranstaltung? Und so geht die Organisation laut EZW vor: Es wird der vierstündige Dokumentarfilm gezeigt. Zitat ‘Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten.‘ Wegen der Überlänge – der Film dauert viereinhalb Stunden – wird er in drei Teilen vorgeführt. Die beiden Pausen sind eine gute Gelegenheit für die Anhänger, gezielt mit Interessierten ins Gespräch zu kommen.“ Im Horber Kloster startet die Veranstaltung um 13 Uhr, als Ende ist 19 Uhr angegeben.
Die Lehre, so die EZW: „Präventiv stellen sich die Anhänger Grönings täglich auf den Empfang des Heilstroms ein. Die geistige Kraft des göttlichen Heilstroms von Gröning soll bis heute unvermindert wirken, sofern man darum bitte und sich darauf „einstelle“. Die Heilungsrhetorik des Bruno Gröning-Freundeskreises setzt Kranke erheblich unter Druck, wenn der angebliche Heilstrom keine Wirkungen zeigt.“
Welche Rituale gibt es beim „Bruno Gröning-Freundeskreis“? Es gibt offenbar auch Rituale, so die EZW: „Portraitfotos von Gröning sollen den Empfang des Heilstroms verstärken. Viele Mitglieder tragen für den Notfall stets ein Bild des Heilers bei sich. In einem Lied, das in den Gemeinschaftsstunden gesungen wird, heißt es: ‘Als die Welt erkennen musste, dass sie keinen Weg mehr wusste, um befreit zu werden, schickte Gott auf Erden wieder einen Mann, der da neu begann, die Menschen zu befreien: Bruno Gröning‘.“
Professionelle Vermarktung
Diese Lehre werde professionell vermarktet, so die EZW. Vom Grete Häusler-Verlag, so die EZW. Er verkauft Bücher, Hörbücher, Musik-CDs, DVDs und Videos. Die Doppel-CD „Der Weg vom Himmel zur Erde.“ mit Chor- und Orchesteraufnahmen im Bruno Gröning-Freundeskreis kostet z.B. 19 Euro.
Steckt Profitstreben hinter dem „Heilstrom-Glauben“? Die EZW schreibt weiter: „Als wirtschaftlich günstig dürfte sich die Tatsache erweisen, dass alle Mitarbeiter ihre Arbeit ehrenamtlich ausüben und ‘aus Nächstenliebe‘ tätig sind. Angeblich arbeitet auch die Geschäftsleitung des Verlags unentgeltlich. Wohin die Gewinne des Verlags fließen, ist unklar.“
Macht der Freundeskreis Heilversprechen? Gegen diesen Vorwurf wehrt sich der „Freundeskreis“. Das „Zentrum Ökumene“ der evangelische Kirchen Hessen und Nassau sowie Kurhessen Waldeck schreibt dagegen: „Aber was ist es sonst, wenn großflächig mit dem Bild von Bruno Gröning und dem Slogan ‘Es gibt kein unheilbar!‘ zum Empfang des Heilstromes eingeladen wird? Oftmals werden schwer kranke Menschen faktisch übersteigerte Hoffnungen auf Genesung gemacht.“
Warum vermietet das Rathaus das Kloster an diese Organisation? Der Stadt Horb sind wohl die Hände gebunden. Rathaussprecherin Inge Weber antwortet auf die Anfrage unserer Redaktion: „Die Stadt Horb a. N.ckar vergibt Räume im Kloster diskriminierungsfrei im Rahmen eines Nutzungsverhältnisses für Veranstaltungen. Im Fokus stehen dabei insbesondere Horber Vereine. Bei der genannten Veranstaltung handelt es sich um eine Veranstaltung eines in Horb ansässigen Ortsvereins. Dieser Ortsverein ist eine unselbstständige Untergliederung eines Trägervereins, der vom Finanzamt Siegburg als gemeinnütziger e. V. anerkannt ist. Diese Nachweise wurden der Stadt Horb im Vorfeld vorgelegt.“ Ähnlich ging es beispielsweise auch der Stadt Balingen, die im Jahr 2023 die Stadthalle an den „Freundeskreis“ vermietete.
Wurde der Inhalt der Veranstaltung vom Rathaus geprüft? Rathaussprecherin Weber erklärt: „Die Stadt kann und darf keine inhaltliche Zensur ausüben, solange keine verfassungswidrigen Tatbestände festgestellt sind. Dies würde dem staatlichen Neutralitätsgebot widersprechen und gegen das Gebot der Gleichbehandlung verstoßen. Der Gemeinderat hat lediglich entschieden, dass keine Veranstaltungen politischer Parteien oder Wählervereinigungen in städtischen Räumen und Hallen stattfinden dürfen.“
Wie verlief Grönings eigenes Schicksal? Auf dem Foto auf dem Flyer schaut Bruno Gröning auf dem Schwarz-Weiß-Foto auf sehr ernst. Ob das mit seiner Gesundheit zu tun hatte? Die EZW schreibt: „Seit 1949 suchten zahlreiche Kranke den ‘Wunderheiler‘ auf. Gröning selbst erkrankte an Magenkrebs und ließ sich 1958 schulmedizinisch in Paris behandeln. Das Karzinom war aber bereits inoperabel und führte am 26. Januar 1959 zu Grönings Tod.“ Und die EZV schreibt weiter: „Seine Anhänger erklärten rückblickend, er sei innerlich verbrannt, weil sein ‘Heilstrom‘ nach dem Verbot nicht mehr habe fließen können.“