Der Briefmarken-Sammlerbund Grenzach-Wyhlen feiert 60-jähriges Bestehen. Im Gespräch erklären Vorsitzender Daniel Herrmann und François Boeglin den Reiz am Hobby Philatelie.
Sind das Sammeln und die Beschäftigung mit Briefmarken und Zubehör ein langsam aussterbendes Hobby? Nein. Menschen wie Daniel Herrmann und François Boeglin sind der Beweis für das Gegenteil. Mit geradezu ansteckender Begeisterung gewähren die beiden Elsässer dem Reporter unserer Zeitung Einblicke in ihre Sammlungen und die Idee, die jeweils dahintersteckt.
Nicht nur „Michel“, Pinzette und Einsteckalbum
Klassische Einsteckbücher liegen jedenfalls nicht auf dem Wohnzimmertisch, als der Autor dieses Artikels bei Familie Herrmann zu Besuch weilt. Auch die obligatorischen „Michel“-Kataloge, Lupen oder Pinzetten sind nirgends auszumachen. Stattdessen: Mappen mit aufwendig gestalteten Folien, Ringbücher und Postkartenalben.
Dabei liegen etliche weiterführende Belegstücke zur Abrundung des jeweiligen Sammelgebiets. Schon lange sind Sammler wie Herrmann und Boeglin nicht mehr mit Fehllisten in der Hand auf Tauschtagen unterwegs, um nur den einen oder anderen Briefmarkensatz zu vervollständigen. „Denn wir sind Philatelisten und eben keine Briefmärkler“, wie Herrmann schmunzelnd sagt.
BSB Grenzach-Wyhlen arbeitet trinational
Bereits im neunten Jahr leitet der Elsässer den Grenzach-Wyhlener Briefmarken-Sammlerbund (BSB). Dass er dies vom heimischen Blotzheim aus tut und dennoch regelmäßig in Grenzach-Wyhlen anzutreffen ist, ist in der sehr gut vernetzten Szene keineswegs ungewöhnlich. So lebt der BSB den trinationalen Regio-Gedanken so intensiv wie wohl kaum ein anderer Verein in Grenzach-Wyhlen: Während der Vorsitzende also ein Franzose aus dem Elsass ist, hat den Stellvertreterposten mit Bob Harper ein in Schweizer Rheinfelden lebender Engländer inne.
Vereine leben die „kleine“ Regio
Dort wohnt auch BSB-Schriftführer Anton Nydegger, während Kassierer Klaus Reichenbach und erster Beisitzer Ewald Kunzelmann – er war früher Vorsitzender – aus Inzlingen stammen. So kommen bei den regelmäßigen Treffen ganz selbstverständlich Mitglieder aus allen drei Ländern zusammen, um ihrem gemeinsamen Hobby zu frönen.
Herrmann selbst ist bereits vor mehr als 30 Jahren zum BSB dazugestoßen. „Aus Sympathie“, sagt er, „wir kamen ja eh immer zusammen“. Mit „wir“ meint er „die kleine Regio“, also die Briefmarkensammler aus den Vereinen Grenzach-Wyhlen, Saint-Louis (F) und Reinach (CH). Weitere aktive Vereine in der Nähe gibt es unter anderem in Hausen, Lörrach und Basel.
Der BSB Grenzach-Wyhlen gehört nach Herrmanns Aussage aber heute zu den wenigen Vereinen, die neben Tausch- und Verkaufsbörsen auch Ausstellungen auf die Beine stellen. Denn dafür, so betont der 74-Jährige, brauche es eben richtige Philatelisten. Weil es deren aber immer weniger gebe, „sterben die Vereine leider“, bedauert der Ingenieur im Ruhestand. Philatelie sei nun einmal „mehr als nur Briefmarken ins Album zu stecken“.
Dahinter verberge sich der Wunsch nach stetigem Dazulernen, der Hunger nach Wissen und die Freude an vertiefter Beschäftigung mit einem Thema, das oft weit über das eigentliche Sammlerstück hinausreiche.
„Wir sind Forscher und Sammler“, bringt es François Boeglin es auf den Punkt. Der aus Hüningen stammende Spediteur im Ruhestand ist, wie er erzählt, einst über das Thema „Eulen“ zur Philatelie gekommen. Weil sein älterer Bruder Briefmarken sammelte, stieg Boeglin ebenfalls in dieses Hobby ein und verband sein eigenes Interesse an Eulen damit. Heraus kam eine Motivsammlung, also eine Kollektion von Briefmarken und weiteren Belegen, die mit diesen Vögeln zu tun haben. Auch Postkarten haben es dem 70-Jährigen angetan.
