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Achtjährige Stuttgarter tanzen ersten internationalen Wettbewerb.

Stuttgart - Marco Ziga posiert wie ein Großer. Er lächelt in die Kamera, seine Füße sind exakt an der geforderten Position, und er führt seine Partnerin Xenia Stubert immer zur richtigen Stelle. Sie ist noch etwas schüchtern, zeigt aber ihr strahlendstes Lächeln. Die beiden achtjährigen Tänzer sehen aus, als hätten sie nie etwas anderes gemacht. Dabei trainieren sie erst seit diesem Jahr zusammen.

Am Donnerstag haben sie bei den German Open Championships (GOC) in der Klasse Kinder I Latein erstmals an einem internationalen Wettbewerb teilgenommen – nicht ohne Lampenfieber: „Das ist unsere bisher größte Herausforderung, auf dieser Bühne im Rampenlicht zu stehen“, sagt Marco und wirkt dabei recht abgeklärt.

„Tanzen ist ein bisschen wie Fußball“

Über Platz 27 unter 39 Paaren freut sich vor allem Julia Niemann aus dem Tanzsportzentrum Feuerbach. „Das war eine super Leistung, nur zwei Kreuze haben ihnen für die nächste Runde gefehlt“, sagt die Trainerin des Duos. Und auch die Mütter der beiden Nachwuchstänzer, die sie zu ihren Wettbewerben begleiten, sind stolz: „Schon im Februar haben sie bei einer Landesmeisterschaft in ihrer Altersklasse den zweiten Platz erreicht“, sagt Denisa Ziga.

Die Eltern reden von den ersten Erfolgen, die Trainerin freut sich über die Fortschritte. Bleibt die Frage, was eigentlich die Kinder davon halten? Die scheinen – zumindest bis jetzt – großen Spaß an ihrem Sport zu haben. Marco sagt, er tanze gerne und wolle gar nicht mit seinen Freunden ins Fußballtraining gehen. „Tanzen ist ein bisschen wie Fußball“, meint er, „es gibt Klassen, in die man aufsteigen kann.“

Momentan starten Marco und Xenia in der C-Klasse. Dreimal pro Woche trainieren sie gemeinsam. Marco legt zudem eine Krafteinheit ein: „Schließlich will ich meine Partnerin irgendwann auch mal heben können.“ Xenia macht zusätzlich dreimal Gymnastik. Zu viel ist ihnen das nicht. Sagen sie selbst. Und sagen ihre Mütter. „Allerdings habe ich schon mit Xenias Lehrerin gesprochen. Nächstes Jahr wird sie öfter Nachmittagsunterricht haben, deshalb müssen wir die Gymnastikeinheiten herunterfahren“, sagt Elena Stubert. Für Trainerin Julia Niemann sind die vielen Einheiten normal: „Ich bin gebürtige Russin, bei uns gibt es einen anderen Leistungsgedanken. Deshalb bin ich der Meinung, dass Kinder gefördert werden müssen“, sagt sie. „Sobald es in den Leistungssport geht, macht es den Kindern oft keinen Spaß mehr, da bin ich ehrlich. Aber da müssen sie durch.“

Xenia und Marco stehen mit acht Jahren am Anfang ihrer Karriere

Es gibt allerdings auch Experten, die es völlig anders sehen. Viel kritischer. „Eltern wollen oft, dass ihre Kinder viel erreichen“, sagt Nicole Vergin vom Deutschen Kinderschutzbund, „wenn es aber zu viel wird und es den Kindern keinen Spaß mehr macht, wer sagt dann ‚Stopp‘?“ Ihr fehlt es im Jugendleistungssport an Pädagogen, die sich um die Bedürfnisse der Kinder kümmern. Das sei aber kein Problem im Tanzsport allein, sondern generell so: „Die Interessen der Kinder dürfen nicht denen der Eltern, Funktionäre und Trainer untergeordnet werden.“

Xenia und Marco stehen mit acht Jahren am Anfang ihrer Karriere, sie haben Spaß an ihrem Sport. „Anfangs war es mir ja ein bisschen peinlich, mit einem Jungen zu tanzen, aber als ich mich daran gewöhnt hatte, war es schön“, sagt Xenia. Und wie die Großen auch überschütten sie sich schon jetzt gegenseitig mit Komplimenten. „Ich finde Xenias Fußtechnik sehr gut“, analysiert Marco. Sie gibt das Kompliment zurück: „Auch er macht wirklich gute Tanzschritte.“

Nach ihrem Auftritt stehen die beiden Kinder noch stundenlang in der Halle und sehen sich die Wettkämpfe der Erwachsenen an. „Ihre Eltern haben Probleme, sie hier wegzubekommen“, sagt Trainerin Julia Niemann und lacht. Kein Wunder: Wann kommen die Nachwuchstänzer ihren Vorbildern schon mal so nahe? Marco ist begeistert. Und Xenia zeigt ihr strahlendstes Lächeln.