Im aktuellen Weltklimabericht gehen Experten davon aus, dass der Anstieg des Meeresspiegels unausweichlich geworden ist. (Symbolbild) Foto: AFP/JONATHAN NACKSTRAND

Greenpeace und weitere Umweltverbände üben harte Kritik an Regierung und Konzernen, nachdem der Weltklimabericht veröffentlicht wurde. Im Papier heißt es, das 1,5-Grad-Ziel könne bereits im Jahr 2030 überschritten werden.

Genf -

Nach der Veröffentlichung des neuen Sachstandsberichts des Weltklimarats IPCC haben Umweltorganisationen der Politik ein zu zögerliches Handeln beim Klimaschutz vorgeworfen. „Das Schockierende dieses Berichts ist, dass alles Alarmierende darin abzusehen war - und doch bewegen sich Regierungen und Konzerne beim Klimaschutz noch immer im Schneckentempo“, erklärte Greenpeace-Klimaexperte Christoph Thies am Montag. Der Bericht zusammen mit den jüngsten Bildern von Bränden und Fluten müsse „die Politik aufrütteln“, mahnte er.

WWF kritisiert Ausbau-Strategie erneuerbarer Energien

Thies nannte es „eine enorme gesellschaftliche Herausforderung“, die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen. „Aber die Folgen einer ungebremsten Klimakrise konfrontieren die Welt mit ungleich größeren Herausforderungen, die die Ärmeren zuerst treffen.“ 

„Jede Regierung, auch die kommende deutsche Bundesregierung, muss den Verbrauch fossiler Energien so schnell wie möglich stoppen und Wälder, Moore und Ozeane als natürliche CO2-Senken schützen“, appellierte der Greenpeace-Experte mit Blick auf die Bundestagswahl im September. 

„Wir müssen dringend handeln, ein weiteres Zögern werden wir uns selbst nicht mehr verzeihen können - ganz zu schweigen von unseren Kindern“, warnte auch Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF. „Eine der wichtigsten Säulen für den nachhaltigen Umbau unserer Wirtschaft - der Ausbau sauberer Energie aus Wind und Sonne - wurde gezielt klein gehalten“, kritisierte er. 

Fridays for Future fordert klimakonforme Wahlprogramme

Die Klimaschutz-Bewegung Fridays for Future wandte sich ebenfalls mit harten Worten an die Politik. „Wir stehen wenige Woche vor der Bundestagswahl in einem der Hauptverursacherländer der Klimakrise und keine der Parteien hat eine angemessene Antwort auf die Drastik der Lage“, erklärte Sprecherin Luisa Neubauer. Sie forderte die Neuverhandlung der Wahlprogramme, die alle 1,5-Grad-konform sein müssten. 

Auch das Bündnis Klima-Allianz übte scharfe Kritik. „Selbst angesichts der dramatischen Folgen der Flutkatastrophe in seinem eigenen Bundesland zeigt Kanzlerkandidat Armin Laschet keine Entschiedenheit beim Klimaschutz und präsentiert bislang keine wirksamen Lösungen“, bemängelte Vize-Geschäftsführer Malte Hentschke-Kemper in Richtung des CDU-Politikers und NRW-Ministerpräsidenten Laschet. Im Wahlkampf brauche es „einen sachlichen Wettstreit um das beste Gesamtkonzept“. 

„Die weltweiten Entscheidungen dieser Dekade werden diesen Planeten für Jahrtausende prägen“, mahnte auch Christoph Bals, der politische Geschäftsführer der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. Die Menschen hätten einen „ernsthaften Wahlkampf“ verdient, bei dem es maßgeblich darum gehen sollte, mit welchem Gesamtkonzept und Sofortprogramm die Klimakrise in Deutschland und international bekämpft werden soll.

Der Weltklimarat IPCC warnt im ersten Teil seines neuen Sachstandsberichts vor einer deutlich rascheren globalen Erwärmung als bislang angenommen. Die Erde werde sich bei der derzeitigen Entwicklung bereits gegen 2030 um 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter erwärmen - und damit zehn Jahre früher als noch 2018 prognostiziert, heißt es in dem am Montag in Genf veröffentlichten Bericht. Die Erderwärmung ist demnach „eindeutig“ durch den Menschen verursacht.