Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras Foto: ANA-MPA

Eine klare Mehrheit der griechischen Abgeordneten stimmt für die von den Geldgebern geforderten Sparmaßnahmen. Doch große Teile des Regierungslagers verweigern Tsipras die Gefolgschaft. Zieht der Premier daraus Konsequenzen?

Athen - Das griechische Parlament hat eine wichtige Hürde auf dem Weg zu Verhandlungen mit den Europartnern über ein drittes Hilfspaket ausgeräumt. Die Abgeordneten in Athen stimmten am frühen Donnerstagmorgen mit klarer Mehrheit für erste Spar- und Reformmaßnahmen, die die Kreditgeber zur Bedingung für Gespräche über neue finanzielle Unterstützung in Milliardenhöhe gemacht hatten.

Noch am Vormittag wollte die Eurogruppe nun über die nächsten Schritte beraten. Mit Spannung wird zudem die Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) erwartet, ob sie die Nothilfen für Griechenland aufstockt, denn die Griechen können nur noch begrenzt an Bargeld kommen.

Tsipras hatte mit Rücktritt gedroht

Ministerpräsident Alexis Tsipras geriet durch die Abstimmung noch stärker unter Druck, denn er verlor die Regierungsmehrheit und konnte die Reformschritte nur mit Stimmen der Opposition durchbringen. 229 Abgeordnete im Parlament mit 300 Sitzen stimmten für die Maßnahmen, 64 Parlamentarier votierten dagegen, sechs enthielten sich. 32 Abgeordnete der Linkspartei Syriza votierten gegen das Gesetzespaket. Tsipras hatte unmittelbar vor der Abstimmung damit gedroht, sollte dies geschehen, werde er zurücktreten.

Der Anführer des linken Flügels der Partei, Energieminister Panagiotis Lafazanis, der die Spargesetze bislang scharf kritisiert hatte, sagte Tsipras in der Nacht dennoch Unterstützung zu. „Wir werden gemeinsam weitermachen. Wir stützen die Regierung, sind aber gegen die Sparprogramme.“

Ausschreitungen in Athen

Die angenommenen Gesetze sehen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer vor, Zusatzabgaben für Freiberufler sowie für Besitzer von Luxusautos, Häusern und Jachten sowie einen nahezu vollständigen Stopp aller Frühverrentungen. Tausende hatten vor dem Parlament in Athen gegen die Maßnahmen demonstriert, wobei es durch einen kleinen Block Radikaler zu Ausschreitungen kam.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wertete das „Ja“ des griechischen Parlaments als „wichtigen Schritt“. Die Eurogruppe werde nun vermutlich einen Antrag stellen, Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket mit bis zu 86 Milliarden Euro an frischen Krediten aufzunehmen, sagte Schäuble im Deutschlandfunk. Zuvor benötigt die Bundesregierung aber die Zustimmung des Bundestages. Die Abgeordneten kommen deshalb am Freitag zu einer Sondersitzung zusammen.

Schäuble: Grexit der richtige Weg

Schäuble wiederholte seine Aussage, ein freiwilliges Ausscheiden aus der Eurozone „wäre für Griechenland der bessere Weg“. Dem Minister schlägt deshalb heftige Kritik in der Eurozone entgegen. Schäuble verwies darauf, dass auch sehr viele Ökonomen bezweifelten, dass die Probleme ohne einen echten Schuldenschnitt gelöst werden könnten. „Doch ist ein wirklicher Schuldenschnitt mit einer Mitgliedschaft in der Währungsunion unvereinbar.“

Die Euro-Länderchefs hatten sich am Montagmorgen nach hartem, mehr als 17-stündigem Ringen auf Bedingungen für das dritte Hilfspaket aus den Mitteln des ESM-Rettungsschirms verständigt. ESM-Chef Klaus Regling rechnete im ARD-„Morgenmagazin“ vor, dass der ESM von den insgesamt vorgesehenen bis zu 86 Milliarden Euro Hilfen für Griechenland etwa 50 Milliarden übernehmen wird. Er verwies darauf, dass auch der Internationale Währungsfonds (IWF) sich daran beteiligen werde.

Bis Mitte August benötigt Griechenland rund zwölf Milliarden Euro, um laufende Rechnungen zu begleichen und fällige Kredite abzulösen. Schon am Montag muss Athen 3,5 Milliarden Euro an die EZB zahlen, beim IWF ist die Regierung ohnehin im Zahlungsrückstand. Ohne Rückzahlung müsste die EZB ihre Notkredite für Griechenlands Banken einstellen, das labile Finanzsystem des Landes würde dann wohl endgültig kollabieren. Auf der Ratssitzung der EZB an diesem Donnerstag werden von EZB-Chef Mario Draghi Aussagen zum weiteren Vorgehen der Währungshüter erwartet.