Die Ex-Freundin des Angelagten erhielt unzählige Mails, in ihrem Wohnort stellte er Botschaften an sie öffentlich auf. Foto: oatawa – stock.adobe.com

In einer mehr als siebenstündigen Verhandlung musste sich ein 63-Jähriger aus dem Raum Sulz wegen einer ganzen Reihe von Delikten verantworten. Unter anderem hatte er seine Ex-Freundin gestalkt und sich mit der Nachbarschaft angelegt. Bei vielen weiteren Fällen sah er sich im Recht.

Sulz - Einen langen Atem brauchten alle Beteiligten bei der Verhandlung am Mittwoch vor dem Amtsgericht in Oberndorf. Der 63-jährige Angeklagte hatte sich einiges zuschulden kommen lassen. Insgesamt wurde er wegen zehn Delikten belangt.

Dies waren: mehrere Fälle von Beleidigung, außerdem Nötigung, Nachstellung, Sachbeschädigung, üble Nachrede, vorsätzliche Körperverletzung und der Missbrauch von Notrufen.

Unter anderem hatte er sexuelle Bemerkungen gegenüber einer Anwohnerin getätigt. Einen Anwohner hatte er lauthals als "Krüppel, Alkoholiker und Suffkopf" beleidigt und die Parkplätze mit großen Steinen blockiert sowie Nägel unter die Reifen gelegt.

Ex-Freundin klagt ebenfalls

Am stärksten ins Gewicht fiel aber der Umgang mit seiner ehemaligen Freundin. Diese hatte er nach der Trennung im Dezember 2019 permanent mit Anrufen und E-Mails bombardiert und gegen ihren Willen immer wieder versucht Kontakt aufzunehmen.

Auch in ihrem weiter entfernten Wohnort versuchte er sie aufzufinden, unter anderem stellte er sogar öffentlichkeitswirksam eine Tür mit Liebesbotschaften auf dem Friedhof auf.

Dies führte bei ihr, wie in der Verhandlung dargelegt wurde, zu Angstzuständen und Schlafstörungen. Sie trat im Prozess als Nebenklägerin auf. Die Vorwürfe in diesem Punkt wurden vom Angeklagten vollständig eingeräumt. Bei zwei weiteren Punkten war dies ebenso der Fall.

Einige der Vorwürfe bestritt er. Bei der Vernehmung der Zeugen ergab sich jedoch ein deutliches Bild zu seinen Lasten.

Vor allem mit seinen Nachbarn hatte der 63-Jährige immer wieder Probleme. Mehrfach war die Polizei in der Vergangenheit vor Ort, weil diese sich beschwert hatten. Einige der Mitbewohner des Mehrfamilienhauses wurden vor Gericht angehört, insgesamt sagten elf Zeugen aus.

Gegenteilige Meinungen

Die Staatsanwältin sah den Angeklagten in ihrem Plädoyer als voll schuldfähig mit stark narzisstischen Zügen an und forderte eine Freiheitsstrafe von elf Monaten. Aus ihrer Sicht habe der Angeklagte "eine besondere Missachtung gegenüber dem Rechtsstaat" gezeigt und innerhalb einer kurzen Zeitfolge mehrere Taten begangen.

Die Vertretung der Nebenklägerin schloss sich den Aussagen grundsätzlich an und forderte: "Die Taten zu Lasten meiner Mandantin sind sehr extrem. Symbolische Strafen reichen hier nicht mehr aus."

Der Verteidiger sah dies gänzlich anders. "Ich mache schon lange Strafrecht, aber so weit auseinander lagen wir im Strafmaß noch nie." Er merkte an, dass sein Mandant nicht vorbestraft sei und durch sein Teilgeständnis eine noch längere Verhandlung verhindert hätte. Er plädierte für eine Strafe in Höhe von 180 Tagessätzen zu je 30 Euro und eine Entschädigung an die Nebenklägerin in Höhe von 2500 Euro.

Die Richterin verurteitle den Angeklagten schließlich zu einer Strafe von acht Monaten, jedoch ausgesetzt zur Bewährung. Zudem muss er innerhalb der nächsten vier Monate 2500 Euro an seine Ex-Freundin als Nebenklägerin und innerhalb der nächsten sechs Monate 1000 Euro an die Bürgerstiftung Oberndorf bezahlen. Ausschlaggebend für die Aussetzung der Haftstrafe war aus Sicht der Richterin die günstige Sozialprognose, welche die Staatsanwältin kurz zuvor noch verneint hatte.