Klicken Sie sich durch die Bildergalerie vom Gossip-Konzert in Stuttgart. Foto: Timo Deiner

Beth Ditto ist mit ihrer Band Gossip vor 5300 Fans in der Porsche-Arena aufgetreten.

Stuttgart - Sie sind die Überflieger der Pop-Welt. Vor drei Jahren spielte die Band Gossip noch im Club Schocken, Dienstagabend gastierte sie in der Porsche-Arena. Ein Konzert von einer Mainstream-Band, weit weg von Konsens.

"Proooooost", ruft Beth Ditto, als sie die Bühne im sehr engen Paillettenkleidchen betritt. Gleich zu Beginn macht sie klar: Von Etikette hält sie nichts, und das hier, bitteschön, soll ein lautes, lustiges Rockkonzert werden. Um das zu unterstreichen, rotzt sie auch mal auf die Bühne in der Porsche-Arena. Oder rülpst ins Mikro.

Nach einer Stunde spielen sie "Heavy Cross", die in Deutschland erfolgreichste Single aller Zeiten. Hier tobt die Menge, die Mehrzweckhalle verwandelt sich zum Partyzelt - anders als beim Auftakt in Frankfurt offenbar. Beth Ditto hat die rund 5300 Fans ganz auf ihrer Seite. Später watschelt sie mit hochrotem Kopf von der Bühne und intoniert Dolly Partons "I Will Always Love You". Und sie weiß: Das Publikum liebt sie. Die kleine, dicke Beth mit der eindrucksvollen Stimme. Vielleicht hat sie deshalb am Schluss vor Rührung Tränen in den Augen.

Ihre Geschichte klingt wie ein Märchen. Aus einem armen Mädchen wird ein Popstar. Vor über zehn Jahren lebte Ditto noch in einem Trailerpark in einem Kaff irgendwo in Arkansas. Erstaunlicherweise meint es der Ruhm gut mit der Band Gossip. Sie wirken auch in der großen Halle frisch und herzig. Obwohl es doch ein sehr schneller Aufstieg war, wenn man bedenkt, dass das Trio, als es vor drei Jahren in Stuttgart gastierte, noch im Club Schocken auftrat.

Gossip ist als Band im Mainstream angelangt und doch nicht Konsens. Der Gitarrist Nathan Howdeshell und die Schlagzeugerin Hannah Blilie werden in der großen Halle durch einen Bassisten unterstützt. Manchmal schlagen sie Haken, treibt das Schlagzeug die Melodie nach vorn. Selbst das Cover des Soul-Klassikers "Lady Marmalade" und Tina Turners "What's Love Got To Do It" passen ins Wave-Punk-Pop-Gemisch. Nur die beiden Leinwände erinnern daran, welche Größe Gossip erreicht hat.

Sie wird zur Fashion Week nach Paris eingeladen und darf in der ersten Reihe sitzen, guckt Mode an Models, die gerade mal die Hälfte von ihr wiegen. Bei der Bambi-Verleihung bekommt sie das güldene Rehkitz von Karl Lagerfeld überreicht, der sie liebevoll als "strammen Brummer" bezeichnet. Ditto steht im Mittelpunkt, unübersehbar - und unüberhörbar. Ihre voluminöse Soulstimme und ihre Energie tragen die gerade mal 80 Minuten des Konzerts.

Dafür wird die kleine, kecke Beth gefeiert. Von den Lesben, von den Schwulen, ach von allen. Auch von den Metrosexuellen und Unentschiedenen. Von den Teenies mit ihren Müttern. Das Publikum liebt Beth Ditto für das, was sie ist: lesbische Ikone, Anti-Popstar, vor allem aber der Gegenentwurf zu den vielen ach so anständigen Popsternchen, die nie schwitzen.