Tückische Luke: Die Astronautin Ryan Stone (Sandra Bullock) versucht in „Gravity“, in die Raumstation ISS zu gelangen. Foto: Warner

Verloren im All: Sandra Bullock spielt die Rolle ihres Lebens in dem atemberaubenden Thriller „Gravity“.

Filmkritik und Trailer zum Kinofilm „Gravity“

Stuttgart - „Ich hasse den Weltraum“, sagt die Wissenschaftlerin Dr. Ryan Stone zu sich selbst, während sie allein im All ums Überleben kämpft. Nach einer Kollision treiben Satelliten-Wrack-Teile um die Erde und zerstören alles in ihrer Umlaufbahn – auch das Shuttle, an dem Stone im Außeneinsatz war.

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Verletzlich ist die menschliche Technik im All, hochtechnisierte amerikanische Raumschiffe, russische Sojus-Kapseln mit ihren analogen Instrumenten, chinesische Raumstationen mit Touch-Screens – und der sich selbst gern überschätzende Mensch sowieso. In „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“ ließ der mexikanische Regisseur Alfonso Cuarón die Kamera durch das große Uhrwerk der Zauberschule Hogwarts fliegen, in „Children of Men“ entwarf er die beklemmende Zukunftsvision einer unfruchtbar gewordenen Menschheit; nun blickt er in atemberaubenden 3D-Bildern auf die menschliche Raumfahrt, die ein kleiner Zwischenfall völlig aus der Bahn wirft.

Dabei bleibt er mit der Kamera hart an seiner Protagonistin. Mal kriecht er in ihren Helm und lässt die Zuschauer an ihrem Blickwinkel auf All und Erde teilhaben, mal beobachtet er sie von Ferne als winziges Pünktchen im Universum. Sandra Bullock (49) spielt die Rolle ihres Lebens. Mal treibt sie kreiselnd durch den Raum, immer wieder sucht sie Halt, öffnet Luken, löscht Feuer. Mal starrt sie ratlos auf kyrillische und chinesische Schriftzeichen, mal muss sie mit Gerätschaften umgehen, an denen sie immer versagt hat beim Training auf der Erde, auf die sie nun zurückzukehren versucht.

Bullock spielt den menschlichen Kampf gegen die Hoffnungslosigkeit durch mit allen Emotionen, und sie zeigt eine Körperspannung, die keine Zweifel aufkommen lässt: Diese Frau könnte so ein Abenteuer auf Leben und Tod meistern. Hier liegt ein Oscar in der Luftleere. Ihr Pendant ist George Clooney (52) als anarchischer Weltraum-Veteran Matt Kowalski. Er träumt davon, einem Russen den Rekord für den längste Raumspaziergang abzunehmen, und Cuarón lässt ihn auf sehr ausgeklügelte Weise auch dann noch als Mentor weiterwirken, als das All die beiden längst getrennt hat.

Die Stereoskopie setzt der Regisseur nie als Effekt ein, sondern konsequent dramaturgisch: Er macht die Tiefe des Raumes physisch spürbar und die klaustrophobische Enge der Kapseln, er spielt virtuos mit der Schwerelosigkeit: Helme, Werkzeuge, Funkenbälle und Blutstropfen treiben durch Raumstationen und Raumflugzeuge – und einmal schwebt eine Träne in den Vordergrund, während die verzweifelnde Stone im Hintergrund allmählich unscharf wird.

So hautnah haben Kinozuschauer einen Ausflug ins Weltall noch nie erlebt – und selten waren sie so froh, hinterher wieder mit beiden Beinen auf der Erde zu stehen.

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