Als „Deutschlands schönste TV-Kommissarin“ hat man sie bezeichnet. Am Donnerstag verabschiedet sich Nina Gnädig mit der Folge „Blutige Diamanten“ nach drei Jahren von der „Soko Stuttgart“.
Stuttgart - Als „Deutschlands schönste TV-Kommissarin“ hat man sie bezeichnet – an diesem Donnerstag verabschiedet sich Nina Gnädig, 34, mit der Folge „Blutige Diamanten“ nach drei Jahren von der „Soko Stuttgart“. Ein Gespräch über schwäbischen Stolz, Knollensellerie und den Quotenerfolg von Krimis.
Sie hören es nicht gern, wenn man Ihre engen T-Shirts in der Rolle der Anna Badosi in der „Soko Stuttgart“ erwähnt.
Wie Sie sich gewiss denken können, kann eine Schauspielerin zwar die Farbe der Jeans bestimmen, aber nicht die Jeans selbst. Denn das ist die Aufgabe und der Beruf des Kostümbildners. Und ja, auch zur Anna Badosi gab es ein klares Rollenprofil, das macht den Reiz ja aus. Genauso wie ich auch schon als Knollensellerie auf der Bühne stand.
Knollensellerie, wie stark! Verlassen wir aber Äußerlichkeiten. In Ihrer letzten Folge wird der innere Konflikt beschrieben, in den Frau Badosi stürzt, nachdem sie auf einen mutmaßlichen Täter schießt. Gab’s auch bei Ihnen privat innere Konflikte beim Ausstieg aus der Serie?
Natürlich hab’ ich mit meiner Entscheidung gerungen. Wer schmeißt sich schon selbst leichtfertig aus dem warmen Nest, um seine Flügel zu kräftigen? Zumal dieses Nest Geborgenheit bot. Ich durfte als Kommissarin Anna Badosi eine Figur spielen, die schnell ist im Kopf wie mit dem Körper, die über jedes Vorurteil hinwegspringt und immer auf der anderen Seite landet, auf der der Horizont weitergeht. Das ist als Schauspielerin natürlich spannend. Und als Mensch erst recht.
Dem Menschen ist der Abschied schwergefallen?
Ja sehr, weil die „Soko Stuttgart“ ein wunderbar eingespieltes Team ist. Geprägt von viel Warmherzigkeit, Aufmerksamkeit und Solidarität – was lange Drehtage lebens- und liebenswerter machen kann. Da bleibt das Herz dran hängen.
Wie haben Sie Stuttgart bei den Dreharbeiten in den letzten drei Jahren erlebt?
Als ich auf der Schwäbischen Alb ins Gymnasium ging, war Stuttgart die weit entfernte Landeshauptstadt, die ich nur ein-, zweimal im Jahr besuchte. Heute ist es deshalb ein wenig so, als würde ich durch meine Kindheitserinnerungen spazieren, wenn ich im Schlosspark und in der Wilhelma bin samt Himbeereis und Limonade. Die „Soko“ war immer wieder ein „Sesam-öffne-Dich“ für das gesamte Team.
Was hat sich geöffnet?
Von abgelegenen Villen über die Kanalisation, von der Justizvollzugsanstalt Stammheim bis hin zu Weingütern und dem Cannstatter Wasen – überall durften wir hinter die Kulissen steigen, die es im Leben tatsächlich gibt. Ich habe sozusagen die Stuttgarter Welt von innen nach außen neu entdeckt – viel gestaunt und manches gelernt in diesen drei Jahren.
„Ich glaube, dass man für Mut belohnt wird“
Sie verlassen den sicheren Platz in einer Serie. Ein Wagnis für eine Schauspielerin?
Natürlich. Jeder Wandel ist ein Wagnis. Das ist das Schwierige daran. Und das Schöne. Dafür liebe ich ja den Beruf des Schauspielers, dass man sich bestenfalls in ungezählt vielen verschiedenen Leben ausprobieren kann, um dann umso bewusster ins eigene zurückzukehren. Diese Demut und diese Dankbarkeit der Aufgabe unseres Spiels gegenüber waren es, die mich zu der Entscheidung bewogen haben, nach kostbaren „Soko“-Jahren aufs Neue aufzubrechen.
Wie geht es bei Ihnen weiter?
Ich glaube, dass man für Mut belohnt wird. Wenn man mit den Konsequenzen leben kann. Dadurch kann sich das Leben in aller Fülle entfalten. Seit dem Ausstieg im März folgten Anschlussprojekte für ARD, RTL und ZDF, die mich jeweils für einen Monat nach Mallorca und nach England führten, nach Leipzig und nach Hamburg. Nun arbeite ich gerade das erste Mal seit längerem wieder in Berlin für einen Krimi, parallel bereiten wir den Trailer für einen Kinofilm vor und haben dafür am Wochenende ebenfalls dort gedreht. Wenn ich mir mein Leben wünschen könnte – dann so!
Sie spielen also auch künftig in Krimis mit. Ist bei allem Erfolg dieses Genres im Fernsehen nicht mal eine Sättigungsgrenze erreicht?
Vermutlich lösen die Krimis in ihrem Kampf des Guten gegen das Böse genau das gleiche Bedürfnis nach Läuterung und Hoffnung aus, von dem schon das antike Theater erzählt hat. Warum das aber gerade in Deutschland derart populär zu sein scheint, vermag ich nicht zu beantworten. In jedem Fall aber gilt: Solange das Publikum offensichtlich einen Bedarf danach verspürt, scheint eine Sättigungsgrenze bisher noch nicht erreicht – oder anderes noch nicht gewagt – worden zu sein.
Was vermissen Sie nach dem Ausstieg aus der „Soko“ am meisten?
Die Menschen! Den Blick vom Fenster des Römerkastells aus über die Weinberge und Bad Cannstatt bis zum Horizont.
Hat Stuttgart Ihren Horizont erweitert?
Es hat mir gut gefallen, die Stadt und ihre Menschen just während der Zeit von Stuttgart 21 zu erleben! Die republikweit bekannte Metropole der Maultaschen, Kehrwoche und Kässpätzle und damit der Inbegriff von gemütlichem Bürgertum zeigte ein ganz anderes Gesicht, bot seinem Ruf die Stirn und setzte ein neues Zeichen von Mut, von Solidarität und eigenständiger Meinung. Es war interessant zu beobachten, wie gespannt und respektvoll die schwäbischen Ereignisse von der restlichen Bevölkerung beobachtet wurden. Und beglückend zu sehen, wie stolz und stark die Stuttgarter dadurch wurden.
Die vierte Staffel der „Soko Stuttgart“ startet an diesem Donnerstag, 18.05 Uhr, im ZDF mit der Folge „Blutige Diamanten“, in der sich Nina Gnädig verabschiedet. Nachfolgerin wird Sylta Wegmann.