Nach der Einigung in der Griechenland-Krise bleiben die Volkswirte skeptisch. Foto: EPA FILE

Im griechischen Schuldendrama gelingt den Staats- und Regierungschefs nach einer Marathonsitzung ein Kompromiss. Doch aus Sicht von Volkswirten damit sind noch längst nicht alle Probleme vom Tisch.

Frankfurt/Main - Volkswirte haben zurückhaltend auf die Einigung im Schuldenstreit mit Griechenland reagiert. Immerhin sei die Wahrscheinlichkeit eines Ausscheidens Griechenlands aus dem gemeinsamen Währungsraum („Grexit“) etwas gesunken, erklärte Chefvolkswirt Ulrich Kater von der Dekabank am Montag. „Aus unserer Sicht liegt die Wahrscheinlichkeit nun wieder bei unter 50 Prozent.“ Risiken sieht Kater vor allem beim griechischen Parlament, das die Ergebnisse der 17-stündigen Marathonsitzung der Staats- und Regierungschefs der Eurozone bis Mittwoch billigen muss.

Mit der Einigung auf Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket für Hellas sind aus Sicht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) noch nicht alle Probleme des Landes gelöst. „Es wäre verfrüht, die Einigung als einen Erfolg anzusehen“, teilte DIW-Präsident Marcel Fratzscher mit. „Es ist lediglich ein erster Schritt, die wirtschaftliche Abwärtsspirale Griechenlands aufzuhalten.“ Ungelöst blieben Fragen, wie der griechische Staat zahlungsfähig werde, wie das Bankensystem neu strukturiert und wie ein Wachstumsimpuls gegeben werden könne.

Dennoch: „Die Einigung ist ein gutes Resultat für Europa und für Deutschland“, sagte Fratzscher. Das geplante dritte Programm sei mehr als großzügig.

Die Commerzbank sieht die weitere Entwicklung der Eurozone nach dem Gipfel kritisch. In hochverschuldeten Ländern des Währungsraums ließen sich Reformen nicht in der Breite durchsetzen, kommentierte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Besonders kritisch sei die mangelnde Reformbereitschaft des Euro-Schwergewichts Italien.

Ohne die notwendigen Reformen wird nach Einschätzung Krämers vor allem die Europäische Zentralbank (EZB) immer wieder in die Bresche springen müssen. Dabei werde die Notenbank künftig weiter versuchen, wirtschaftliche Probleme mit Hilfe einer lockeren Geldpolitik zu kaschieren. „Das Gipfel-Wochenende lehrt, dass die EZB wegen des Fehlens eines Reformkonsenses unter den Staats- und Regierungschefs als Ausputzer eingespannt bleibt“, so Krämer.

Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank aus Liechtenstein sagte, immerhin habe das konsequente Auftreten der EZB in der Schuldenkrise die Stabilität der gemeinsamen Währung an den Finanzmärkten gewährleistet. Trotz der Querelen im Schuldenstreit habe sich der Euro „äußerst robust“ gezeigt. Daraus sei zu schließen, dass es an den Finanzmärkten „ein Grundvertrauen“ in die Währungsunion gebe.