Von der Eule auf „Schlaraffia“ gekommen
Mit Freude bringt Boeglin sich diesen Sonntag im Haus der Begegnung in Grenzach bei der Ausstellung aus Anlass des 60-jährigen Bestehens des BSB ein. Dazu hat er mit bemerkenswertem Aufwand etliche Folien und Seiten zum Thema „Schlaraffia“ gestaltet. Darauf befinden sich erstaunliche, aber auch durch intelligenten Humor bestechende Belegstücke über diese nur wenig bekannte deutsche Bruderschaft, deren Vereinsableger auf allen Kontinenten existieren. „Mit Ausnahme der Antarktis“, wie Boeglin lachend ergänzt.
Die „Schlaraffia“ wurde 1859 von Opernsängern gegründet – zur Erhaltung von Kunst, Humor und Freundschaft. Der Hauptsitz der „Allschlaraffia“-Geschäftsführung befindet sich in Bern. Als Wahrzeichen führt er: die Eule. Womit sich für Boeglin der (Sammler)-Kreis wieder schließt.
Daniel Herrmann präsentiert im Rahmen der Ausstellung gleich zwei Sammelgebiete: „Berlin 1916, der Olympiatraum“ (darunter eine Karte der Einweihung des Deutschen Stadions im Grunewald anno 1913) sowie „Die Concorde“. Neben in diesen berühmten Flugzeugen beförderten philatelistischen Belegen zeigt Herrmann auch eine absolute Rarität: eine französische Concorde-Briefmarke, die niemals hätte erscheinen dürfen. Denn in der Druckerei hatte irgendwer (versehentlich?) die falsche Portozahl in die Druckplatte gesetzt. Der Fehler wurde rasch bemerkt, und die mit unkorrektem Francs-Wert versehenen Briefmarken hätten eigentlich wieder eingestampft werden sollen. Doch Herrmann besitzt eine von ihnen.
Raritäten, die es gar nicht geben dürfte
Weitere Exponate steuern am Sonntag Heidy Kuhn („Der Tanz“), Anton Nydegger („Landkarten einmal nicht auf Briefmarken“) und Ewald Kunzelmann („Inzlingen und das Wasserschloss“) bei. Die Besucher können sich auf 240 Seiten in zehn Rahmen freuen.
Natürlich sind auch die klassischen Sammler im Haus der Begegnung an der richtigen Adresse. Für sie gibt es neben Briefmarken und Postkarten auch Münzen, Vignetten, alte Papiere, Dokumente, Zeichnungen, Bilder und „alles, was sich sammeln lässt“, wie es heißt. Schauen, tauschen, kaufen und ergänzen ist angesagt. Worin die Zukunft des Briefmarkensammelns liegt? Wohl in der Philatelie, wie Herrmann und Boeglin sagen. Das übrige, die reinen Briefmarkensammlungen, überschwemme schon seit Jahren den Markt. Denn allzu oft unterlägen unbedarfte Erben der irrigen Annahme, dass Opas hinterlassene Briefmarkenkollektion dessen stille Geldanlage gewesen sei. „Und dann kommt das böse Erwachen“, weiß Daniel Herrmann.
Briefmarkensammlungen sind keine Wertanlagen
Die beiden BSB-Vertreter empfehlen daher jedem Interessierten, sich lieber in Philatelie zu versuchen, als einfach nur „Märkli“ anzuhäufen. „Denn Philatelie ist die schönste und billigste Methode, um sich weiterzubilden – permanent. Philatelie ist Kultur. Unser Wille ist die Weiterbildung. Und in der Philatelie lernt man nie aus“, fasst der BSB-Vorsitzende es zusammen. Und ergänzt augenzwinkernd: „Wenn man ein Wunderfitz ist, muss man ein Philatelist sein, um weiterzukommen.“ Und was, wenn es einmal keine neuen Briefmarken mehr geben wird? „Dann“, sagt Daniel Herrmann, „dann bleibt uns nur noch die Philatelie.“
Die Sammlerbörse mit Ausstellung findet am Sonntag, 29. Juni, von 9 bis 15.30 Uhr im Haus der Begegnung statt.
Öffnungszeiten
Die Ausstellung und Börse
aus Anlass von „60 Jahre Briefmarken-Sammlerbund Grenzach-Wyhlen“ findet am Sonntag, 29. Juni, von 9 bis 15.30 Uhr im Haus der Begegnung, Scheffelstraße 3a, in Grenzach statt.
Infos zum Verein:
www.briefmarken-sammlerbund.de