Viel beschäftigt mit Griechenland: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Foto: dpa

Mit dem langen Hin und Her hat sich Griechenland den Unmut vieler Unionspolitiker zugezogen. Dennoch rechnet die Kanzlerin mit einer satten Mehrheit für neue Griechenland-Hilfen, wenn der Bundestag am Freitag abstimmt.

Berlin - Trotz massiver Bedenken in der Union gegen neue Griechenland-Hilfen rechnen die Koalitionsspitzen fest mit einer satten Bundestagsmehrheit für Verhandlungen darüber. Das Parlament wird an diesem Freitag in einer Sondersitzung abstimmen, wenn Athen bis dahin alle Bedingungen erfüllt hat. Bundeskanzlerin Angela Merkel empfahl mit „voller Überzeugung“ ein Ja. Gleichzeitig wies sie Spekulationen zurück, sie könnte über eine Vertrauensfrage Druck auf die Unions-Skeptiker ausüben.

Zuletzt hatten mehr als 100 Abgeordnete von CDU und CSU zu Protokoll gegeben, einem dritten Rettungsprogramm nicht mehr zustimmen zu wollen. Die SPD hatte dagegen im Februar geschlossen für die Verlängerung des letzten Griechenland-Hilfsprogramms votiert. Die Koalition verfügt über 504 von 631 Stimmen im Bundestag.

Griechenland braucht bis zu 86 Milliarden

Das neue Hilfspaket für drei Jahre soll ein Volumen von 82 Milliarden bis 86 Milliarden Euro umfassen. Der Bundestag muss zunächst seine Zustimmung für Verhandlungen über die Hilfen aus dem Euro-Rettungsfonds ESM geben. Erst nach einer Einigung folgt dann ein zweites, entscheidendes Votum. Auch deswegen gilt ein klares Ja bei der ersten Abstimmung am Freitag als sicher.

Vor der Bundestagsabstimmung muss das griechische Parlament die geforderten Reformen beschließen. „Wenn das geschieht, bin ich zuversichtlich, dass der Bundestag mit breiter Mehrheit für die Aufnahme von Verhandlungen stimmen wird“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel nannte die Beschlüsse des Euro-Gipfels von Brüssel ein „faires Angebot“.

CSU-Chef Horst Seehofer zeigte sich „sehr zufrieden mit dem, was auf dem Tisch liegt“. Nach seinen Angaben gab es im Parteipräsidium aber Kritik vom Vizevorsitzenden Peter Ramsauer und dem früheren Bundesinnen- und Agrarminister Hans-Peter Friedrich. Aus der CDU bekräftigte Wolfgang Bosbach sein Nein. Durch die Vereinbarung der Euroländer „erhöht sich das schon jetzt enorme Haftungsrisiko der europäischen Steuerzahler noch mehr“, sagte er.

Vorwürfe gegen Schäuble

Die Opposition erhob schwere Vorwürfe gegen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der einen Grexit (Verlassen der Eurozone) Griechenlands auf Zeit ins Spiel gebracht hatte. „Er war bereit, der Totengräber der Eurozone zu werden“, sagte Linke-Chef Bernd Riexinger. „Ich glaube, er hat tatsächlich die Europäische Union gespalten.“

Der Vorsitzende der europäischen Grünen, Reinhard Bütikofer, sagte auf „Phoenix“, Deutschland sei bei den Verhandlungen aus der Rolle gefallen. Statt Integration in Europa zu betreiben, habe das Land eine „herrische Rolle“ eingenommen. Der „herzlose, herrische und hässliche Deutsche hat wieder ein Gesicht und das ist das von Schäuble“.