Im November 2008 fotografiert Anton Corbijn Martin Gore, Dave Gahan und Andrew Fletcher (v. li.) in den nordkalifornischen Wäldern. Dieses und weitere Bandfotos sind in dem Bildband von Taschen „Depeche Mode by Anton Corbijn“ zu bewundern. Foto: Anton Corbijn

Depeche Mode sind eine der erfolgreichsten Bands der Welt. Der Fotograf Anton Corbin hat früh das Potenzial der Briten erkannt und mit seiner eigenwilligen Ästhetik das Image der Band geprägt .

Stuttgart - Was haben die Jungs von der Gitarrenrock-Fraktion Depeche Modedamals gehasst. Was haben sie geschimpft über diese Synthiepop-Milchbubis, die nichts weiter konnten, als dumpf auf Keyboards herumzuklimpern und mit ihren putzigen Frisuren für die „Bravo“ zu posieren. Was haben sie gelästert über die Fans dieser Band, die ja offensichtlich keinen Geschmack haben konnten, wenn ihnen Lieder wie „Just Can’t Get Enough“ gefielen. Und was haben sie sich später für ihre Ignoranz entsetzlich geschämt.

Wenn man diesen prächtigen, ein paar Kilo schweren Bildband durchblättert, stellt sich die Frage, wie man sich anfangs in dieser großartigen Band so täuschen konnte. Tatsächlich aber ging es dem Fotografen Anton Corbijn zunächst ganz ähnlich: Als er Depeche Mode im April 1981 als Vorgruppe von Fad Gadget das erste Mal live sah, fand er die Band „zu poppig“ und schenkte ihr nicht viel Aufmerksamkeit.

Anton Corbijn wird zum Chronisten der Musikkarriere

Auch als er Depeche Mode vier Monate später dann für eine Geschichte im Musikmagazin „NME“ fotografierte, war der über einen Teich in Basildon rudernde Dave Gahan noch ein ziemlich pausbäckig-niedlicher Teenager – und nicht der mit Lederweste und nacktem Oberkörper über die Bühne stolzierende Sexgott, als den man ihn inzwischen kennt.

Doch inzwischen ahnte Corbijn offenbar das Potenzial, das in der Band steckte – und wurde zum Chronisten einer beispiellosen Karriere. Während sich Depeche Mode nach und nach von einer Synthiepop- in eine Rockband verwandelte, sorgte er dafür, dass mit der Musik von Martin Gore, Dave Gahan und Andrew Fletcher (Vince Clark verließ schon Ende 1981 die Band, Alan Wilder, der ihn ersetzte, stieg 1995 wieder aus) auch ihr Image erwachsen wurde – mit grandios inszenierten Fotos und Videos, die am liebsten mit einer grobkörnigen Schwarz-Weiß-Optik und mit perfiden Schärfeverlagerungen spielen.

Ohne Anton Corbijn wären Depeche Mode nicht Depeche Mode. Dieses Buch beweist es.

Info zum Buch

Anton Corbijn: Depeche Mode. Taschen-Verlag. 512 Seiten, 100 Euro. www.taschen.com

Info zum Fotografen

Der Niederländer Anton Corbijn (66) ist einer der profiliertesten Fotografen des Rock- und Popbusiness und hat auch bei Filmen und Musikvideos Regie geführt.