Kultur: Bariton Dilian Kushev gibt facettenreiches Konzert in der Ostdorfer Medarduskirche / Von Operette bis zur Oper
Der Bariton Dilian Kushev ist für die Konzertbesucher in der Ostdorfer Medarduskirche kein Unbekannter. An diesem Sonntag ist er, im Gegensatz zu seinem ersten Konzert, alleine gekommen, begleitet von professionellen Playbacks, die er als Produzent im Tonstudio mit zahlreichen Musikern aufgenommen hat.
Balingen-Ostdorf. Schon im Oktober 2019 gastierte Kushev, der sich selbstbewusst als "die goldene Stimme Bulgariens" bezeichnet, mit seinem Trio "Sacralissimo" (mit Sopranistin Evelina Elisarova und Pianist Andrei Angelov) in der Reihe der Medarduskonzerte.
Sein Programmkonzept ist bewährt: "Die schönsten Sakrallieder, Opern- und Operettenarien und Melodien" ergeben eine "musikalische Weltreise" mit Titeln unter anderem aus Italien, England, Russland, Deutschland, Österreich und Frankreich.
Das Kennzeichen Kushevs ist seine große stimmliche Wandlungsfähigkeit: Ob als kraftvoller Opernsänger, tänzerisch bewegter Operetten-Tenor oder sentimentaler Balladen-Interpret: Kushev weiß die Möglichkeiten seiner Stimme gezielt und facettenreich einzusetzen, wechselt nahtlos vom klassischen Fach ins sentimentale "sotto voce" und ist in vielen Sprachen zu Hause. Wenn er auf Italienisch, Englisch, Deutsch oder Russisch singt, ist seine bulgarische Herkunft kaum hörbar – souverän und spielerisch interpretiert er die Titel aus unterschiedlichsten musikalischen Genres.
Seine musikalische Reise begann in Italien mit "Caro mio ben" und dem "Gefangenenchor" aus Giuseppe Verdis Oper Nabucco in der italienischen Originalfassung "Va, pensiero, sull’ ali dorate". Die Orchesterbegleitung des Playbacks versetzte die Zuhörer in eine italienische Opernarena.
Nach "Musica prohibita" von Stanislao Gastaldon folgten bekannte Sakrallieder, denen Dilian Kushev mit Kopfstimme und gefühlvollem "sotto voce" eine besondere Eindringlichkeit verlieh; gleichzeitig vollführte der Bariton einen musikalischen Zeitsprung, der ihn mit dem "Pie Jesu" aus Andrew Lloyd Webbers "Requiem" ins 20. Jahrhundert führte. Es folgten sakrale Klassiker wie "Ich bete an die Macht der Liebe" von Dmitri Bortnjanski, Mozarts "Ave verum", Schuberts "Ave Maria" und "Panis Angelicus" von César Franck. Besonders eindringlich und gefühlvoll gestaltete er die englischen Titel "You raise me up" und Leonhard Cohens "Hallelujah", bevor er mit dem "Wolgalied" aus Lehárs "Zarewitsch" wieder ins Operettenfach wechselte.
Die maßgeschneiderten Playbacks mit ihren unterschiedlichen Instrumentierungen – Orchester, Streicher, E-Piano, Gitarre und Balalaika-Ensemble – schufen ein abwechslungsreiches und stilgerechtes akustisches Szenario. Seine musikalische Heimat kam durch zwei bulgarische Volkslieder zum Ausdruck: "Meine kleine weiße Wolke" beschreibt die Trauer einer Mutter um ihren verlorenen Sohn, "Ludo mlado" das Erwachen einer jungen Frau neben ihrem Geliebten – beide Volkslieder haben einen sentimentalen Balladen-Duktus, der von Kushev mit viel Herzblut vorgetragen wurde.
Nach einem weiteren musikalischen Ausflug nach Italien mit "Santa Lucia" und "O sole mio" folgte mit "Abendglocken" ein Titel in russischer Sprache. Noch einmal wandte sich Kushev mit "Lippen schweigen" aus Lehárs "Die lustige Witwe" dem Operettenfach zu und verwandelte das im Original tänzerisch bewegte Lied durch langsames Tempo und ausgeprägtes Legato in den Stil einer Opernarie.
Es folgte die Bariton-Arie "Di provenza il mar" aus Giuseppe Verdis "La Traviata"; hier beeindruckte Kushev durch eine a capella ausgeführte Kadenz, die deutlich machte, dass er die Kirche mit seiner Stimme auch ohne Playback, Mikrofon und Hall mühelos füllen kann.
Zum Abschied folgte ein Lied, das – so Kushev – "in keinem klassischen Programm fehlen darf": Mit dem berühmten "Nessun dorma" aus Giacomo Puccinis Oper "Turandot" endete die musikalische Weltreise Kushevs dort, wo sie begonnen hatte, in Italien.
Natürlich ließen ihn die Zuhörer nicht ohne eine Zugabe gehen, und mit "Guten Abend, gut’ Nacht" beschloss der vielseitige Künstler sein facettenreiches Programm.