Vernissage in der Galerie Saby Lazi, mit Kult Designer Harald Glööckler. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Bei dem Mann mit den dicken Lippen, dem aufgemalten Bart und der festgezurrten Mimik weiß jedes Kind, wer es ist: Harald Glööckler weilte für einen Abend in seiner Heimatstast Stuttgart und hat seine Bilder in der Galerie von Saby Lazi ausgestellt.

Stuttgart - Für einen Abend ist er in die Stadt zurückgekehrt, in der sein Märchen begann: Harald Glööckler stellt seine Bilder in der Galerie von Saby Lazi aus. Der Modedesigner setzt sich auf einen Thron und gibt sich zunehmend locker. Er macht Witze und spricht fast wehmütig von alten Zeiten in Stuttgart.

Es gibt nur wenige Menschen in Deutschland, deren immer gleiches Aussehen eine Marke ist wie bei Micky Maus oder Asterix. Udo Lindenberg mit seinem Hut ist so einer oder der blonde Heino mit der dunklen Brille. Und auch bei einem Mann mit dicken Lippen, aufgemaltem Bart und festgezurrter Mimik weiß jedes Kind, wer es ist. Harald Glööckler ist bekannt wie ein wackerer Held aus der Augsburger Puppenkiste.

Ein Glööckler kosten zwischen 900 und 38.000 Euro

Es dauert, bis alles an ihm hergerichtet ist. Mit einem sechsköpfigen Begleittrupp ist der 50-Jährige in den Bopserwald zu Saby Lazi angereist, in eine der begehrtesten Wohnadressen von Stuttgart. Einer wie Harald Glööckler braucht zwei Leibwächter, zwei Stylisten und zwei Pressesprecher. Im oberen Stockwerk der Galerie macht er sich fertig, während unten Fotografen, Kameraleute und Damen der Society darüber diskutieren, ob die Preise für explodierende Kleckse oder Blumen auf der Wiese angemessen sind. Zwischen 900 und 38.000 Euro muss man für einen Glööckler bezahlen. Eine Hutträgerin rät zum Kauf: „In einigen Jahren bekommt man ein Vielfaches dafür!“

Als er kurz vor 20 Uhr mit fast einstündiger Verspätung die Treppen heruntergeschritten ist und auf einem Thron Platz genommen hat, stellt ein Helfer einen Klappstuhl an die Seite des Meisters. Auf den darf ich mich setzen und ein Interview mit ihm führen. Wir kennen uns von früher. Einst saß ich bei ihm in seinem Jeans Garden beim Tagblatt-Turm. Wir reden über die Kämpfe, die er früher geführt hat. Viele Tiefschläge hat der Doppel-ö-Träger in Stuttgart kassiert, überall legte man ihm Steine in den Weg. Der Gerichtsvollzieher kam, sein einstiger Mäzen brachte ihn vor Gericht. Doch heute ist der 50-Jährige froh, dass es diese Gegner gab. „Aus den Steinen, die man nach mir geworfen hat, habe ich mein Schloss gebaut“, pflegt er zu sagen. Seine Botschaft: „Wunder kommen zu denen, die an sie glauben.“

"Fleiß, Disziplin und viel Stress"

Mit „Fleiß, Disziplin und viel Stress“ sei ihm die Karriere gelungen, sagt er. Ob er noch viele alte Freunde in Stuttgart hat? „Wer redet hier von alt?“, fragt er und korrigiert: „Es sind keine alten Freunde – sondern lange nicht mehr gesehene Freunde.“

Ja, er habe schöne Erinnerungen an viele Menschen in Stuttgart. Fast wehmütig wird er, bremst sich aber dann selbst. „Ich bin jemand, der lieber nach vorne schaut und nicht von alten Geschichten spricht.“ Deshalb sei er auf keinen sauer – auch nicht auf die hiesigen Medien, denen er einst vorwarf, ihn nicht gebührend zu unterstützen.

Locker wirkt er, macht Witze und spricht Schwäbisch. Zwei Worte, erzählt er, sagt er mehrmals täglich: „Goht’s no?“ Er weiß, dass gerade ein Buch der Stuttgarter Nachrichten mit diesem Titel erschienen ist. In seinem Leben hat eine neue Phase begonnen. Botox soll darin nicht mehr vorkommen. „Ich möchte mehr Grün haben, weniger Glamour“, sagt er. Deshalb sei er mit seinem Ehemann Dieter Schroth nach Bad Dürkheim an der Deutschen Weinstraße in eine Villa mit Park gezogen – dorthin, wo die Kinder und Enkel des Gatten leben. Da es nicht mehr so weit nach Stuttgart ist, will er öfter kommen. Bis zum 31. September sind seine Bilder ,die er selbst als „dezent pompöös“ bezeichnet, bei Frau Lazi zu sehen.

„Paris wäre neidisch“, war 1994 in unserer Zeitung zu lesen, als Harald noch mit einem ö seine Barock-Mode-Show im Neuen Schloss feierte. 1995 erschien zum Ball Pompöös in der Alten Reithalle Gina Lollobrigida. Filmreif fuhr man die Diva in der Stretchlimousine vor. Mit Bodyguards kämpfte sie sich durchs Geschiebe der Fernsehteams. Dieser Moment sollte prägend für Herrn Glööckler sein: „Es war einer jener Momente, in denen man begreift, dass alles möglich ist, wenn man den Mut hat, etwas zu bewegen.“ Heute bewegt der Boss von Pompöös Millionen. Von Pralinen bis zur Hundemode, von Tapeten bis zu Smartphones – einem Produzenten nach dem anderen verkauft er seine Lizenz. Und auch mit seinen Bildern will er nun Geld machen.

Als er mal Zöglinge des Kinderhilfswerks besuchte, denen er Schulranzen schenkte, fragte ein Kind: „Warum hast du denn so dicke Lippen?“ Nicht alle Menschen, liebe Kinder, sind gleich. Die Vielfalt macht’s.

Aber künftig will Herr Glööckler wieder ungespritzt aussehen, also ganz normal, nicht mehr wie eine Figur aus der Augsburger Puppenkiste. Ob das funktioniert?