Auf dem ehemaligen Grether-Areal in Grenzach sollen Sozialwohnungen gebaut werden. An der Art und Weise scheiden sich auf politischer Ebene die Geister.
Die Gebäude und Hallen der ehemaligen Firma Rollladen-Grether sind verkauft worden und sollen abgerissen werden.
Nach Informationen unserer Zeitung besitzt der neue Eigentümer bereits einige Immobilien in direkter Nachbarschaft.
Der Besitzer plant nun, das Grether-Gelände mit einem dreistöckigen Mehrfamilienhaus mit 17 sozial geförderten Wohneinheiten zu bebauen.
Ein Teil der bisherigen Gewerbefläche wird dabei entsiegelt.
Geplante Optik gefällt nicht allen
Vom Grundsatz her geht die örtliche Kommunalpolitik mit dem Projekt mit. Wenn auch mit etwas Bauchweh, wie am Donnerstagabend bei der öffentlichen Sitzung des Technischen Ausschusses des Gemeinderats hörbar war. Dies vor allem wegen der geplanten Optik des Neubaus. Bürgermeister Tobias Benz will dem Bauherrn entsprechende Rückmeldungen geben, wie er sagte.
Zunächst aber muss die Lörracher Baurechtsbehörde prüfen, ob das Vorhaben in dieser Form mit Befreiung überhaupt genehmigungsfähig wäre oder erst der für das Gebiet geltende Bebauungsplan – auf Kosten des Vorhabenträgers – angepasst werden müsste. Denn das Regelwerk sieht bisher lediglich eine eingeschossige Bebauung für den nördlichen Grundstücksbereich vor.
Bebauungsplanänderung nötig oder nicht?
Die Gemeindeverwaltung hat sich deshalb fachlich Beratung geholt. Dieser zufolge seien gesetzliche Voraussetzungen für eine Befreiung von den Festlegungen des Bebauungsplans durchaus gegeben. Gemäß Paragraf 31 Absatz 3 des Baugesetzbuchs könne in einem „Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt“ – Grenzach-Wyhlen ist als solches definiert – mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, „wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist“, zitierte der Rathauschef. Das zu entscheiden, sei jedoch Sache der Baurechtsbehörde in der Kreisstadt.
Teil der Fläche wird entsiegelt
Dass für das Bauvorhaben Fläche entsiegelt werden soll, begrüßte Benz ausdrücklich. Außerdem entstehe Wohnraum im unteren Preissegment. Das Grenzacher Bahnhofsgelände werde durch den Neubau sicherlich aufgewertet. Man habe eine Gewerbebrache weniger und dafür Wohnraum. Dass der vorgesehene Neubau eine offene Garage im Sockelbereich, Stellplätze entlang der Straße und zur Nordseite hin eine fensterlose, ungegliederte Fassade bekommen soll, wirke Benz zufolge aber „etwas abweisend“. Man werde den Vorhabenträger hier um Nachbesserungen bitten.
„Schade, dass ein Gründerzeithaus wegfällt“
Im Gremium sah man dies ähnlich. Peter Weber (FW) fand es zwar „schade, dass ein Gründerzeithaus wegfällt“, aber was sich auf dem Gelände aktuell befinde, „ist ein Rumgebastel“. Der geplante Sozialwohnungsbau könnte in seiner Ausführung „wirklich schlimmer sein“. Auch Aaron Gössler (Grüne) sprach von einer Aufwertung des Quartiers. Er bat jedoch um gestalterische Nachbesserungen. Sabine Gampp (CDU) sprach von einer besseren Nutzung als aktuell, forderte aber, den Bebauungsplan anzupassen, um das ständige Erteilen von Befreiungen und dem damit möglichen Schaffen von Präzedenzfällen einen Riegel vorzuschieben.
Blubacher übt deutliche Kritik
Deutlich schärfer fiel die Kritik von Ralf Blubacher (FDP) aus. Die Optik des geplanten Baukörpers mit drei Geschossen, Attika und Flachdach kommentierte der Freidemokrat mit einem bissigen „Der Lehrling im ersten Jahr durfte ein paar Schuhkartons stapeln“. „Aber es gibt ja eh keine schöne Architektur mehr“, warf Blubacher lakonisch hinterher. Man solle, den Vorhabenträger fragen, „ob’s das auch in schön gibt“. Obendrein warnte Blubacher dringend vor der Reduzierung des Stellplatzschlüssels auf 1,0 pro Wohneinheit, wie er für den Sozialwohnungsbau in Grenzach-Wyhlen seit einem Grundsatzbeschluss des Gemeinderats bereits gilt. „Wir schaffen sonst nur Probleme.“ Die Güterstraße sei bekanntlich jetzt schon stark zugeparkt.
Hier machte Bürgermeister Benz ihm allerdings wenig Hoffnung. Denn der Stellplatzschlüssel von 1,0 gelte nun einmal. Im Sinne der Gleichbehandlung solle man davon nicht abweichen. Aber auch er werde dem Bauherrn ein „etwas gefälliger, bitte“ als Rückmeldung geben, kündigte Benz an. Ansonsten gelte: „Architektur ist Ansichtssache.“