Frankreichs Präsident François Hollande (links) mit dem griechischen Premier Alexis Tsipras und Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy (rechts) Foto: dpa

Griechenland hat seine Reformliste vorgelegt. Sie ähnelt verblüffend dem letzten Angebot der Gläubiger, dem die Griechen eine Absage erteilt hatten. Frankreichs Präsident Hollande nennt die Vorschläge aus Athen "seriös und glaubwürdig".

Brüssel/Athen - Die neue griechische Reformliste hat bei Vertretern anderer Euroländer vorsichtigen Optimismus auf eine Einigung des Schuldenstreits ausgelöst. Frankreichs Präsident François Hollande bezeichnete die Vorschläge am Freitag als „seriös und glaubwürdig“. Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann betonte, es gebe die Chance auf eine Einigung. Die deutsche Bundesregierung gab dagegen noch keine inhaltliche Bewertung ab.

Die griechische Regierung hatte das 13-seitige Papier kurz vor Abgabeschluss am späten Donnerstagabend der EU übermittelt. Es sieht die Abschaffung von Steuervergünstigungen für den Tourismussektor und die Inseln und die Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre vor. Die Militärausgaben sollen gesenkt, Staatsunternehmen privatisiert und Steuerbetrug stärker verfolgt werden.

Eine Bewertung der drei Geldgeber-Institutionen aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) sollte noch im Laufe des Tages an die Eurogruppe übermittelt werden. Diese wird am Samstag bei einem Sondertreffen darüber beraten. Wenn die Finanzminister grünes Licht für die griechischen Vorschläge geben, könnte der geplante Gipfel der Euro-Länder am Sonntag entfallen. Dann reicht das Treffen der 28 Staats- und Regierungschefs der EU am Sonntag in Brüsel.

Dijsselbloem äußert sich zurückhaltend

Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem äußerte sich zurückhaltend. Auf die Frage, ob es Hoffnung auf eine Lösung der Krise gebe, sagte der niederländische Finanzminister: „Das kann ich noch nicht sagen.“ Athen habe einen „umfassenden Text“ vorgelegt, sagte Dijsselbloem in Den Haag. „Aber dessen Qualität muss sich erst noch erweisen.“

Hollande nannte die kommenden Stunden entscheidend. Frankreich werde alles für eine gute Vereinbarung tun, die die europäischen Regeln respektiere. Die Griechen hätten ihre Entschlossenheit gezeigt, in der Euro-Zone zu bleiben. Laut Berichten griechischer Medien hatten Experten des Finanzministeriums in Athen bei der Erstellung des Reformpapiers eng mit französischen Beratern zusammengearbeitet.

In vielen Punkten entspricht das Athener Schreiben dem letzten Angebot der Gläubiger, das jedoch mit dem Abbruch der Verhandlungen ausgelaufen war. Es geht nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft sogar darüber hinaus. „Das im Gegenzug geforderte dreijährige Hilfsprogramm mit einem Volumen von über 53 Milliarden Euro würde Wirtschaftsakteuren in Griechenland die Unsicherheit nehmen, die sich in den vergangenen Monaten breitgemacht hat“, erklärte IW-Chef Michael Hüther in einer Mitteilung.

Tsipras will Eilverfahren durchdrücken

Einen entscheidenden Schritt gibt es noch: Das griechische Parlament soll bereits am Freitagabend im Schnellverfahren der Regierung die Vollmacht geben, am Wochenende in Brüssel eine Vereinbarung zu unterzeichnen. Die endgültige Billigung des Sparprogramms soll später nachgeholt werden.

Dabei droht eine Zerreißprobe für die Regierungspartei Syriza, deren linker Flügel über Tsipras’ Zugeständnisse an die Gläubiger aufgebracht ist. Um eine Regierungskrise zu vermeiden, sollen die Syriza-Abgeordneten ohne Fraktionszwang frei abstimmen können. Damit werde das Votum nicht zur Vertrauensfrage für Tsipras, hieß es.

Die Regierung verfügt über 162 der 300 Abgeordneten im Parlament. Eine Mehrheit für das Reformpaket gilt als sicher, weil die großen Oppositionsparteien dafür stimmen werden. Tsipras erklärte griechischen Reportern zufolge: „Wir haben alle gemeinsam für ein sozial gerechteres Abkommen gekämpft. Jetzt müssen wir geschlossen weitermachen.“ Das „Nein“ des Volkes zu den jüngsten Forderungen der Gläubiger beim Referendum vergangene Woche sei kein Auftrag zum Verlassen der Eurozone gewesen.

Einer neuen Griechenlandhilfe müsste neben anderen Parlamenten auch der Deutsche Bundestag zustimmen. In der Unionsfraktion gibt es dagegen noch Widerstand.