Obwohl sie die fünffache Leistung haben wird, ist die zweite Power-to-Gas-Anlage auf dem Gelände des Wyhlener Wasserkraftwerks baulich kompakter als die bestehende Ein-Megawatt-Anlage. Foto: Tim Nagengast

Für die zweite Wasserstofferzeugungsanlage am Wasserkraftwerk ist am Montagmittag das Richtfest gefeiert worden. In etwa einem Jahr soll sie in Betrieb gehen.

Die im Jahr 2019 in Betrieb genommene erste Power-to-Gas-Anlage (P2G) war gerade nicht in Betrieb, als das Richtfest des Rohbaus der zweiten Anlage gefeiert wurde. Es gebe aktuell „Probleme“, wie vor Ort zu hören war. Der guten Stimmung beim Richtfest für Anlage Nummer zwei tat dies jedoch keinen Abbruch. Obwohl baulich kompakter als das seit sechs Jahren bestehende Ein-Megawatt-Pendant, soll sie ab Inbetriebnahme im kommenden Jahr dessen fünffache Leistung liefern. Dabei werde in der neuen Anlage die sogenannte PEM-Elektrolyse (Proton-Exchange-Membrane) zum Einsatz kommen – und nicht ein alkalisches Verfahren wie in Anlage Nummer eins, wie Naturenergie-Sprecher André Büssers auf Nachfrage erläuterte.

 

Größte Anlage in Süddeutschland

Beim Richtfest herrschte jedenfalls Optimismus vor, dass der wachsende Naturenergie-Campus am Wyhlener Kraftwerk die Doppelgemeinde mehr und mehr zu einem „Vorzeigestandort der Energiewende“ werden lässt, wie Michael Schwery, Vorsitzender der Geschäftsführung des Unternehmens, beim Richtfest es ausdrückte. Immerhin werden mit der neuen Anlage in Wyhlen die bislang größten Produktionskapazitäten von klimaneutralem Wasserstoff in Süddeutschland entstehen. Das Gas soll dabei auch einmal zur regionalen Versorgung von Industrie und Kunden in der Mobilität dienen.

Projektleiterin Reihaneh Zohourian und Erik Seidel von Moser Bau zelebrierten das Richtspruch-Ritual. Foto: Tim Nagengast

„Viel Arbeit, Müh und Plag“

Beim Richtspruch selbst ging es – der sengenden Hitze zum Trotz – hoch oben auf dem Baugerüst ausgesprochen fröhlich zu. Erik Seidel (Firma Moser Bau) erhob das eine oder andere Glas, während er heitere Verse vortrug. „Es gab viel Arbeit, Müh und Plag. Doch wuchs dies Haus von Tag zu Tag“, reimte Seidel, assistiert von Projektleiterin Reihaneh Zohourian, die gerne mit ihm anstieß, ehe die Gläser zu Boden sausten.

Benz spricht von „Leuchtturmprojekt“

Bürgermeister Tobias Benz sprach in seinem Grußwort von einem „schönen, wichtigen Anlass“. Er bewundere die Firma Naturenergie (ehemals Energiedienst) für ihren „Mut, Neuland zu betreten“ und in Wyhlen ein höchst innovatives Projekt zu starten. Schon vor neun Jahren, als der Gemeinderat erstmals mit dem Thema „Power-to-Gas“ konfrontiert worden sei, „war klar: Das hier ist ein Leuchtturmprojekt“. Benz streifte in seinen Ausführungen auch kurz den „großen Wandel“, der sich vollzogen habe, was die Akzeptanz des Themas in der Öffentlichkeit angehe. So gab es zu Beginn eine Bürgerinitiative, die dem Thema äußerst kritisch gegenüberstand, vor Gefahren warnte und sich alsbald bestätigt sah, als es in der ersten Anlage zu einer Verpuffung kam. Benz sprach dabei von „Diskussionen in nicht gerade innovationsfreundlichem Klima“.

Kritiker von damals sind verstummt

Doch die Kritiker sind verstummt. Um die Bürgerinitiative ist es ruhig geworden, und die Projektverantwortlichen bemühten sich in den vergangenen Jahren erfolgreich um Transparenz, zum Beispiel in Form von Infoveranstaltungen.

Nun sehe man in Wyhlen einen „Energiecampus“ entstehen, lobte Benz. Dazu gehören neben dem Flusswasserkraftwerk nun bald zwei P2G-Anlagen, ein Heizkraftwerk für das geplante Nahwärmenetz, PV-Anlagen und die gerade im Bau befindliche neue Zufahrt. Der Bürgermeister ist überzeugt, dass sich genügend Anwendungsbereiche für grün erzeugten Wasserstoff finden werden.

Auch für die EnBW sei Wasserstoff als Energieträger „ein ganz wichtiges Thema“, ergänzte Wolfram Münch, Leiter Forschung und Entwicklung bei EnBW. Grünen Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen herzustellen, sei dabei von großer Bedeutung.